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Die Grenzboten. Jg. 19, 1860, II. Semester. IV. Band.

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nur für die. welche sich blos durch Unterzeichnung, nicht zugleich durch Cvlpor-
tirung der Adresse mißliebig gemacht.

Als Hauptschuldiger wurde der Kaufmann Verseck angesehn, der sich als
Verfasser der Adresse genannt, Der Polizcimeister hatte nach dem Verfasser
vorzüglich deshalb mit besonderm Eifer geforscht, weil er der Meinung war,
daß Heiberg es sein müsse. Und als diese Ansicht durch Versecks Bekenntniß
zu Nichte geworden, soll er in seinem Unmuth ausgerufen haben, daß nun die
ganze Untersuchung vergeblich sei. Indeß mochte er immer noch hoffen, jenen
in die Sache verwickeln zu können. In langen Verhören wurde Verseck mit
Kreuz- und Querfragen über den Inhalt der Adresse inquirirt. den er nach der
Behauptung des Polizeimeisters nicht gehörig vertreten konnte. Als er ein¬
räumen mußte, daß er Hilfe dabei gehabt, sollte er den Gehilfen nennen, und
als er dies verweigerte, weil er sein Ehrenwort auf Verschweigung des Namens
gegeben, wurde er arretirt. Wieder verhört, blieb er bei seiner Weigerung,
indem er zugleich erklärte, daß er das ihm gegebne Material durchweg um¬
gearbeitet habe, daß er deshalb sich für den Verfasser ansehn und für den
Inhalt des Schriftstücks einstehn wolle. Das Criminalgericht belegt ihn dafür,
d. h. wegen jener Weigerung, mit drei Tagen Gefängniß bei Wasser und Brod.
Verseck beruft sich dagegen auf das Appellationsgericht. Dieses hebt die Strafe
zwar auf, eröffnet aber zugleich dem Magistrat, daß dem Angeklagten bei be¬
harrlicher Weigerung allerdings eine Strafe zuerkannt werden dürfe, doch müsse
ihm dieselbe vorher angedroht werden. Diese Entscheidung gründet sich auf
eine Verfügung vom 14. Juli 1813, nach welcher ein Angeschuldigter, welcher
es ablehnt, über einen Gegenstand, über den er Auskunft geben kann sich aus¬
zusprechen, mit ein bis drei Tagen Gefängniß belegt werden kann.

Nun citirte das Gericht den Dr. Heiberg, stellte ihm vor, wie das Publi¬
kum den wirtlichen Verfasser der Adresse zu wissen verlange, und drang in ihn,
zu sagen, ob er es sei. Der Befragte, der für Versecks Gemüthszustand fürch¬
tete, da auch er zur Hypochondrie neigte, gestand zu, daß derselbe sich aller¬
dings an ihn, als frühern Advocaten (Heiberg verlor seine Bestallung wegen
Betheiligung an der Erhebung von 1348) um einen Entwurf zu einer Adresse
gewendet habe. Indeß habe er verweigert, darauf einzugehn, und erst auf
wiederholtes Andringen sich herbeigelassen, einige Zeilen aufzuschreiben. In
der vorliegenden Adresse könne er seine Arbeit nicht wieder erkennen. Verseck
bestätigte dies durchaus, indem er versicherte, das Heibergsche Concept von
Zeile zu Zeile verändert zü haben. Nach diesen Aussagen war es klar, daß
selbst in dem Falle, die Adresse hätte Strafwürdiges enthalten, lediglich Ner-
seck, der den Hcibergschen Gedanken die Form gegeben, der die Adresse, ohne von
jenem dazu bestimmt zu sein, unterschrieben, und sie an die Ständeversamm-
lung abgesandt hatte, dafür verantwortlich sein konnte. Wollte man anders


nur für die. welche sich blos durch Unterzeichnung, nicht zugleich durch Cvlpor-
tirung der Adresse mißliebig gemacht.

Als Hauptschuldiger wurde der Kaufmann Verseck angesehn, der sich als
Verfasser der Adresse genannt, Der Polizcimeister hatte nach dem Verfasser
vorzüglich deshalb mit besonderm Eifer geforscht, weil er der Meinung war,
daß Heiberg es sein müsse. Und als diese Ansicht durch Versecks Bekenntniß
zu Nichte geworden, soll er in seinem Unmuth ausgerufen haben, daß nun die
ganze Untersuchung vergeblich sei. Indeß mochte er immer noch hoffen, jenen
in die Sache verwickeln zu können. In langen Verhören wurde Verseck mit
Kreuz- und Querfragen über den Inhalt der Adresse inquirirt. den er nach der
Behauptung des Polizeimeisters nicht gehörig vertreten konnte. Als er ein¬
räumen mußte, daß er Hilfe dabei gehabt, sollte er den Gehilfen nennen, und
als er dies verweigerte, weil er sein Ehrenwort auf Verschweigung des Namens
gegeben, wurde er arretirt. Wieder verhört, blieb er bei seiner Weigerung,
indem er zugleich erklärte, daß er das ihm gegebne Material durchweg um¬
gearbeitet habe, daß er deshalb sich für den Verfasser ansehn und für den
Inhalt des Schriftstücks einstehn wolle. Das Criminalgericht belegt ihn dafür,
d. h. wegen jener Weigerung, mit drei Tagen Gefängniß bei Wasser und Brod.
Verseck beruft sich dagegen auf das Appellationsgericht. Dieses hebt die Strafe
zwar auf, eröffnet aber zugleich dem Magistrat, daß dem Angeklagten bei be¬
harrlicher Weigerung allerdings eine Strafe zuerkannt werden dürfe, doch müsse
ihm dieselbe vorher angedroht werden. Diese Entscheidung gründet sich auf
eine Verfügung vom 14. Juli 1813, nach welcher ein Angeschuldigter, welcher
es ablehnt, über einen Gegenstand, über den er Auskunft geben kann sich aus¬
zusprechen, mit ein bis drei Tagen Gefängniß belegt werden kann.

Nun citirte das Gericht den Dr. Heiberg, stellte ihm vor, wie das Publi¬
kum den wirtlichen Verfasser der Adresse zu wissen verlange, und drang in ihn,
zu sagen, ob er es sei. Der Befragte, der für Versecks Gemüthszustand fürch¬
tete, da auch er zur Hypochondrie neigte, gestand zu, daß derselbe sich aller¬
dings an ihn, als frühern Advocaten (Heiberg verlor seine Bestallung wegen
Betheiligung an der Erhebung von 1348) um einen Entwurf zu einer Adresse
gewendet habe. Indeß habe er verweigert, darauf einzugehn, und erst auf
wiederholtes Andringen sich herbeigelassen, einige Zeilen aufzuschreiben. In
der vorliegenden Adresse könne er seine Arbeit nicht wieder erkennen. Verseck
bestätigte dies durchaus, indem er versicherte, das Heibergsche Concept von
Zeile zu Zeile verändert zü haben. Nach diesen Aussagen war es klar, daß
selbst in dem Falle, die Adresse hätte Strafwürdiges enthalten, lediglich Ner-
seck, der den Hcibergschen Gedanken die Form gegeben, der die Adresse, ohne von
jenem dazu bestimmt zu sein, unterschrieben, und sie an die Ständeversamm-
lung abgesandt hatte, dafür verantwortlich sein konnte. Wollte man anders


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 19, 1860, II. Semester. IV. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341594_110347/27>, abgerufen am 15.01.2025.