Die Grenzboten. Jg. 19, 1860, II. Semester. IV. Band.die tridentiner Beschlüsse suspendirt, dagegen die Oberherrlichkeit des Papstes Während seines ganzen Lebens zeigt Leibnitz das fast krankhafte Streben Im protestantischen Lager blieb die Sache lange verschwiegen; wo sie die tridentiner Beschlüsse suspendirt, dagegen die Oberherrlichkeit des Papstes Während seines ganzen Lebens zeigt Leibnitz das fast krankhafte Streben Im protestantischen Lager blieb die Sache lange verschwiegen; wo sie <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0177" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/110525"/> <p xml:id="ID_484" prev="#ID_483"> die tridentiner Beschlüsse suspendirt, dagegen die Oberherrlichkeit des Papstes<lb/> anerkannt werden. Für die dogmatischen Streitigkeiten worde Bossuet's<lb/> Lxxositiou cle 1a äoeti-ins as l'vglisg eattroliciucz zu Grunde gelegt, Spinola<lb/> selbst reichte eine eigne Denkschrift ein: Regulär eireo. Lürristianorum omnium<lb/> eee1ösiaLtieg.in reuuionom, welche der Herzog einer Conferenz, bestehend aus<lb/> Molanus, dein Hofprediger BarckHausen und den beiden helmstädtcr Theo¬<lb/> logen Meyer und Calixt, vorlegte. Leibnitz ging als Vermittler von einem<lb/> zum andern. Sie einigten sich, 30. Mürz'1683, zu einem Actenstück: Nvtiro-<lb/> clus rciZueericliiö uniauis eeelL«ig.Le.ioac! mehr liomaneusW et kroteLtautes,<lb/> welches in der Hauptsache Spinola's Bedingungen (z. B. Primat des Papstes)<lb/> annahm. Das lichtscheue Werk hätte schlimme Folgen haben können, wenn<lb/> es irgendwo einen festen Boden fand. So aber hatte es bei den wohlmei¬<lb/> nenden Ackerstücken sein Bewenden.</p><lb/> <p xml:id="ID_485"> Während seines ganzen Lebens zeigt Leibnitz das fast krankhafte Streben<lb/> sich Ludwig dem Vierzehnten zu nähern und auf ihn Einfluß zu gewinnen:<lb/> aus einem Friedensstörer der Christenheit einen Eroberer der Türkei und einen<lb/> Beschützer der Wissenschaft zu machen. Zuweilen haßte er ihn — soeben schrieb<lb/> er anonym den N-un LüristiiMMnus, eine blutige Satire — aber bei dem<lb/> kleinsten Schimmer von Hoffnung eilte er ihm wieder zu. — Schon 1678<lb/> hatte er mit Bossuet correspondirt. aber über rein gelehrte Sachen, über eine<lb/> Ausgabe des Talmud; als die Lxxoöitiou ä<z la. äoctrine 4. Januar 1679<lb/> vom Papst bestätigt war, hatte er ihm Glück gewünscht, und ihn auf Spi¬<lb/> nola aufmerksam gemacht, ohne daß Bossuet darauf eingegangen wäre. Nun<lb/> wurden ihm durch Vermittlung der Frauen von Maubuisson die Reunions-<lb/> papiere in die Hände gespielt; er antwortete 22, August 1683 höflich, versicherte,<lb/> daß sein König die frommen Absichten des hannöverschen Hoff würdigte (dar¬<lb/> auf kam es Leibnitz am meisten an) legte dann aber die Verhandlungen, bei<lb/> denen er kein Ziel absah, bei Seite. Durch seine Unterzeichnung der berühm¬<lb/> ten Declaration von 1682 (über die Unabhängigkeit der französischen Bischöfe)<lb/> stand er mit dem Papst gespannt, und dem Franzosen konnte es auch nicht<lb/> einfallen, ein Project zu unterstützen, das vom wiener Hof ausging und dazu<lb/> bestimmt schien, den östreichischen Einfluß zu vermehren.</p><lb/> <p xml:id="ID_486" next="#ID_487"> Im protestantischen Lager blieb die Sache lange verschwiegen; wo sie<lb/> verlautete, erregte sie heftigen Abscheu. Selbst Männer wie Spener und<lb/> Kunaus in Danzig. die von der strenggläubigen Partei weit entfernt wa¬<lb/> ren, äußerten sich mißbilligend; Val. Alberti, Professor in Leipzig, gemä¬<lb/> ßigter Orthodox, fragte 20. October 1683 bei Leibnitz an, was es mit Unter¬<lb/> zeichnung der Netlioäus durch zwei protestantische Theologen für eine Bewandniß<lb/> habe? die Sache sei so unerhört, daß er sie für eine schlechte Erfindung des<lb/> intriganten Spinola halte. I^tha Min sei-ibero yuomoäc) xossent viri eoe-</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0177]
die tridentiner Beschlüsse suspendirt, dagegen die Oberherrlichkeit des Papstes
anerkannt werden. Für die dogmatischen Streitigkeiten worde Bossuet's
Lxxositiou cle 1a äoeti-ins as l'vglisg eattroliciucz zu Grunde gelegt, Spinola
selbst reichte eine eigne Denkschrift ein: Regulär eireo. Lürristianorum omnium
eee1ösiaLtieg.in reuuionom, welche der Herzog einer Conferenz, bestehend aus
Molanus, dein Hofprediger BarckHausen und den beiden helmstädtcr Theo¬
logen Meyer und Calixt, vorlegte. Leibnitz ging als Vermittler von einem
zum andern. Sie einigten sich, 30. Mürz'1683, zu einem Actenstück: Nvtiro-
clus rciZueericliiö uniauis eeelL«ig.Le.ioac! mehr liomaneusW et kroteLtautes,
welches in der Hauptsache Spinola's Bedingungen (z. B. Primat des Papstes)
annahm. Das lichtscheue Werk hätte schlimme Folgen haben können, wenn
es irgendwo einen festen Boden fand. So aber hatte es bei den wohlmei¬
nenden Ackerstücken sein Bewenden.
Während seines ganzen Lebens zeigt Leibnitz das fast krankhafte Streben
sich Ludwig dem Vierzehnten zu nähern und auf ihn Einfluß zu gewinnen:
aus einem Friedensstörer der Christenheit einen Eroberer der Türkei und einen
Beschützer der Wissenschaft zu machen. Zuweilen haßte er ihn — soeben schrieb
er anonym den N-un LüristiiMMnus, eine blutige Satire — aber bei dem
kleinsten Schimmer von Hoffnung eilte er ihm wieder zu. — Schon 1678
hatte er mit Bossuet correspondirt. aber über rein gelehrte Sachen, über eine
Ausgabe des Talmud; als die Lxxoöitiou ä<z la. äoctrine 4. Januar 1679
vom Papst bestätigt war, hatte er ihm Glück gewünscht, und ihn auf Spi¬
nola aufmerksam gemacht, ohne daß Bossuet darauf eingegangen wäre. Nun
wurden ihm durch Vermittlung der Frauen von Maubuisson die Reunions-
papiere in die Hände gespielt; er antwortete 22, August 1683 höflich, versicherte,
daß sein König die frommen Absichten des hannöverschen Hoff würdigte (dar¬
auf kam es Leibnitz am meisten an) legte dann aber die Verhandlungen, bei
denen er kein Ziel absah, bei Seite. Durch seine Unterzeichnung der berühm¬
ten Declaration von 1682 (über die Unabhängigkeit der französischen Bischöfe)
stand er mit dem Papst gespannt, und dem Franzosen konnte es auch nicht
einfallen, ein Project zu unterstützen, das vom wiener Hof ausging und dazu
bestimmt schien, den östreichischen Einfluß zu vermehren.
Im protestantischen Lager blieb die Sache lange verschwiegen; wo sie
verlautete, erregte sie heftigen Abscheu. Selbst Männer wie Spener und
Kunaus in Danzig. die von der strenggläubigen Partei weit entfernt wa¬
ren, äußerten sich mißbilligend; Val. Alberti, Professor in Leipzig, gemä¬
ßigter Orthodox, fragte 20. October 1683 bei Leibnitz an, was es mit Unter¬
zeichnung der Netlioäus durch zwei protestantische Theologen für eine Bewandniß
habe? die Sache sei so unerhört, daß er sie für eine schlechte Erfindung des
intriganten Spinola halte. I^tha Min sei-ibero yuomoäc) xossent viri eoe-
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