Die Grenzboten. Jg. 19, 1860, II. Semester. IV. Band."Aber immer noch liebte den Pflugknecht sie an den Ufern des Dundee." Eines Morgens, grad bei Tagesanbruch, kam ihr Onkel in ihre Kammer Für diesen peremptorischen Bescheid wird William, der Pflugknecht, "ver- Ihr Onkel hörte den Lärm -- "weil Du den Squire erschossen hast, so Noch interessanter fast, in culturhistorischen Betracht, sind die Parteiballaden. „Aber immer noch liebte den Pflugknecht sie an den Ufern des Dundee." Eines Morgens, grad bei Tagesanbruch, kam ihr Onkel in ihre Kammer Für diesen peremptorischen Bescheid wird William, der Pflugknecht, „ver- Ihr Onkel hörte den Lärm — „weil Du den Squire erschossen hast, so Noch interessanter fast, in culturhistorischen Betracht, sind die Parteiballaden. <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0124" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/110472"/> <p xml:id="ID_312"> „Aber immer noch liebte den Pflugknecht sie an den Ufern des Dundee."</p><lb/> <p xml:id="ID_313"> Eines Morgens, grad bei Tagesanbruch, kam ihr Onkel in ihre Kammer<lb/> und sagte:</p><lb/> <lg xml:id="POEMID_6" type="poem"> <l/> </lg><lb/> <p xml:id="ID_314"> Für diesen peremptorischen Bescheid wird William, der Pflugknecht, „ver-<lb/> bannt von den Ufern des Dundee." William läßt sich anwerben und ficht<lb/> „für die Freiheit, obgleich sie zehn gegen Einen standen." Eines Abends be¬<lb/> gegnet Mary dem Squire. der ihren Jungen in den Krieg geschickt hat.</p><lb/> <lg xml:id="POEMID_7" type="poem"> <l/> </lg><lb/> <p xml:id="ID_315"> Ihr Onkel hörte den Lärm — „weil Du den Squire erschossen hast, so<lb/> will ich Dir eine Todeswunde beibringen;" aber Mary nahm die zweite Pi¬<lb/> stole und schoß ihren Onkel ditto todt. Zuvor aber, auf dem Sterbebett, nach¬<lb/> dem ein geschickter Doctor und ein Advocat gekommen waren, vermachte er<lb/> testamentarisch all sein Geld der jungen Mary, „die so männlich gefochten<lb/> hatte." Nun ward nach William gesandt, und er kam eilig zurück.</p><lb/> <lg xml:id="POEMID_8" type="poem"> <l/> </lg><lb/> <p xml:id="ID_316" next="#ID_317"> Noch interessanter fast, in culturhistorischen Betracht, sind die Parteiballaden.<lb/> Bekanntlich kennt die große Masse des irischen Volks nur zwei Parteien; die<lb/> eine besteht aus Katholiken, Patrioten und schmachvoll Unterdrückten, die andre<lb/> aus Protestanten, Orangemännern, unrechtmäßigen Landeigenthümern und<lb/> Unterdrückern im Allgemeinen. Die Ballade nun stellt sich natürlich anf die<lb/> Seite der ersten Partei, ja sie ist das vorzüglichste Mittel, in welchem sich die<lb/> Leidenschaft und der Haß derselben gegen die andre Luft macht. Die prote¬<lb/> stantische Straßenballade, was man etwa so nennen könnte, hat ein verhält¬<lb/> nißmäßig kleines Gebiet in Ulster und dem Norden von Leinster. Die Partei¬<lb/> lieder unsrer Sammlung gehören durchaus der katholisch-patriotischen Richtung<lb/> an; und eins der faetiösesten, welches sich darin befindet, ist daS von „Cahlll<lb/> und Malone." Ueber Malone habe ich Näheres nicht erfahren können. Ea-<lb/> hill ist ein unruhiger, durch mehrere heftige politische Zeitungsartikel in Irland<lb/> populär gewordncr katholischer Priester, welcher vor einigen Jahren nach Ame¬<lb/> rika ausgewandert ist; so lange er aber in Irland war, nicht müde ward zu<lb/> predigen, zu lesen und zu schreiben, daß es in Frankreich nicht Mann, Weib</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0124]
„Aber immer noch liebte den Pflugknecht sie an den Ufern des Dundee."
Eines Morgens, grad bei Tagesanbruch, kam ihr Onkel in ihre Kammer
und sagte:
Für diesen peremptorischen Bescheid wird William, der Pflugknecht, „ver-
bannt von den Ufern des Dundee." William läßt sich anwerben und ficht
„für die Freiheit, obgleich sie zehn gegen Einen standen." Eines Abends be¬
gegnet Mary dem Squire. der ihren Jungen in den Krieg geschickt hat.
Ihr Onkel hörte den Lärm — „weil Du den Squire erschossen hast, so
will ich Dir eine Todeswunde beibringen;" aber Mary nahm die zweite Pi¬
stole und schoß ihren Onkel ditto todt. Zuvor aber, auf dem Sterbebett, nach¬
dem ein geschickter Doctor und ein Advocat gekommen waren, vermachte er
testamentarisch all sein Geld der jungen Mary, „die so männlich gefochten
hatte." Nun ward nach William gesandt, und er kam eilig zurück.
Noch interessanter fast, in culturhistorischen Betracht, sind die Parteiballaden.
Bekanntlich kennt die große Masse des irischen Volks nur zwei Parteien; die
eine besteht aus Katholiken, Patrioten und schmachvoll Unterdrückten, die andre
aus Protestanten, Orangemännern, unrechtmäßigen Landeigenthümern und
Unterdrückern im Allgemeinen. Die Ballade nun stellt sich natürlich anf die
Seite der ersten Partei, ja sie ist das vorzüglichste Mittel, in welchem sich die
Leidenschaft und der Haß derselben gegen die andre Luft macht. Die prote¬
stantische Straßenballade, was man etwa so nennen könnte, hat ein verhält¬
nißmäßig kleines Gebiet in Ulster und dem Norden von Leinster. Die Partei¬
lieder unsrer Sammlung gehören durchaus der katholisch-patriotischen Richtung
an; und eins der faetiösesten, welches sich darin befindet, ist daS von „Cahlll
und Malone." Ueber Malone habe ich Näheres nicht erfahren können. Ea-
hill ist ein unruhiger, durch mehrere heftige politische Zeitungsartikel in Irland
populär gewordncr katholischer Priester, welcher vor einigen Jahren nach Ame¬
rika ausgewandert ist; so lange er aber in Irland war, nicht müde ward zu
predigen, zu lesen und zu schreiben, daß es in Frankreich nicht Mann, Weib
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