Die Grenzboten. Jg. 19, 1860, II. Semester. IV. Band.meisten interessirt. Wir meinen das Verhältniß der celiische" Bevölkerung zu Wir folgen jetzt dem Verfasser nach Limmat, um uns von ihm zunächst Limerick liegt am Shannon, dem König der irischen Ströme, der, breit Die ganze Verkommenheit, den ganzen Schmutz, die ganze Fäulniß des meisten interessirt. Wir meinen das Verhältniß der celiische» Bevölkerung zu Wir folgen jetzt dem Verfasser nach Limmat, um uns von ihm zunächst Limerick liegt am Shannon, dem König der irischen Ströme, der, breit Die ganze Verkommenheit, den ganzen Schmutz, die ganze Fäulniß des <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0118" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/110466"/> <p xml:id="ID_293" prev="#ID_292"> meisten interessirt. Wir meinen das Verhältniß der celiische» Bevölkerung zu<lb/> den Engländern. Man weiß, daß der Geist der Weißburschcn und Eichen¬<lb/> herzen noch nicht ganz ausgestorben, daß der Kampf des Celten mit dem<lb/> Sachsen noch nicht völlig zu Ende ist, daß der Sachse zwar immer gesiegt hat,<lb/> wenn er mit dem Celten um Leben, Eigenthum und Cultur rang, daß er Ir¬<lb/> land aber doch noch nicht ganz besiegt hat. Erst vor zwei Jahren wurde<lb/> eine Verschwörung entdeckt, die gegen die englische Herrschaft gerichtet wär,<lb/> und erst in diesen Tagen überreichten irische „Patrioten" dem französischen<lb/> General Macmahon einen Ehrendegen, mit dem er bei Gelegenheit sich sein<lb/> Königthum auf der Smaragdinscl zurückerobern sollte. Indeß auf solche Kund¬<lb/> gebungen hin eine mit Napoleons Hilfe zu bewirkende „Befreiung" Irlands<lb/> von der britischen Obmacht zu hoffen oder, wenn man will, zu fürchten, wäre<lb/> thöricht, und wenn jene Deputation an den zukünftigen König der Iren von<lb/> deutschen Regierungen als Hochverrath bestraft worden wäre, so konnte die<lb/> englische sich begnügen, sie als Lächerlichkeit zu behandeln.</p><lb/> <p xml:id="ID_294"> Wir folgen jetzt dem Verfasser nach Limmat, um uns von ihm zunächst<lb/> durch die Stadt führen und uns dann ein Beispiel von irischen Patriotismus<lb/> zeigen zu lassen.</p><lb/> <p xml:id="ID_295"> Limerick liegt am Shannon, dem König der irischen Ströme, der, breit<lb/> sich öffnend wie ein Meer, die großen Provinzen Leinster und Connaught<lb/> trennt und die großen Seen in Mittelirland mit dem atlantischen Ocean<lb/> verbindet. Einer von den Armen des Flusses, der SalmomNiver trennt es<lb/> in zwei noch immer scharf geschiedne Hälften: in die irische und in die eng¬<lb/> lische Stadt. Schon die letztere macht keinen wohlthuenden Eindruck, nament¬<lb/> lich wenn der Reisende aus dem Osten herkommt. Die Häuser sind unan¬<lb/> sehnlicher, die Straßen stiller und kahler als dort. Ueberall bemerkt man, daß<lb/> das Uebergangsstadium aus irischer Nachlässigkeit und Unsauberkeit zu englischer<lb/> Energie und Reinlichkeitsliebe hier noch nicht durchmessen ist, daß der frische,<lb/> freudige Arbeitstrieb, der England groß gemacht hat, noch großentheils mangelt.<lb/> Dennoch ist es ein Abstand wie von Tag und Nacht, wenn man mit dieser<lb/> englischen Hälfte die irische vergleicht. Der Verfasser sagt:</p><lb/> <p xml:id="ID_296" next="#ID_297"> Die ganze Verkommenheit, den ganzen Schmutz, die ganze Fäulniß des<lb/> irischen Wesens sollte ich mit einem Blicke überschauen. Es war Sonnabend-<lb/> nachmittag und die irische Stadt war voll vom Marktgewühl des gemeinen Vol¬<lb/> les. Die Haupt- und Geschäftsstraße derselben. Irislr Iowa ^Vara, voll von<lb/> Menschen und Kleinhandel, trug mir sogleich das wüste Geschrei und den un¬<lb/> beschreiblichen Gestank entgegen, welche das krasse Elend zu verbreiten pflegt.<lb/> Die Häuser, die hier stehn, sind massige Höhlen, in deren Untergeschossen sich<lb/> Magazine voll ekelerregender Speisen befinden. Häringstonnen. mit schmutzi¬<lb/> ger Brühe übergössen, sind vor die Thüren gestellt; schimmlige Schinkenschnitte</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0118]
meisten interessirt. Wir meinen das Verhältniß der celiische» Bevölkerung zu
den Engländern. Man weiß, daß der Geist der Weißburschcn und Eichen¬
herzen noch nicht ganz ausgestorben, daß der Kampf des Celten mit dem
Sachsen noch nicht völlig zu Ende ist, daß der Sachse zwar immer gesiegt hat,
wenn er mit dem Celten um Leben, Eigenthum und Cultur rang, daß er Ir¬
land aber doch noch nicht ganz besiegt hat. Erst vor zwei Jahren wurde
eine Verschwörung entdeckt, die gegen die englische Herrschaft gerichtet wär,
und erst in diesen Tagen überreichten irische „Patrioten" dem französischen
General Macmahon einen Ehrendegen, mit dem er bei Gelegenheit sich sein
Königthum auf der Smaragdinscl zurückerobern sollte. Indeß auf solche Kund¬
gebungen hin eine mit Napoleons Hilfe zu bewirkende „Befreiung" Irlands
von der britischen Obmacht zu hoffen oder, wenn man will, zu fürchten, wäre
thöricht, und wenn jene Deputation an den zukünftigen König der Iren von
deutschen Regierungen als Hochverrath bestraft worden wäre, so konnte die
englische sich begnügen, sie als Lächerlichkeit zu behandeln.
Wir folgen jetzt dem Verfasser nach Limmat, um uns von ihm zunächst
durch die Stadt führen und uns dann ein Beispiel von irischen Patriotismus
zeigen zu lassen.
Limerick liegt am Shannon, dem König der irischen Ströme, der, breit
sich öffnend wie ein Meer, die großen Provinzen Leinster und Connaught
trennt und die großen Seen in Mittelirland mit dem atlantischen Ocean
verbindet. Einer von den Armen des Flusses, der SalmomNiver trennt es
in zwei noch immer scharf geschiedne Hälften: in die irische und in die eng¬
lische Stadt. Schon die letztere macht keinen wohlthuenden Eindruck, nament¬
lich wenn der Reisende aus dem Osten herkommt. Die Häuser sind unan¬
sehnlicher, die Straßen stiller und kahler als dort. Ueberall bemerkt man, daß
das Uebergangsstadium aus irischer Nachlässigkeit und Unsauberkeit zu englischer
Energie und Reinlichkeitsliebe hier noch nicht durchmessen ist, daß der frische,
freudige Arbeitstrieb, der England groß gemacht hat, noch großentheils mangelt.
Dennoch ist es ein Abstand wie von Tag und Nacht, wenn man mit dieser
englischen Hälfte die irische vergleicht. Der Verfasser sagt:
Die ganze Verkommenheit, den ganzen Schmutz, die ganze Fäulniß des
irischen Wesens sollte ich mit einem Blicke überschauen. Es war Sonnabend-
nachmittag und die irische Stadt war voll vom Marktgewühl des gemeinen Vol¬
les. Die Haupt- und Geschäftsstraße derselben. Irislr Iowa ^Vara, voll von
Menschen und Kleinhandel, trug mir sogleich das wüste Geschrei und den un¬
beschreiblichen Gestank entgegen, welche das krasse Elend zu verbreiten pflegt.
Die Häuser, die hier stehn, sind massige Höhlen, in deren Untergeschossen sich
Magazine voll ekelerregender Speisen befinden. Häringstonnen. mit schmutzi¬
ger Brühe übergössen, sind vor die Thüren gestellt; schimmlige Schinkenschnitte
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