Die Grenzboten. Jg. 19, 1860, II. Semester. III. Band.Ich hoffe auch auf eine Verständigung zwischen Preußen und Oestreich. Sollte Möge die Einigkeit der deutschen Fürsten gegen das Ausland aus den nationa¬ So faßt der Prinzrcgent von Preußen die Aufgabe seines Staates gegen das Die ausdrückliche, in dieser Rede nicht zum ersten Mal betonte Versicherung Wir freuen uns, daß der Herrscher von Preußen auch bei dieser Gelegenheit In der innern Entwicklung ist Preußen nicht nach allen Richtungen den übrigen Ich hoffe auch auf eine Verständigung zwischen Preußen und Oestreich. Sollte Möge die Einigkeit der deutschen Fürsten gegen das Ausland aus den nationa¬ So faßt der Prinzrcgent von Preußen die Aufgabe seines Staates gegen das Die ausdrückliche, in dieser Rede nicht zum ersten Mal betonte Versicherung Wir freuen uns, daß der Herrscher von Preußen auch bei dieser Gelegenheit In der innern Entwicklung ist Preußen nicht nach allen Richtungen den übrigen <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0088" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/109894"/> <p xml:id="ID_223"> Ich hoffe auch auf eine Verständigung zwischen Preußen und Oestreich. Sollte<lb/> dieselbe Fortschritte machen, so werde ich davon Ihren Cabinetcn Mittheilung zu¬<lb/> kommen lassen.</p><lb/> <p xml:id="ID_224"> Möge die Einigkeit der deutschen Fürsten gegen das Ausland aus den nationa¬<lb/> len Sinn gute Wirkung ausüben. Unserm Wirth, dem Großherzog von Baden,<lb/> sage ich Dank, welchem Sie sich gewiß gern anschließen.</p><lb/> <p xml:id="ID_225"> So faßt der Prinzrcgent von Preußen die Aufgabe seines Staates gegen das<lb/> Ausland, gegen das deutsche Volk und gegen die Preußen aus, oder um die Aus¬<lb/> drucksweise der Rede zu gebrauchen, seine europäische, deutsche und innere Politik.</p><lb/> <p xml:id="ID_226"> Die ausdrückliche, in dieser Rede nicht zum ersten Mal betonte Versicherung<lb/> des Prinzrcgcntcn, daß er sein „liberales" Ministerium festhalten werde, war, wie die<lb/> Zeitungen melden, durch vorhergegangene Besprechungen der vier Könige veranlaßt,<lb/> Besprechungen, in denen die Rede gewesen sein soll, den Prinzregentcn um Anstellung<lb/> konservativer Minister zu ersuchen, weil das liberale Princip den übrigen Regierungen<lb/> Gefahr drohe. Man ließ diesen Punkt fallen, vielleicht in der Erwägung, daß der<lb/> Prinzrcgent grade jetzt, wo er gegen Nußland und Frankreich den Bestand der deut¬<lb/> schen Dynastien vertreten hatte, möglicherweise sür angcmeßncr halten könne, seiner¬<lb/> seits die Entfernung der bisherigen Minister in den Mittclstaatcn zu verlangen. —</p><lb/> <p xml:id="ID_227"> Wir freuen uns, daß der Herrscher von Preußen auch bei dieser Gelegenheit<lb/> sein Ministerium vertreten hat. In der That, wer Preußen ein wenig kennt, kann<lb/> nicht zweifelhaft sein, daß ein Ministerium Manteuffel oder eine Herrschaft der Kreuz-<lb/> zeitung jetzt auf irgend welche Dauer unmöglich ist. Nicht nur wegen einem<lb/> entschiedenen Mangel an regierungsfähigen Persönlichkeiten — denn die Talentlosig-<lb/> keit dieser Richtung ist sehr viel größer, als bei den Liberalen — sondern noch mehr<lb/> deswegen, weil das preußische Volk jetzt ein rcagirendes Ministerium nicht vertragen<lb/> würde. Noch zu frisch ist die Erinnerung an die elenden Jahre der Herren von<lb/> Manteuffel und Westphalen, grade jetzt erhebt sich wenn auch noch unsicher und schwan¬<lb/> kend, ein kräftiges politisches Leben im Volke. Wenn die Einwirkung der Nationen<lb/> auf die Regierung wie Flut und Ebbe nach gewissen Gesetzen steigt und fällt, so<lb/> ist jetzt unverkennbar eine Periode steigender Volkskraft, der Beginn einer neuen Er¬<lb/> hebung gekommen. Solches Anschwellen läßt sich nicht unterdrücken, jeder Damm<lb/> den man ihm cntgcgcnbauen wollte, würde überflutet werden. Zuviel Uebles<lb/> und Unfähiges ist durch die letzten zehn Jahre in Preußen gethan und gedul¬<lb/> det worden, unaufhörlich nagt die Erbitterung über diese Jahre in den Seelen,<lb/> sehr viel Vcrdorbncs ist zu bessern, viele Hemmnisse gesunder Entwicklung be¬<lb/> engen noch jetzt und müssen sort geschafft werden. Es ist ersichtlich, daß auf eine<lb/> Reihe von Jahren die Fortschrittspartei in Preußen die größere Berechtigung<lb/> zur Regierung hat, als die Conservativen, und diese Berechtigung wird dort sehr<lb/> lebhaft empfunden, selbst von einzelnen Konservativen.</p><lb/> <p xml:id="ID_228" next="#ID_229"> In der innern Entwicklung ist Preußen nicht nach allen Richtungen den übrigen<lb/> deutschen Staaten voraus, ja ihm drohte die Gefahr, in mehrern wichtigen Punkten<lb/> zurückzubleiben. Das Kammcrlcben dort ist noch neu, das Zusammenwirken von<lb/> Volk und Regierung zu einer neuen Organisation des Staats geschieht noch unbehilf¬<lb/> lich, die Zahl der Führer, welche mit großem Geiste und Talent die Forderungen<lb/> des Volks vertreten, ist nicht groß, auch dem Königshaus der Hohenzollern ist noch</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0088]
Ich hoffe auch auf eine Verständigung zwischen Preußen und Oestreich. Sollte
dieselbe Fortschritte machen, so werde ich davon Ihren Cabinetcn Mittheilung zu¬
kommen lassen.
Möge die Einigkeit der deutschen Fürsten gegen das Ausland aus den nationa¬
len Sinn gute Wirkung ausüben. Unserm Wirth, dem Großherzog von Baden,
sage ich Dank, welchem Sie sich gewiß gern anschließen.
So faßt der Prinzrcgent von Preußen die Aufgabe seines Staates gegen das
Ausland, gegen das deutsche Volk und gegen die Preußen aus, oder um die Aus¬
drucksweise der Rede zu gebrauchen, seine europäische, deutsche und innere Politik.
Die ausdrückliche, in dieser Rede nicht zum ersten Mal betonte Versicherung
des Prinzrcgcntcn, daß er sein „liberales" Ministerium festhalten werde, war, wie die
Zeitungen melden, durch vorhergegangene Besprechungen der vier Könige veranlaßt,
Besprechungen, in denen die Rede gewesen sein soll, den Prinzregentcn um Anstellung
konservativer Minister zu ersuchen, weil das liberale Princip den übrigen Regierungen
Gefahr drohe. Man ließ diesen Punkt fallen, vielleicht in der Erwägung, daß der
Prinzrcgent grade jetzt, wo er gegen Nußland und Frankreich den Bestand der deut¬
schen Dynastien vertreten hatte, möglicherweise sür angcmeßncr halten könne, seiner¬
seits die Entfernung der bisherigen Minister in den Mittclstaatcn zu verlangen. —
Wir freuen uns, daß der Herrscher von Preußen auch bei dieser Gelegenheit
sein Ministerium vertreten hat. In der That, wer Preußen ein wenig kennt, kann
nicht zweifelhaft sein, daß ein Ministerium Manteuffel oder eine Herrschaft der Kreuz-
zeitung jetzt auf irgend welche Dauer unmöglich ist. Nicht nur wegen einem
entschiedenen Mangel an regierungsfähigen Persönlichkeiten — denn die Talentlosig-
keit dieser Richtung ist sehr viel größer, als bei den Liberalen — sondern noch mehr
deswegen, weil das preußische Volk jetzt ein rcagirendes Ministerium nicht vertragen
würde. Noch zu frisch ist die Erinnerung an die elenden Jahre der Herren von
Manteuffel und Westphalen, grade jetzt erhebt sich wenn auch noch unsicher und schwan¬
kend, ein kräftiges politisches Leben im Volke. Wenn die Einwirkung der Nationen
auf die Regierung wie Flut und Ebbe nach gewissen Gesetzen steigt und fällt, so
ist jetzt unverkennbar eine Periode steigender Volkskraft, der Beginn einer neuen Er¬
hebung gekommen. Solches Anschwellen läßt sich nicht unterdrücken, jeder Damm
den man ihm cntgcgcnbauen wollte, würde überflutet werden. Zuviel Uebles
und Unfähiges ist durch die letzten zehn Jahre in Preußen gethan und gedul¬
det worden, unaufhörlich nagt die Erbitterung über diese Jahre in den Seelen,
sehr viel Vcrdorbncs ist zu bessern, viele Hemmnisse gesunder Entwicklung be¬
engen noch jetzt und müssen sort geschafft werden. Es ist ersichtlich, daß auf eine
Reihe von Jahren die Fortschrittspartei in Preußen die größere Berechtigung
zur Regierung hat, als die Conservativen, und diese Berechtigung wird dort sehr
lebhaft empfunden, selbst von einzelnen Konservativen.
In der innern Entwicklung ist Preußen nicht nach allen Richtungen den übrigen
deutschen Staaten voraus, ja ihm drohte die Gefahr, in mehrern wichtigen Punkten
zurückzubleiben. Das Kammcrlcben dort ist noch neu, das Zusammenwirken von
Volk und Regierung zu einer neuen Organisation des Staats geschieht noch unbehilf¬
lich, die Zahl der Führer, welche mit großem Geiste und Talent die Forderungen
des Volks vertreten, ist nicht groß, auch dem Königshaus der Hohenzollern ist noch
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