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Die Grenzboten. Jg. 19, 1860, II. Semester. III. Band.

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man nach einem unglückseligen zeitlichen Leben noch ein ärgeres in der Ewig¬
keit zu gewarten hat! -- Is. Aug> -- Die schönsten Personen vernichtet ein
Fieber und macht sie zum abscheulichen Aase. Und dennoch leben wir. als
wenn wir ewig leben wollten. Elende Menschen, und ich insbesondre! Kaum
ist das erste tödtliche Grausen vorüber, so dringen neue üppige Gedanken auf
mich zu, und in meinem Herzen wallt Selbstliebe. Wer wird mich erretten
von dem Leibe dieses Todes! -- 13, Octbr. -- Ich weiß gar nicht, wie ich
werde; so kalt, so unempfindlich, so entfernt von aller Lust an geistlichen
Sachen, daß ich über mich selbst erschrecke. Das muß die Frucht von den vie¬
len Zerstreuungen sein. Was wird aus mir werden, wenn ich so fortfahre! --
6. Decbr. -- Das eitle, unnütze, weibische Geschwätz kann ich nicht lassen.
Es ist ohnedem so viel Nachrede, unnützes Richten und so viel Eigenruhm
dabei, daß ich mich zu Tode schämen möchte. Kann ich denn nicht arbeiten
und schweigen!

6. ^tarv. 1741. -- I^e souvenir ac äeux 6pouses enterress a ma äroito
et ä ma Zauclio, la solituäe et 1'aKanäounemsnt äans IsMsI w passe ma
vis, 1a osrtituäs c>ne tout es eine ^'al xercln 1'est irr6paradlement, Wut
cela. .. in'avait aeealM a un xoint, eme 5atiZu6 cle noirss rstlsxions ^s
esäais ä mon ässsspoir, plonZs äans une tristesse plus vrotonäs eins tous
les autrss enagrins aoud ^je me souvisns. Daus cet ^tat mallrsursux une
Jnvolution souäains Sö Kt eus?! moi, et w passai an milisu ä'uns nuit si
ässolss a un stat as wie spüret <zns w n'avais sentie eneors. I^e plus
grana ac mes maux ^kalt sans äoute la conviction on ^j'etais, que sans
consolation ac la xart clef Iiommss ^js me vovais sneors sous la eolsrs
alpins. -1s sentais M'une misere 6lernet1e sueesäerait aux norreurs cle
cette courte vie. I^a secrete resistance ac mon coeur, la nero cM hö äe-
solait ä'etre msprisss, sulln 1e mancjue ac parclon eine nous äevons aux
otiensss ass Irommss, ötaient un Secret anatdeme cjui in'opprimait se Hui
etouikait tous los mouvomsns as la grase, tout ä'un coup w ins ssntis
la tores as es äsrnisr ennemi, se w sens su meins temps Ztre psrsuaä^
<zue ässormais risn us s'opposerait a mon salut. -- Er schreibt Versöhnungs¬
briefe an alle seine literarischen Gegner.

21. Jan. -- Ich bin wiederum sehr ruhig. Aber alle Ruhe, die nicht
gegründet ist auf das Zeugniß des Geistes, ist ein durch Schlaftrunk er¬
zwungener Schlummer. Zerstöre die falschen Quellen meines Trostes, strafe
mich, auf das; ich dich allein, nicht meine Ehre, nicht das Tändclwerk meiner
Studien und weltlichen Freuden zum Grund meiner Ruhe setze! --

Den 12. Mai 1741 verlobt er sich zum drittenmal; diesmal war die
Ehe glücklich und.dauerhaft. -- In der Stimmung seines Tagebuchs ändert
es nicht viel. -- Erbarmender Gott, heißt es 22. Juni, versuche mich nicht


man nach einem unglückseligen zeitlichen Leben noch ein ärgeres in der Ewig¬
keit zu gewarten hat! — Is. Aug> — Die schönsten Personen vernichtet ein
Fieber und macht sie zum abscheulichen Aase. Und dennoch leben wir. als
wenn wir ewig leben wollten. Elende Menschen, und ich insbesondre! Kaum
ist das erste tödtliche Grausen vorüber, so dringen neue üppige Gedanken auf
mich zu, und in meinem Herzen wallt Selbstliebe. Wer wird mich erretten
von dem Leibe dieses Todes! — 13, Octbr. — Ich weiß gar nicht, wie ich
werde; so kalt, so unempfindlich, so entfernt von aller Lust an geistlichen
Sachen, daß ich über mich selbst erschrecke. Das muß die Frucht von den vie¬
len Zerstreuungen sein. Was wird aus mir werden, wenn ich so fortfahre! —
6. Decbr. — Das eitle, unnütze, weibische Geschwätz kann ich nicht lassen.
Es ist ohnedem so viel Nachrede, unnützes Richten und so viel Eigenruhm
dabei, daß ich mich zu Tode schämen möchte. Kann ich denn nicht arbeiten
und schweigen!

6. ^tarv. 1741. — I^e souvenir ac äeux 6pouses enterress a ma äroito
et ä ma Zauclio, la solituäe et 1'aKanäounemsnt äans IsMsI w passe ma
vis, 1a osrtituäs c>ne tout es eine ^'al xercln 1'est irr6paradlement, Wut
cela. .. in'avait aeealM a un xoint, eme 5atiZu6 cle noirss rstlsxions ^s
esäais ä mon ässsspoir, plonZs äans une tristesse plus vrotonäs eins tous
les autrss enagrins aoud ^je me souvisns. Daus cet ^tat mallrsursux une
Jnvolution souäains Sö Kt eus?! moi, et w passai an milisu ä'uns nuit si
ässolss a un stat as wie spüret <zns w n'avais sentie eneors. I^e plus
grana ac mes maux ^kalt sans äoute la conviction on ^j'etais, que sans
consolation ac la xart clef Iiommss ^js me vovais sneors sous la eolsrs
alpins. -1s sentais M'une misere 6lernet1e sueesäerait aux norreurs cle
cette courte vie. I^a secrete resistance ac mon coeur, la nero cM hö äe-
solait ä'etre msprisss, sulln 1e mancjue ac parclon eine nous äevons aux
otiensss ass Irommss, ötaient un Secret anatdeme cjui in'opprimait se Hui
etouikait tous los mouvomsns as la grase, tout ä'un coup w ins ssntis
la tores as es äsrnisr ennemi, se w sens su meins temps Ztre psrsuaä^
<zue ässormais risn us s'opposerait a mon salut. — Er schreibt Versöhnungs¬
briefe an alle seine literarischen Gegner.

21. Jan. — Ich bin wiederum sehr ruhig. Aber alle Ruhe, die nicht
gegründet ist auf das Zeugniß des Geistes, ist ein durch Schlaftrunk er¬
zwungener Schlummer. Zerstöre die falschen Quellen meines Trostes, strafe
mich, auf das; ich dich allein, nicht meine Ehre, nicht das Tändclwerk meiner
Studien und weltlichen Freuden zum Grund meiner Ruhe setze! —

Den 12. Mai 1741 verlobt er sich zum drittenmal; diesmal war die
Ehe glücklich und.dauerhaft. — In der Stimmung seines Tagebuchs ändert
es nicht viel. — Erbarmender Gott, heißt es 22. Juni, versuche mich nicht


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[0520] man nach einem unglückseligen zeitlichen Leben noch ein ärgeres in der Ewig¬ keit zu gewarten hat! — Is. Aug> — Die schönsten Personen vernichtet ein Fieber und macht sie zum abscheulichen Aase. Und dennoch leben wir. als wenn wir ewig leben wollten. Elende Menschen, und ich insbesondre! Kaum ist das erste tödtliche Grausen vorüber, so dringen neue üppige Gedanken auf mich zu, und in meinem Herzen wallt Selbstliebe. Wer wird mich erretten von dem Leibe dieses Todes! — 13, Octbr. — Ich weiß gar nicht, wie ich werde; so kalt, so unempfindlich, so entfernt von aller Lust an geistlichen Sachen, daß ich über mich selbst erschrecke. Das muß die Frucht von den vie¬ len Zerstreuungen sein. Was wird aus mir werden, wenn ich so fortfahre! — 6. Decbr. — Das eitle, unnütze, weibische Geschwätz kann ich nicht lassen. Es ist ohnedem so viel Nachrede, unnützes Richten und so viel Eigenruhm dabei, daß ich mich zu Tode schämen möchte. Kann ich denn nicht arbeiten und schweigen! 6. ^tarv. 1741. — I^e souvenir ac äeux 6pouses enterress a ma äroito et ä ma Zauclio, la solituäe et 1'aKanäounemsnt äans IsMsI w passe ma vis, 1a osrtituäs c>ne tout es eine ^'al xercln 1'est irr6paradlement, Wut cela. .. in'avait aeealM a un xoint, eme 5atiZu6 cle noirss rstlsxions ^s esäais ä mon ässsspoir, plonZs äans une tristesse plus vrotonäs eins tous les autrss enagrins aoud ^je me souvisns. Daus cet ^tat mallrsursux une Jnvolution souäains Sö Kt eus?! moi, et w passai an milisu ä'uns nuit si ässolss a un stat as wie spüret <zns w n'avais sentie eneors. I^e plus grana ac mes maux ^kalt sans äoute la conviction on ^j'etais, que sans consolation ac la xart clef Iiommss ^js me vovais sneors sous la eolsrs alpins. -1s sentais M'une misere 6lernet1e sueesäerait aux norreurs cle cette courte vie. I^a secrete resistance ac mon coeur, la nero cM hö äe- solait ä'etre msprisss, sulln 1e mancjue ac parclon eine nous äevons aux otiensss ass Irommss, ötaient un Secret anatdeme cjui in'opprimait se Hui etouikait tous los mouvomsns as la grase, tout ä'un coup w ins ssntis la tores as es äsrnisr ennemi, se w sens su meins temps Ztre psrsuaä^ <zue ässormais risn us s'opposerait a mon salut. — Er schreibt Versöhnungs¬ briefe an alle seine literarischen Gegner. 21. Jan. — Ich bin wiederum sehr ruhig. Aber alle Ruhe, die nicht gegründet ist auf das Zeugniß des Geistes, ist ein durch Schlaftrunk er¬ zwungener Schlummer. Zerstöre die falschen Quellen meines Trostes, strafe mich, auf das; ich dich allein, nicht meine Ehre, nicht das Tändclwerk meiner Studien und weltlichen Freuden zum Grund meiner Ruhe setze! — Den 12. Mai 1741 verlobt er sich zum drittenmal; diesmal war die Ehe glücklich und.dauerhaft. — In der Stimmung seines Tagebuchs ändert es nicht viel. — Erbarmender Gott, heißt es 22. Juni, versuche mich nicht

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 19, 1860, II. Semester. III. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341594_109805/520>, abgerufen am 24.07.2024.