Die Grenzboten. Jg. 19, 1860, II. Semester. III. Band.Ich dachte also, was solchen großen Männern erlaubt wäre, das könnte man Mit Zinzendorf war er in steter sehr kriegerischer Korrespondenz geblie¬ Mittlerweile war der Graf von Berleburg am 5. Juli 1741 gestorben, Ich dachte also, was solchen großen Männern erlaubt wäre, das könnte man Mit Zinzendorf war er in steter sehr kriegerischer Korrespondenz geblie¬ Mittlerweile war der Graf von Berleburg am 5. Juli 1741 gestorben, <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0510" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/110316"/> <p xml:id="ID_1561" prev="#ID_1560"> Ich dachte also, was solchen großen Männern erlaubt wäre, das könnte man<lb/> mir kleinem Lichtlein auch wol zu Gute halten."</p><lb/> <p xml:id="ID_1562"> Mit Zinzendorf war er in steter sehr kriegerischer Korrespondenz geblie¬<lb/> ben. Die heimlichen Angriffe der Herrnhuter bestimmten ihn 1741 diesen<lb/> Briefwechsel unter dem Titel Christus und Belial mit einer längeren<lb/> Vorrede heraus zu geben. Zugleich hatte er vor, einen umfassenden Trnctat<lb/> von dem unbekannten Gott zu schreiben, begnügte sich aber vorläufig mit<lb/> einem Theil dieses Themas: „die Göttlichkeit der Vernunft mit einer kurzen<lb/> Anweisung zur Untersuchung der ältesten und vornehmsten Bedeutung des<lb/> Worts Logos nebst einem Anhange von der Vernunftmäßigkeit des Chri¬<lb/> stenthums."</p><lb/> <p xml:id="ID_1563" next="#ID_1564"> Mittlerweile war der Graf von Berleburg am 5. Juli 1741 gestorben,<lb/> und da sein Nachfolger von den Fremden starke Einzuggelder forderte, wan¬<lb/> derten die beiden Bartmänner heimlich aus und siedelten sich Herbst 1742 in<lb/> Hachenburg aus dem Westerwald an, nachdem sie vom Grafen dazu Erlaubniß<lb/> erhalten. Zwar predigten die dortigen Katholiken. Lutheraner und Nefonnirte<lb/> sehr heftig gegen sie. aber die Gräfin, die sich persönlich mit ihnen unter¬<lb/> halten, ließ ihnen ihren Schutz angedeihen. Edelmann hatte in dieser Pe¬<lb/> riode eine sehr weitläufige Korrespondenz, da von allen Seiten Licht suchende<lb/> Gemüther sich an ihn wandten. Durch ihre Unterstützung gewann er auch<lb/> seinen Lebensunterhalt. Als über seine bisherige Wohnung anderweitig dis-<lb/> ponirt wurde, wanderte er im Frühling 1744 weiter nach Neuwied, trennte<lb/> sich von Erhard, der eine Stelle gefunden hatte, ließ sich den Bart abscheeren,<lb/> setzte wieder die anständige Perücke aus und kehrte damit zur civilisirten<lb/> Welt zurück. Auch von seiner bisherigen Mystik glaubte er sich gänzlich los¬<lb/> gemacht zu haben und in seinen Schriften tritt eine größere Nuhe ein. Den<lb/> Grafen von Neuwied bestimmte das Consistorium, von Edelmann ein schrift¬<lb/> liches Glaubensbekenntniß zu fordern. Er legte ein solches 14. September<lb/> 1745 vor, indem er zugleich versprach, es nicht unter die Leute zu verbreiten.<lb/> Dennoch cursirten / bald Abschriften, und im folgenden Jahre wurde es ge¬<lb/> druckt. „Ich endige hier eine Schrift, sagt er in der Schlußrede an alle wahr¬<lb/> heitsliebenden Herzen deutscher Nation, die vielleicht mancher unter euch im<lb/> geheimen längst gewünscht hat. Vielleicht ist es die letzte. Darum erlaubt<lb/> mir zu meiner Vertheidigung noch ein paar Worte mit euch zu sprechen.<lb/> Mein Gewissen überzeugt mich, daß weder Muthwillen noch Frevel mir je¬<lb/> mals die Feder in die Hand gegeben. Ich bin ohne mein Denken und<lb/> wider meinen Willen dazu genöthigt worden. Man hat ein schriftliches<lb/> Glaubensbekenntniß von mir begehrt. Man hat meines Herzens Gedanken<lb/> in Sachen die Religion betreffend von mir wissen wollen. Als ein ehr¬<lb/> licher Mann war ich verbunden, die Wahrheit zu sagen und keinen Heuch-</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0510]
Ich dachte also, was solchen großen Männern erlaubt wäre, das könnte man
mir kleinem Lichtlein auch wol zu Gute halten."
Mit Zinzendorf war er in steter sehr kriegerischer Korrespondenz geblie¬
ben. Die heimlichen Angriffe der Herrnhuter bestimmten ihn 1741 diesen
Briefwechsel unter dem Titel Christus und Belial mit einer längeren
Vorrede heraus zu geben. Zugleich hatte er vor, einen umfassenden Trnctat
von dem unbekannten Gott zu schreiben, begnügte sich aber vorläufig mit
einem Theil dieses Themas: „die Göttlichkeit der Vernunft mit einer kurzen
Anweisung zur Untersuchung der ältesten und vornehmsten Bedeutung des
Worts Logos nebst einem Anhange von der Vernunftmäßigkeit des Chri¬
stenthums."
Mittlerweile war der Graf von Berleburg am 5. Juli 1741 gestorben,
und da sein Nachfolger von den Fremden starke Einzuggelder forderte, wan¬
derten die beiden Bartmänner heimlich aus und siedelten sich Herbst 1742 in
Hachenburg aus dem Westerwald an, nachdem sie vom Grafen dazu Erlaubniß
erhalten. Zwar predigten die dortigen Katholiken. Lutheraner und Nefonnirte
sehr heftig gegen sie. aber die Gräfin, die sich persönlich mit ihnen unter¬
halten, ließ ihnen ihren Schutz angedeihen. Edelmann hatte in dieser Pe¬
riode eine sehr weitläufige Korrespondenz, da von allen Seiten Licht suchende
Gemüther sich an ihn wandten. Durch ihre Unterstützung gewann er auch
seinen Lebensunterhalt. Als über seine bisherige Wohnung anderweitig dis-
ponirt wurde, wanderte er im Frühling 1744 weiter nach Neuwied, trennte
sich von Erhard, der eine Stelle gefunden hatte, ließ sich den Bart abscheeren,
setzte wieder die anständige Perücke aus und kehrte damit zur civilisirten
Welt zurück. Auch von seiner bisherigen Mystik glaubte er sich gänzlich los¬
gemacht zu haben und in seinen Schriften tritt eine größere Nuhe ein. Den
Grafen von Neuwied bestimmte das Consistorium, von Edelmann ein schrift¬
liches Glaubensbekenntniß zu fordern. Er legte ein solches 14. September
1745 vor, indem er zugleich versprach, es nicht unter die Leute zu verbreiten.
Dennoch cursirten / bald Abschriften, und im folgenden Jahre wurde es ge¬
druckt. „Ich endige hier eine Schrift, sagt er in der Schlußrede an alle wahr¬
heitsliebenden Herzen deutscher Nation, die vielleicht mancher unter euch im
geheimen längst gewünscht hat. Vielleicht ist es die letzte. Darum erlaubt
mir zu meiner Vertheidigung noch ein paar Worte mit euch zu sprechen.
Mein Gewissen überzeugt mich, daß weder Muthwillen noch Frevel mir je¬
mals die Feder in die Hand gegeben. Ich bin ohne mein Denken und
wider meinen Willen dazu genöthigt worden. Man hat ein schriftliches
Glaubensbekenntniß von mir begehrt. Man hat meines Herzens Gedanken
in Sachen die Religion betreffend von mir wissen wollen. Als ein ehr¬
licher Mann war ich verbunden, die Wahrheit zu sagen und keinen Heuch-
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