Die Grenzboten. Jg. 19, 1860, II. Semester. III. Band.stehn solle und die Befugniß zum Betrieb desselben wegen Debitirung verbot¬ In allen Culturländern sind die Stadien gerichtlichen Verfahrens: Unter¬ Doch wir vergessen, daß diese Polizei in Schleswig allmächtig ist. Hei¬ Ueber diese und einige ahnliche Untersuchungen theilen wir im nächsten stehn solle und die Befugniß zum Betrieb desselben wegen Debitirung verbot¬ In allen Culturländern sind die Stadien gerichtlichen Verfahrens: Unter¬ Doch wir vergessen, daß diese Polizei in Schleswig allmächtig ist. Hei¬ Ueber diese und einige ahnliche Untersuchungen theilen wir im nächsten <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0508" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/110314"/> <p xml:id="ID_1554" prev="#ID_1553"> stehn solle und die Befugniß zum Betrieb desselben wegen Debitirung verbot¬<lb/> ner Schriften entzogen werden könne. Heiberg erklärte eine solche Verordnung<lb/> nicht zu kennen und bat, falls sie existire. um Mittheilung derselben. Die<lb/> Antwort lautete, man habe sich geirrt, der Bescheid gründe sich auf eine andere<lb/> Verordnung, vom 24, December 1843, welche die Befugniß zum Buchhandel<lb/> als einem bürgerlichen Gewerbe betreffe. Auch dieses Citat war ein unglück¬<lb/> liches. Im dritten Paragraphen der betreffenden Verordnung heißt es zwar,<lb/> daß die Befugniß zum Buchhandel wegen Übertretung von Anordnungen gegen<lb/> den Vertrieb unzulässiger Druckschriften, besonders im Wiederholungsfall, durch<lb/> richterliches Erkenntniß entzogen werden könne. Aber Heiberg ist der Ueber-<lb/> tretung solcher Anordnungen nicht beschuldigt worden, geschweige denn wieder¬<lb/> holt. Die Adresse der Sechsundzwanzig und Beselers „Mahnruf" mochten der<lb/> Negierung unangenehm sein, verboten waren sie nicht, wenigstens konnte Hei-<lb/> berg von Anordnungen, die sie als unzulässig bezeichneten, nichts wissen.<lb/> Sprachen die Umstände aber auch weniger günstig sür ihn, so wäre jedenfalls<lb/> ein gerichtliches Erkenntniß zur Schließung des Geschäfts erforderlich gewesen,<lb/> während die Versieglung desselben durch die Polizei schon eine Entziehung des<lb/> Rechts zum Betrieb wenigstens aus Zeit enthält, und da sie nun schon volle<lb/> sieben Monate dauert, dem Ruin der Handlung gleichkommt.</p><lb/> <p xml:id="ID_1555"> In allen Culturländern sind die Stadien gerichtlichen Verfahrens: Unter¬<lb/> suchung, Erkenntniß, Ausführung des Erkenntnisses. In Schleswig scheint diese<lb/> Ordnung umgekehrt sein zu sollen. Wenigstens hat in diesem Falle, den wir<lb/> als juristisches Monstrum gründlich zergliedern mußten, die Polizei mit der<lb/> Execution eines noch nicht gefällten Urtheils begonnen.</p><lb/> <p xml:id="ID_1556"> Doch wir vergessen, daß diese Polizei in Schleswig allmächtig ist. Hei¬<lb/> berg ist ein Opfer dieser Allmacht. Das ganze Verfahren der Polizei und des<lb/> vom Polizeimeister gleich den Puppen eines Marionettentheaters am Faden<lb/> dirigirten Criminalgerichts war im Wesentlichen darauf gerichtet, einem alten<lb/> Schleswig-Holstciner, der sich vor der Erhebung als patriotischer Schriftsteller,<lb/> während derselben als Mitglied der Landesversammlung und in den letzten un¬<lb/> seligen Jahren als Vertreter deutscher Literatur, als Erhalter und Förderer<lb/> deutschen Wesens im „dänischen Herzogthum Schleswig" den grimmigen Haß<lb/> der eiderdänischen Partei zugezogen, die Lebensluft abzuschneiden. Als die<lb/> Untersuchung wegen Verbreitung der Sechsundzwanzigeradrcsse keine Aussicht<lb/> dazu bot, da auch die Vernehmung der Abgeordneten Marquardsen, v. Ahle-<lb/> seldt und Hansen-Grumbye die Phantasien von einer Verbindung Heibergs<lb/> mit den Abgeordneten zum Zweck der Verbreitung jener Adresse als haltlos<lb/> erscheinen ließ, so suchte man ihn als angeblichen Autor der schleswigschen<lb/> Adresse an die Stände zu fassen.</p><lb/> <p xml:id="ID_1557" next="#ID_1558"> Ueber diese und einige ahnliche Untersuchungen theilen wir im nächsten</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0508]
stehn solle und die Befugniß zum Betrieb desselben wegen Debitirung verbot¬
ner Schriften entzogen werden könne. Heiberg erklärte eine solche Verordnung
nicht zu kennen und bat, falls sie existire. um Mittheilung derselben. Die
Antwort lautete, man habe sich geirrt, der Bescheid gründe sich auf eine andere
Verordnung, vom 24, December 1843, welche die Befugniß zum Buchhandel
als einem bürgerlichen Gewerbe betreffe. Auch dieses Citat war ein unglück¬
liches. Im dritten Paragraphen der betreffenden Verordnung heißt es zwar,
daß die Befugniß zum Buchhandel wegen Übertretung von Anordnungen gegen
den Vertrieb unzulässiger Druckschriften, besonders im Wiederholungsfall, durch
richterliches Erkenntniß entzogen werden könne. Aber Heiberg ist der Ueber-
tretung solcher Anordnungen nicht beschuldigt worden, geschweige denn wieder¬
holt. Die Adresse der Sechsundzwanzig und Beselers „Mahnruf" mochten der
Negierung unangenehm sein, verboten waren sie nicht, wenigstens konnte Hei-
berg von Anordnungen, die sie als unzulässig bezeichneten, nichts wissen.
Sprachen die Umstände aber auch weniger günstig sür ihn, so wäre jedenfalls
ein gerichtliches Erkenntniß zur Schließung des Geschäfts erforderlich gewesen,
während die Versieglung desselben durch die Polizei schon eine Entziehung des
Rechts zum Betrieb wenigstens aus Zeit enthält, und da sie nun schon volle
sieben Monate dauert, dem Ruin der Handlung gleichkommt.
In allen Culturländern sind die Stadien gerichtlichen Verfahrens: Unter¬
suchung, Erkenntniß, Ausführung des Erkenntnisses. In Schleswig scheint diese
Ordnung umgekehrt sein zu sollen. Wenigstens hat in diesem Falle, den wir
als juristisches Monstrum gründlich zergliedern mußten, die Polizei mit der
Execution eines noch nicht gefällten Urtheils begonnen.
Doch wir vergessen, daß diese Polizei in Schleswig allmächtig ist. Hei¬
berg ist ein Opfer dieser Allmacht. Das ganze Verfahren der Polizei und des
vom Polizeimeister gleich den Puppen eines Marionettentheaters am Faden
dirigirten Criminalgerichts war im Wesentlichen darauf gerichtet, einem alten
Schleswig-Holstciner, der sich vor der Erhebung als patriotischer Schriftsteller,
während derselben als Mitglied der Landesversammlung und in den letzten un¬
seligen Jahren als Vertreter deutscher Literatur, als Erhalter und Förderer
deutschen Wesens im „dänischen Herzogthum Schleswig" den grimmigen Haß
der eiderdänischen Partei zugezogen, die Lebensluft abzuschneiden. Als die
Untersuchung wegen Verbreitung der Sechsundzwanzigeradrcsse keine Aussicht
dazu bot, da auch die Vernehmung der Abgeordneten Marquardsen, v. Ahle-
seldt und Hansen-Grumbye die Phantasien von einer Verbindung Heibergs
mit den Abgeordneten zum Zweck der Verbreitung jener Adresse als haltlos
erscheinen ließ, so suchte man ihn als angeblichen Autor der schleswigschen
Adresse an die Stände zu fassen.
Ueber diese und einige ahnliche Untersuchungen theilen wir im nächsten
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