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Die Grenzboten. Jg. 19, 1860, II. Semester. III. Band.

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Als die Elite der Armee muh die leichte Infanterie bezeichnet werden,
Sie hat die tüchtigsten Officiere, und überdies eignet sich der Charakter des
Neapolitaners vorzüglich für diese Waffe; auch ist auf ihre Ausbildung und
zweckmäßige Ausstattung mit besonderen Eifer hingearbeitet worden. Weit
weniger Lob verdient die Linieninfanterie, namentlich wenn man ihre
Leistungen mit denen der Schweizer vergleicht. Es fehlt diesen Süditalienern
ganz entschieden an dem, was vor allem den Soldaten germanischen Stammes
auszeichnet: stramme zuchtgemäße Haltung, Gehorsam vor der Gefahr und
Standhaftigkeit in Ertragung von Mühen und Entbehrungen. Die Bewaff¬
nung besteht bei den Linienregimentern durchgehends noch in glatten Geweh¬
ren, während die Jäger theils mit Miniöbüchsen, theils mit gezogenen Ge¬
wehren amerikanischer Erfindung versehen sind. Die Regimenter sind in zwei
Bataillone, diese wieder in sechs Compagnien eingetheilt. Jedes Regiment
hat 63 Officiere.

Die Cavnllerie ist jedenfalls die glänzendste Waffe der neapolitanischen
Armee. Sie reitet gleich der spanischen nur Hengste, von denen die Mehr¬
zahl aus Apulien und Calnvrien kommt und nach Bau und Charakter die
Abkunft von arabischen Thieren dieser Gattung verräth. Auch die Manovnr-
fähigkeit der Schwadronen in großem Massen wird von Manchen gelobt.
Dagegen warf man ihr Mangelhaftigkeit in Instruction und Detaildienst vor,
die indeß in den letzten Jahren durch die in Caserta eingerichtete Normal-
cquitationsschule bedeutend abgenommen haben soll. Jedes Regiment der¬
selben hat vier Schwadronen und zählt 33 Officiere.

Die Artillerie ist im Verhältniß zur Stärke des Heeres und der Aus¬
dehnung des Landes zu schwach. Sie besteht, wie bemerkt, aus zwei Regi¬
mentern, die in drei Bataillone, zwei Feld- und ein Festungsbataillon zer¬
fallen und zusammen 16 Feldbntterien zu je acht Geschützen, also im Ganzen
128, oder mit Hinzurechnung der reitenden Batterie 136 Geschütze haben.

An Pferden und Maulthieren hat die Artillerie und der Train gegen
2000 Stück. Daß die Raketenartillerie nicht besonders ausgebildet ist. scheint
uns kein großer Schade zu sein, da dieser Zweig des Geschützwesens, wie der
letzte italienische Krieg zeigte, keine sehr wesentliche Bedeutung hat und in
Folge dessen mit der Zeit aufgegeben werden wird. Dagegen dürfte die Re¬
gierung es bald zu beklagen haben, daß sie der Gebirgsartillerie zu wenig
Aufmerksamkeit gewidmet hat. Im übrigen hat die neapolitanische Artillerie,
um deren Ausbildung sich der bekannte General Filangieri Verdienste erworben
hat, viele intelligente und wissenschaftlich gebildete Officiere, von denen nur
der Major Muratti genannt werden mag, der sich durch die Erfindung eines
Systems von gezogenen Kanonen bekannt gemacht hat.

Als eine sehr tüchtige Truppe wird die 1815 eingeführte Gendarmerie


Als die Elite der Armee muh die leichte Infanterie bezeichnet werden,
Sie hat die tüchtigsten Officiere, und überdies eignet sich der Charakter des
Neapolitaners vorzüglich für diese Waffe; auch ist auf ihre Ausbildung und
zweckmäßige Ausstattung mit besonderen Eifer hingearbeitet worden. Weit
weniger Lob verdient die Linieninfanterie, namentlich wenn man ihre
Leistungen mit denen der Schweizer vergleicht. Es fehlt diesen Süditalienern
ganz entschieden an dem, was vor allem den Soldaten germanischen Stammes
auszeichnet: stramme zuchtgemäße Haltung, Gehorsam vor der Gefahr und
Standhaftigkeit in Ertragung von Mühen und Entbehrungen. Die Bewaff¬
nung besteht bei den Linienregimentern durchgehends noch in glatten Geweh¬
ren, während die Jäger theils mit Miniöbüchsen, theils mit gezogenen Ge¬
wehren amerikanischer Erfindung versehen sind. Die Regimenter sind in zwei
Bataillone, diese wieder in sechs Compagnien eingetheilt. Jedes Regiment
hat 63 Officiere.

Die Cavnllerie ist jedenfalls die glänzendste Waffe der neapolitanischen
Armee. Sie reitet gleich der spanischen nur Hengste, von denen die Mehr¬
zahl aus Apulien und Calnvrien kommt und nach Bau und Charakter die
Abkunft von arabischen Thieren dieser Gattung verräth. Auch die Manovnr-
fähigkeit der Schwadronen in großem Massen wird von Manchen gelobt.
Dagegen warf man ihr Mangelhaftigkeit in Instruction und Detaildienst vor,
die indeß in den letzten Jahren durch die in Caserta eingerichtete Normal-
cquitationsschule bedeutend abgenommen haben soll. Jedes Regiment der¬
selben hat vier Schwadronen und zählt 33 Officiere.

Die Artillerie ist im Verhältniß zur Stärke des Heeres und der Aus¬
dehnung des Landes zu schwach. Sie besteht, wie bemerkt, aus zwei Regi¬
mentern, die in drei Bataillone, zwei Feld- und ein Festungsbataillon zer¬
fallen und zusammen 16 Feldbntterien zu je acht Geschützen, also im Ganzen
128, oder mit Hinzurechnung der reitenden Batterie 136 Geschütze haben.

An Pferden und Maulthieren hat die Artillerie und der Train gegen
2000 Stück. Daß die Raketenartillerie nicht besonders ausgebildet ist. scheint
uns kein großer Schade zu sein, da dieser Zweig des Geschützwesens, wie der
letzte italienische Krieg zeigte, keine sehr wesentliche Bedeutung hat und in
Folge dessen mit der Zeit aufgegeben werden wird. Dagegen dürfte die Re¬
gierung es bald zu beklagen haben, daß sie der Gebirgsartillerie zu wenig
Aufmerksamkeit gewidmet hat. Im übrigen hat die neapolitanische Artillerie,
um deren Ausbildung sich der bekannte General Filangieri Verdienste erworben
hat, viele intelligente und wissenschaftlich gebildete Officiere, von denen nur
der Major Muratti genannt werden mag, der sich durch die Erfindung eines
Systems von gezogenen Kanonen bekannt gemacht hat.

Als eine sehr tüchtige Truppe wird die 1815 eingeführte Gendarmerie


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[0043] Als die Elite der Armee muh die leichte Infanterie bezeichnet werden, Sie hat die tüchtigsten Officiere, und überdies eignet sich der Charakter des Neapolitaners vorzüglich für diese Waffe; auch ist auf ihre Ausbildung und zweckmäßige Ausstattung mit besonderen Eifer hingearbeitet worden. Weit weniger Lob verdient die Linieninfanterie, namentlich wenn man ihre Leistungen mit denen der Schweizer vergleicht. Es fehlt diesen Süditalienern ganz entschieden an dem, was vor allem den Soldaten germanischen Stammes auszeichnet: stramme zuchtgemäße Haltung, Gehorsam vor der Gefahr und Standhaftigkeit in Ertragung von Mühen und Entbehrungen. Die Bewaff¬ nung besteht bei den Linienregimentern durchgehends noch in glatten Geweh¬ ren, während die Jäger theils mit Miniöbüchsen, theils mit gezogenen Ge¬ wehren amerikanischer Erfindung versehen sind. Die Regimenter sind in zwei Bataillone, diese wieder in sechs Compagnien eingetheilt. Jedes Regiment hat 63 Officiere. Die Cavnllerie ist jedenfalls die glänzendste Waffe der neapolitanischen Armee. Sie reitet gleich der spanischen nur Hengste, von denen die Mehr¬ zahl aus Apulien und Calnvrien kommt und nach Bau und Charakter die Abkunft von arabischen Thieren dieser Gattung verräth. Auch die Manovnr- fähigkeit der Schwadronen in großem Massen wird von Manchen gelobt. Dagegen warf man ihr Mangelhaftigkeit in Instruction und Detaildienst vor, die indeß in den letzten Jahren durch die in Caserta eingerichtete Normal- cquitationsschule bedeutend abgenommen haben soll. Jedes Regiment der¬ selben hat vier Schwadronen und zählt 33 Officiere. Die Artillerie ist im Verhältniß zur Stärke des Heeres und der Aus¬ dehnung des Landes zu schwach. Sie besteht, wie bemerkt, aus zwei Regi¬ mentern, die in drei Bataillone, zwei Feld- und ein Festungsbataillon zer¬ fallen und zusammen 16 Feldbntterien zu je acht Geschützen, also im Ganzen 128, oder mit Hinzurechnung der reitenden Batterie 136 Geschütze haben. An Pferden und Maulthieren hat die Artillerie und der Train gegen 2000 Stück. Daß die Raketenartillerie nicht besonders ausgebildet ist. scheint uns kein großer Schade zu sein, da dieser Zweig des Geschützwesens, wie der letzte italienische Krieg zeigte, keine sehr wesentliche Bedeutung hat und in Folge dessen mit der Zeit aufgegeben werden wird. Dagegen dürfte die Re¬ gierung es bald zu beklagen haben, daß sie der Gebirgsartillerie zu wenig Aufmerksamkeit gewidmet hat. Im übrigen hat die neapolitanische Artillerie, um deren Ausbildung sich der bekannte General Filangieri Verdienste erworben hat, viele intelligente und wissenschaftlich gebildete Officiere, von denen nur der Major Muratti genannt werden mag, der sich durch die Erfindung eines Systems von gezogenen Kanonen bekannt gemacht hat. Als eine sehr tüchtige Truppe wird die 1815 eingeführte Gendarmerie

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 19, 1860, II. Semester. III. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341594_109805/43>, abgerufen am 24.07.2024.