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Die Grenzboten. Jg. 19, 1860, II. Semester. III. Band.

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mit Bluthunden zu Tode gehetzt, im günstigsten Falle aber im Namen der
Civilisation in einen Vernichtungskampf verwickelt.

Im December 1806 verlangte Jefferson in seiner Botschaft: daß vom
1. Januar 1808 an jede Sklaveneinfuhr aufhören solle, da mit diesem Tage
die Competenz über diese Frage dem Congresse anheimfiel. Die bei dieser
Gelegenheit im Repräsentantenhause geführte Debatte zeichnete sich durch
große Gereiztheit aus und bewies, bis zu welchem Grade schon die offene
Verhöhnung der ursprünglichen Gesinnungen zu gehen wagte. Doch am
26. Februar 1807 wurden die endgiltigen Bestimmungen dahin festgesetzt:
"Alle Personen, die beim Ausrüsten eines Sklavenschiffes betroffen werden,
trifft Verlust des Schiffes und 20000 Dollar Strafe; dagegen 5000 Dollar
und Verlust des Schiffes diejenigen, welche einen Neger oder Farbigen an
Bord nehmen, um ihn als Sklaven in den Vereinigten Staaten zu verkaufen.
Wer wirklich aus einem fremden Lande eine Person in die Vereinigten Staa¬
ten bringt und sie hier als Sklaven verkauft, wird mit Gefängniß von nicht
weniger als fünf und nicht mehr als zehn Jahren und mit einer Geldstrafe
von 5000 Dollar bestraft."

Den in den nächsten Jahren auftauchenden äußern Verwickelungen und
dem daraus hervorgehenden Kriege von 1812 bis 1814 mit England ist es
zuzuschreiben, daß die Sklavenfrage eine Zeit lang ruhte; wenngleich noch wäh¬
rend des Krieges der Sklavenhandel betrieben ward. Aber die damit ver¬
bundene Gefahr und die Verfolgung beider kriegführenden Mächte verhinder¬
ten doch eine dem Bedürfniß entsprechende Einfuhr, deren Nachfrage mit dem
größeren Verbrauche der Baumwolle sich täglich vermehrte. Um diesem Be¬
dürfnisse nun entgegen zu kommen, bildeten sich im Gebiete der Vereinigten
Staaten Sklavenmärtte, welche die aufblühenden Niederlassungen des Südens
und Südwestens mit regelmüßigen Zufuhren versorgten. Dabei kam es den
Händlern gar nicht darauf an. sich auch auf illegalem Wege ihre Zufuhren
zu verschaffen und so riß bald ein systematisches Stehlen freier Schwarzen
selbst aus freien Staaten ein.

Unter solchen Verhältnissen hatte der Sklavenhandel im Innern nicht
allein seinen ungestörten, sondern sogar seinen vermehrten Fortgang. New-
york und Newjersey, damals selbst noch Sklavenstaaten, verboten, über seine
kolossale Ausdehnung erschrocken, die Ausfuhr von Sklaven aus ihren Gebieten
und wandten sich an den Congreß um Abhilfe. Allein vergebens! selbst die
Sklaveneinsuhr dauerte fort. In Georgia und Alabama wurden im Jahr
1818 etwa 14000 Sklaven importirt. Einige Ladungen wurden zwar con-
fiscire und öffentlich verkauft; aber diese vereinzelten Strafen waren ebenso
wenig geeignet, den öffentlichen Unfug zu unterdrücken, als das im Jahr 1819
angenommene Gesetz, wonach jeder, der zur Habhaftwerdung eines widerrecht-


mit Bluthunden zu Tode gehetzt, im günstigsten Falle aber im Namen der
Civilisation in einen Vernichtungskampf verwickelt.

Im December 1806 verlangte Jefferson in seiner Botschaft: daß vom
1. Januar 1808 an jede Sklaveneinfuhr aufhören solle, da mit diesem Tage
die Competenz über diese Frage dem Congresse anheimfiel. Die bei dieser
Gelegenheit im Repräsentantenhause geführte Debatte zeichnete sich durch
große Gereiztheit aus und bewies, bis zu welchem Grade schon die offene
Verhöhnung der ursprünglichen Gesinnungen zu gehen wagte. Doch am
26. Februar 1807 wurden die endgiltigen Bestimmungen dahin festgesetzt:
„Alle Personen, die beim Ausrüsten eines Sklavenschiffes betroffen werden,
trifft Verlust des Schiffes und 20000 Dollar Strafe; dagegen 5000 Dollar
und Verlust des Schiffes diejenigen, welche einen Neger oder Farbigen an
Bord nehmen, um ihn als Sklaven in den Vereinigten Staaten zu verkaufen.
Wer wirklich aus einem fremden Lande eine Person in die Vereinigten Staa¬
ten bringt und sie hier als Sklaven verkauft, wird mit Gefängniß von nicht
weniger als fünf und nicht mehr als zehn Jahren und mit einer Geldstrafe
von 5000 Dollar bestraft."

Den in den nächsten Jahren auftauchenden äußern Verwickelungen und
dem daraus hervorgehenden Kriege von 1812 bis 1814 mit England ist es
zuzuschreiben, daß die Sklavenfrage eine Zeit lang ruhte; wenngleich noch wäh¬
rend des Krieges der Sklavenhandel betrieben ward. Aber die damit ver¬
bundene Gefahr und die Verfolgung beider kriegführenden Mächte verhinder¬
ten doch eine dem Bedürfniß entsprechende Einfuhr, deren Nachfrage mit dem
größeren Verbrauche der Baumwolle sich täglich vermehrte. Um diesem Be¬
dürfnisse nun entgegen zu kommen, bildeten sich im Gebiete der Vereinigten
Staaten Sklavenmärtte, welche die aufblühenden Niederlassungen des Südens
und Südwestens mit regelmüßigen Zufuhren versorgten. Dabei kam es den
Händlern gar nicht darauf an. sich auch auf illegalem Wege ihre Zufuhren
zu verschaffen und so riß bald ein systematisches Stehlen freier Schwarzen
selbst aus freien Staaten ein.

Unter solchen Verhältnissen hatte der Sklavenhandel im Innern nicht
allein seinen ungestörten, sondern sogar seinen vermehrten Fortgang. New-
york und Newjersey, damals selbst noch Sklavenstaaten, verboten, über seine
kolossale Ausdehnung erschrocken, die Ausfuhr von Sklaven aus ihren Gebieten
und wandten sich an den Congreß um Abhilfe. Allein vergebens! selbst die
Sklaveneinsuhr dauerte fort. In Georgia und Alabama wurden im Jahr
1818 etwa 14000 Sklaven importirt. Einige Ladungen wurden zwar con-
fiscire und öffentlich verkauft; aber diese vereinzelten Strafen waren ebenso
wenig geeignet, den öffentlichen Unfug zu unterdrücken, als das im Jahr 1819
angenommene Gesetz, wonach jeder, der zur Habhaftwerdung eines widerrecht-


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 19, 1860, II. Semester. III. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341594_109805/404>, abgerufen am 04.07.2024.