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Die Grenzboten. Jg. 19, 1860, II. Semester. III. Band.

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gezogene Baumwolle längere und feinere Fasern hatte, als die höher im
Lande gewonnene. So wurden die längs der Küste jener beiden Staaten
hinlaufenden Inseln mit ihrem leichten, lockeren Boden in den Kreis ihrer
Production- gezogen und lieferten bald die berühmte "Sea Island". Durch
die Erfindung und Anwendung der "Cottongin" stieg die Production der
Baumwolle auf einen ganz enormen Betrag und verdrängte den bisher im
Süden vielfach gezogenen Indigo. Die Cottongin ist nämlich eine von Ely
Whitney erfundene Maschine, welche die Baumwolle von ihrem Samen
sondert und im Laufe der Zeit die Handarbeit für diesen Proceß gänzlich
verdrängt hat. Sie förderte die Cultur der Baumwolle im ganzen Süden
der Vereinigten Staaten mächtig und schnell. Die früher in England er¬
fundene Spinnmaschine Jenny hatte die Grundlage zu dem täglich sich ver¬
größernden Consum der Baumwolle gelegt, und jetzt arbeiteten die Erfindungen
beider Welttheile einander in die Hände, um ihr einen kaum geahnten Auf¬
schwung zu geben.

Im Jahr 1791 betrug der Export 189,316 Pfund; 1795 bereits 1,601.760;
dann 1800 schon 17.739.803/, 1810: 93.261.462; 1820: 124,893,405;
1830: 276,979,734 ; 1840: 530,204,100; 1850: 927.237.000 und
1859: 1600 Millionen Pfund oder nahe an 3.530,000 Ballen. Die ge¬
stimmte Ernte velief sich 1859 auf nahe an 4 Millionen Ballen und wurde
zu 208,511,908 Dollar oder 43,439,800 Pfund Sterling verwerthet.

Während der Preis der Baumwolle im Jahr 1790 im Durchschnitt
30--40 Cents per Pfund betrug, war er in Folge der vermehrten Production
im Jahr 1800 schon auf 17--19 Cents; 1810 auf 14--16; 1830 auf 15;
1840 aus 7--10 Cents und 1849 auf 7 Cents gesunken. Im Jahr 1859
kostete die Waare im Durchschnitt 11V- Cents. In den Bereinigten Staaten
werden ungefähr eine Million Sklaven jeglichen Alters beim Anbau der
Pflanze beschäftigt, und diese repräsentiren, nach der gebräuchlichen Annahme
von 150 Pfd. Se. per Kopf ein Capital von 150 Millionen Pfund Sterling
oder 900 Millionen Dollar.

Es ist trostlos, aber eine Thatsache, daß alle Anstrengungen, die Baum¬
wollcultur mittelst freier Arbeiter auf dieselbe Höhe zu bringen, auf welcher
wir sie in den südlichen Staaten der Union durch Sklavenhände gebracht
sehen, bis jetzt gescheitert sind. Die Bemühungen Englands dem Baum¬
wollenbau in seinen Colonien eine große Ausdehnung zu geben, haben den
Erwartungen bis jetzt nicht entsprochen. Im britischen Guyana hat die
Baumwollcultur der Freien die Concurrenz der amerikanischen Sklaven nicht
bestehen können. Während aus den Distrikten von Demerary und Essequebo
zu Anfang dieses Jahrhunderts noch 40--45000 Ballen ausgeführt wurden,
hat die Ausfuhr dieser Colonie jetzt fast ganz aufgehört.


gezogene Baumwolle längere und feinere Fasern hatte, als die höher im
Lande gewonnene. So wurden die längs der Küste jener beiden Staaten
hinlaufenden Inseln mit ihrem leichten, lockeren Boden in den Kreis ihrer
Production- gezogen und lieferten bald die berühmte „Sea Island". Durch
die Erfindung und Anwendung der „Cottongin" stieg die Production der
Baumwolle auf einen ganz enormen Betrag und verdrängte den bisher im
Süden vielfach gezogenen Indigo. Die Cottongin ist nämlich eine von Ely
Whitney erfundene Maschine, welche die Baumwolle von ihrem Samen
sondert und im Laufe der Zeit die Handarbeit für diesen Proceß gänzlich
verdrängt hat. Sie förderte die Cultur der Baumwolle im ganzen Süden
der Vereinigten Staaten mächtig und schnell. Die früher in England er¬
fundene Spinnmaschine Jenny hatte die Grundlage zu dem täglich sich ver¬
größernden Consum der Baumwolle gelegt, und jetzt arbeiteten die Erfindungen
beider Welttheile einander in die Hände, um ihr einen kaum geahnten Auf¬
schwung zu geben.

Im Jahr 1791 betrug der Export 189,316 Pfund; 1795 bereits 1,601.760;
dann 1800 schon 17.739.803/, 1810: 93.261.462; 1820: 124,893,405;
1830: 276,979,734 ; 1840: 530,204,100; 1850: 927.237.000 und
1859: 1600 Millionen Pfund oder nahe an 3.530,000 Ballen. Die ge¬
stimmte Ernte velief sich 1859 auf nahe an 4 Millionen Ballen und wurde
zu 208,511,908 Dollar oder 43,439,800 Pfund Sterling verwerthet.

Während der Preis der Baumwolle im Jahr 1790 im Durchschnitt
30—40 Cents per Pfund betrug, war er in Folge der vermehrten Production
im Jahr 1800 schon auf 17—19 Cents; 1810 auf 14—16; 1830 auf 15;
1840 aus 7—10 Cents und 1849 auf 7 Cents gesunken. Im Jahr 1859
kostete die Waare im Durchschnitt 11V- Cents. In den Bereinigten Staaten
werden ungefähr eine Million Sklaven jeglichen Alters beim Anbau der
Pflanze beschäftigt, und diese repräsentiren, nach der gebräuchlichen Annahme
von 150 Pfd. Se. per Kopf ein Capital von 150 Millionen Pfund Sterling
oder 900 Millionen Dollar.

Es ist trostlos, aber eine Thatsache, daß alle Anstrengungen, die Baum¬
wollcultur mittelst freier Arbeiter auf dieselbe Höhe zu bringen, auf welcher
wir sie in den südlichen Staaten der Union durch Sklavenhände gebracht
sehen, bis jetzt gescheitert sind. Die Bemühungen Englands dem Baum¬
wollenbau in seinen Colonien eine große Ausdehnung zu geben, haben den
Erwartungen bis jetzt nicht entsprochen. Im britischen Guyana hat die
Baumwollcultur der Freien die Concurrenz der amerikanischen Sklaven nicht
bestehen können. Während aus den Distrikten von Demerary und Essequebo
zu Anfang dieses Jahrhunderts noch 40—45000 Ballen ausgeführt wurden,
hat die Ausfuhr dieser Colonie jetzt fast ganz aufgehört.


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 19, 1860, II. Semester. III. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341594_109805/402>, abgerufen am 05.07.2024.