Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 19, 1860, II. Semester. III. Band.

Bild:
<< vorherige Seite

ung tüchtiger Beamten aus andern Theilen der Monarchie. Aber noch
schwerer fällt hierbei die nothwendige Sprachkenntniß in die Wage, wie ein
Blick auf die oben mitgetheilte Verschiedenartigkeit der hier hausenden Volks¬
stämme ergibt. Ein banater Beamter muß wenigstens deutsch, serbisch, un¬
garisch und wallachisch sprechen, erwünscht wird es sein, wenn er auch noch
eine oder die andere slavische Sprache, slavcikisch oder böhmisch spricht. Darin liegt
es, daß die Auswahl für banater Beamte nicht groß sein kann, und deshalb
"scheint der Vorwurf, welchen man der Negierung wol gemacht hat, daß sie
bei der neuen Organisation in Ungarn und in dem Banate in Bezug aus
die Auswahl der Beamten nicht mit der entsprechenden, einen guten Erfolg
sichernden Umsicht zu Werke gegangen sei, nicht ganz gerechtfertigt. Die erste
Bedingung, um als Beamter mit dem Volke in befriedigender Weise ver¬
kehren zu können, bleibt doch immer die, daß man sich in seiner Sprache mit
ihm verständlich machen kann.

Dazu kam noch, daß, als nach der Revolution von 1843 und 49 die neue
Organisation ins Leben trat, ein um so größerer Mangel an Beamten war
weil von den früheren zu viele politisch compromittnt waren und deshalb
nicht angestellt werden konnten. Daher wurden theilweise vollkommen un¬
fähige Männer, die nicht einmal die nöthigen juridischen Studien nachzuweisen
vermochte angestellt; selbst simple Schreiber und derartige untergeordneten, Per¬
sonen, machten dabei ihr Glück.

Soll der Beamte in seinem Kreise wahrhaft segensreich wirken, so muß
er in seinem bürgerlichen Leben, ebenso wie im dienstlichen, unantastbar hoch
stehn. Er muß nicht nur tüchtig als Beamter, sondern auch sittlich und
human als Mensch sein. Und das wird gegenüber einer zwar rohen, aber
nichts weniger als unbegabten und fühllosen Bevölkerung, wie die Wallachen
und Serben sind, um so mehr nothwendig. Ohne den vielen tüchtigen und
redlichen Beamten, welche Oestreich ohne Zweifel besitzt, zu nahe treten zu
wollen, muß man doch gestehn, daß in dieser Beziehung über die östreichischen
Beamten im Allgemeinen ein ungünstiges Urtheil gefällt wird. In der That
scheinen manche leichter zugänglich zu sein, wenn die in der Sache liegenden
Gründe mit Gaben und Geschenken unterstützt werden. Die allgemeine Stimme
spricht sich darüber sehr deutlich aus, und mögen deshalb manche mir darüber
erzählte Details auf sich beruhen.

Unverkennbar aber steht dieser Punkt mit der schlechten Bezahlung der
Beamten in Verbindung. Wenn z. B. ein Mann in einem so ausgedehnten
Wirkungskreise, wie der Vorstand eines Bezirksamtes, nur 1050 Gulden sser.
Währung Besoldung nebst freier Wohnung bezieht, so mochte das früher, wo
im Banate ein sprichwörtlich wohlfeiles Leben war, wol genügen, jetzt aber
gewiß nicht, um sich und eine Familie standesgemäß zu unterhalten. Letzteres


Grenzboten III. 1L60. 48

ung tüchtiger Beamten aus andern Theilen der Monarchie. Aber noch
schwerer fällt hierbei die nothwendige Sprachkenntniß in die Wage, wie ein
Blick auf die oben mitgetheilte Verschiedenartigkeit der hier hausenden Volks¬
stämme ergibt. Ein banater Beamter muß wenigstens deutsch, serbisch, un¬
garisch und wallachisch sprechen, erwünscht wird es sein, wenn er auch noch
eine oder die andere slavische Sprache, slavcikisch oder böhmisch spricht. Darin liegt
es, daß die Auswahl für banater Beamte nicht groß sein kann, und deshalb
«scheint der Vorwurf, welchen man der Negierung wol gemacht hat, daß sie
bei der neuen Organisation in Ungarn und in dem Banate in Bezug aus
die Auswahl der Beamten nicht mit der entsprechenden, einen guten Erfolg
sichernden Umsicht zu Werke gegangen sei, nicht ganz gerechtfertigt. Die erste
Bedingung, um als Beamter mit dem Volke in befriedigender Weise ver¬
kehren zu können, bleibt doch immer die, daß man sich in seiner Sprache mit
ihm verständlich machen kann.

Dazu kam noch, daß, als nach der Revolution von 1843 und 49 die neue
Organisation ins Leben trat, ein um so größerer Mangel an Beamten war
weil von den früheren zu viele politisch compromittnt waren und deshalb
nicht angestellt werden konnten. Daher wurden theilweise vollkommen un¬
fähige Männer, die nicht einmal die nöthigen juridischen Studien nachzuweisen
vermochte angestellt; selbst simple Schreiber und derartige untergeordneten, Per¬
sonen, machten dabei ihr Glück.

Soll der Beamte in seinem Kreise wahrhaft segensreich wirken, so muß
er in seinem bürgerlichen Leben, ebenso wie im dienstlichen, unantastbar hoch
stehn. Er muß nicht nur tüchtig als Beamter, sondern auch sittlich und
human als Mensch sein. Und das wird gegenüber einer zwar rohen, aber
nichts weniger als unbegabten und fühllosen Bevölkerung, wie die Wallachen
und Serben sind, um so mehr nothwendig. Ohne den vielen tüchtigen und
redlichen Beamten, welche Oestreich ohne Zweifel besitzt, zu nahe treten zu
wollen, muß man doch gestehn, daß in dieser Beziehung über die östreichischen
Beamten im Allgemeinen ein ungünstiges Urtheil gefällt wird. In der That
scheinen manche leichter zugänglich zu sein, wenn die in der Sache liegenden
Gründe mit Gaben und Geschenken unterstützt werden. Die allgemeine Stimme
spricht sich darüber sehr deutlich aus, und mögen deshalb manche mir darüber
erzählte Details auf sich beruhen.

Unverkennbar aber steht dieser Punkt mit der schlechten Bezahlung der
Beamten in Verbindung. Wenn z. B. ein Mann in einem so ausgedehnten
Wirkungskreise, wie der Vorstand eines Bezirksamtes, nur 1050 Gulden sser.
Währung Besoldung nebst freier Wohnung bezieht, so mochte das früher, wo
im Banate ein sprichwörtlich wohlfeiles Leben war, wol genügen, jetzt aber
gewiß nicht, um sich und eine Familie standesgemäß zu unterhalten. Letzteres


Grenzboten III. 1L60. 48
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <pb facs="#f0389" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/110195"/>
          <p xml:id="ID_1125" prev="#ID_1124"> ung tüchtiger Beamten aus andern Theilen der Monarchie. Aber noch<lb/>
schwerer fällt hierbei die nothwendige Sprachkenntniß in die Wage, wie ein<lb/>
Blick auf die oben mitgetheilte Verschiedenartigkeit der hier hausenden Volks¬<lb/>
stämme ergibt. Ein banater Beamter muß wenigstens deutsch, serbisch, un¬<lb/>
garisch und wallachisch sprechen, erwünscht wird es sein, wenn er auch noch<lb/>
eine oder die andere slavische Sprache, slavcikisch oder böhmisch spricht. Darin liegt<lb/>
es, daß die Auswahl für banater Beamte nicht groß sein kann, und deshalb<lb/>
«scheint der Vorwurf, welchen man der Negierung wol gemacht hat, daß sie<lb/>
bei der neuen Organisation in Ungarn und in dem Banate in Bezug aus<lb/>
die Auswahl der Beamten nicht mit der entsprechenden, einen guten Erfolg<lb/>
sichernden Umsicht zu Werke gegangen sei, nicht ganz gerechtfertigt. Die erste<lb/>
Bedingung, um als Beamter mit dem Volke in befriedigender Weise ver¬<lb/>
kehren zu können, bleibt doch immer die, daß man sich in seiner Sprache mit<lb/>
ihm verständlich machen kann.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_1126"> Dazu kam noch, daß, als nach der Revolution von 1843 und 49 die neue<lb/>
Organisation ins Leben trat, ein um so größerer Mangel an Beamten war<lb/>
weil von den früheren zu viele politisch compromittnt waren und deshalb<lb/>
nicht angestellt werden konnten. Daher wurden theilweise vollkommen un¬<lb/>
fähige Männer, die nicht einmal die nöthigen juridischen Studien nachzuweisen<lb/>
vermochte angestellt; selbst simple Schreiber und derartige untergeordneten, Per¬<lb/>
sonen, machten dabei ihr Glück.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_1127"> Soll der Beamte in seinem Kreise wahrhaft segensreich wirken, so muß<lb/>
er in seinem bürgerlichen Leben, ebenso wie im dienstlichen, unantastbar hoch<lb/>
stehn. Er muß nicht nur tüchtig als Beamter, sondern auch sittlich und<lb/>
human als Mensch sein. Und das wird gegenüber einer zwar rohen, aber<lb/>
nichts weniger als unbegabten und fühllosen Bevölkerung, wie die Wallachen<lb/>
und Serben sind, um so mehr nothwendig. Ohne den vielen tüchtigen und<lb/>
redlichen Beamten, welche Oestreich ohne Zweifel besitzt, zu nahe treten zu<lb/>
wollen, muß man doch gestehn, daß in dieser Beziehung über die östreichischen<lb/>
Beamten im Allgemeinen ein ungünstiges Urtheil gefällt wird. In der That<lb/>
scheinen manche leichter zugänglich zu sein, wenn die in der Sache liegenden<lb/>
Gründe mit Gaben und Geschenken unterstützt werden. Die allgemeine Stimme<lb/>
spricht sich darüber sehr deutlich aus, und mögen deshalb manche mir darüber<lb/>
erzählte Details auf sich beruhen.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_1128" next="#ID_1129"> Unverkennbar aber steht dieser Punkt mit der schlechten Bezahlung der<lb/>
Beamten in Verbindung. Wenn z. B. ein Mann in einem so ausgedehnten<lb/>
Wirkungskreise, wie der Vorstand eines Bezirksamtes, nur 1050 Gulden sser.<lb/>
Währung Besoldung nebst freier Wohnung bezieht, so mochte das früher, wo<lb/>
im Banate ein sprichwörtlich wohlfeiles Leben war, wol genügen, jetzt aber<lb/>
gewiß nicht, um sich und eine Familie standesgemäß zu unterhalten. Letzteres</p><lb/>
          <fw type="sig" place="bottom"> Grenzboten III. 1L60. 48</fw><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0389] ung tüchtiger Beamten aus andern Theilen der Monarchie. Aber noch schwerer fällt hierbei die nothwendige Sprachkenntniß in die Wage, wie ein Blick auf die oben mitgetheilte Verschiedenartigkeit der hier hausenden Volks¬ stämme ergibt. Ein banater Beamter muß wenigstens deutsch, serbisch, un¬ garisch und wallachisch sprechen, erwünscht wird es sein, wenn er auch noch eine oder die andere slavische Sprache, slavcikisch oder böhmisch spricht. Darin liegt es, daß die Auswahl für banater Beamte nicht groß sein kann, und deshalb «scheint der Vorwurf, welchen man der Negierung wol gemacht hat, daß sie bei der neuen Organisation in Ungarn und in dem Banate in Bezug aus die Auswahl der Beamten nicht mit der entsprechenden, einen guten Erfolg sichernden Umsicht zu Werke gegangen sei, nicht ganz gerechtfertigt. Die erste Bedingung, um als Beamter mit dem Volke in befriedigender Weise ver¬ kehren zu können, bleibt doch immer die, daß man sich in seiner Sprache mit ihm verständlich machen kann. Dazu kam noch, daß, als nach der Revolution von 1843 und 49 die neue Organisation ins Leben trat, ein um so größerer Mangel an Beamten war weil von den früheren zu viele politisch compromittnt waren und deshalb nicht angestellt werden konnten. Daher wurden theilweise vollkommen un¬ fähige Männer, die nicht einmal die nöthigen juridischen Studien nachzuweisen vermochte angestellt; selbst simple Schreiber und derartige untergeordneten, Per¬ sonen, machten dabei ihr Glück. Soll der Beamte in seinem Kreise wahrhaft segensreich wirken, so muß er in seinem bürgerlichen Leben, ebenso wie im dienstlichen, unantastbar hoch stehn. Er muß nicht nur tüchtig als Beamter, sondern auch sittlich und human als Mensch sein. Und das wird gegenüber einer zwar rohen, aber nichts weniger als unbegabten und fühllosen Bevölkerung, wie die Wallachen und Serben sind, um so mehr nothwendig. Ohne den vielen tüchtigen und redlichen Beamten, welche Oestreich ohne Zweifel besitzt, zu nahe treten zu wollen, muß man doch gestehn, daß in dieser Beziehung über die östreichischen Beamten im Allgemeinen ein ungünstiges Urtheil gefällt wird. In der That scheinen manche leichter zugänglich zu sein, wenn die in der Sache liegenden Gründe mit Gaben und Geschenken unterstützt werden. Die allgemeine Stimme spricht sich darüber sehr deutlich aus, und mögen deshalb manche mir darüber erzählte Details auf sich beruhen. Unverkennbar aber steht dieser Punkt mit der schlechten Bezahlung der Beamten in Verbindung. Wenn z. B. ein Mann in einem so ausgedehnten Wirkungskreise, wie der Vorstand eines Bezirksamtes, nur 1050 Gulden sser. Währung Besoldung nebst freier Wohnung bezieht, so mochte das früher, wo im Banate ein sprichwörtlich wohlfeiles Leben war, wol genügen, jetzt aber gewiß nicht, um sich und eine Familie standesgemäß zu unterhalten. Letzteres Grenzboten III. 1L60. 48

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341594_109805
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341594_109805/389
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 19, 1860, II. Semester. III. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341594_109805/389>, abgerufen am 25.07.2024.