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Die Grenzboten. Jg. 19, 1860, II. Semester. III. Band.

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Auch wir gehen von der Voraussetzung aus. daß eine Umgestaltung der
bestehenden Verfassung wünschenswert!) und geboten ist, daß eine Repräsen¬
tativverfassung da, wo sie der politischen Bildung der Staatsbürger entspricht,
die zweckmäßigste und den Grundsätzen der Gegenwart angemessenste ist. Für
Mecklenburg scheint uns eine reine Repräsentativverfassung aber sehr bedenklich,
nicht nur weil eine solche mit dem Bestehenden ohne alle weitere Anknüpfungs¬
punkte drinkt. sondern auch weil sie das Wohl des Staates in Hände legt,
welche mindestens ungeeignet genannt werden müssen. Auch ein Census ist
hier nicht anwendbar, da in unserem Lande der Mittelstand in zu geringer
Zahl, und in den ländlichen ritterschaftlichen Districten fast gar nicht be¬
steht. Jener würde entweder eine sehr zahlreiche Classe bestimmt ausschlie¬
ßen, was lunter den obwaltenden Umständen das Beste sein würde, oder er
würde sie zulassen und dann bei jeder Repräsentantenwahl die Entscheidung
in ihre Hände geben. Die aus der Wahl hervorgegangen"!" Abgeordneten-
Versammlungen der Jahre 1848 und 49 haben dies zur Genüge gezeigt, und
deshalb halten wir es auch für gänzlich verfehlt, wenn man der bestehenden
Landesvertretung den Antrag stellt, sie solle auf Grund der Verfassungsarbeiten
von 1849 einen Weiterbau veranstalten. Man kann nicht von dieser Versamm¬
lung erwarten, daß sie sich ungezwungen selbst todten solle; daß sie dies aber
in jenem Falle thun würde, ist sicher. Was man allein hoffen und mit Aus¬
sicht auf Erfolg anstreben kann, ist eine an das Bestehende anknüpfende, aber
dasselbe zum Repräscntntivsystcme erweiternde Verfassung. Wir glauben, daß
zu einer solchen die Grundzüge in den gegenwärtigen Verhältnissen gegeben sind.

Gewiß wird man sich nicht weigern zuzugestehen, daß die Besitzverhält¬
nisse in diesem Ackerbaustaate zunächst berücksichtigt werden müssen, und daß
die Stellung, welche der Besitz bisher verliehen hat. nicht ohne Weiteres um¬
gestürzt werden dürfe. Ueber den Besitz im Allgemeinen haben wir zur Ge¬
nüge gesprochen, wir werden jetzt noch einige specielle Nachweisungen geben.

Die 323 bürgerlichen Gutsbesitzer in Mecklenburg-Schwerin besitzen in
runder Summe 1080 Hufen, es fällt also auf jeden ein Besitz von 3,34 Husen.

Die 298 adligen Gutsbesitzer, mit Ausschluß zweier fürstlichen, besitzen in
runder Summe 2000 Hufen, es fällt also auf jeden ein Besitz von 6,71 Hufen.

Unter den letzteren sind 125 Besitzer, welche 17 Familien des s. g> ein¬
geborenen oder alten Adels angehören, und diese haben einen Huscnstand von
1035 Hufen oder jeder 8,28 Hufen.

Die 19 bürgerlichen Gutsbesitzer in Mecklenburg-Strelitz besitzen in runder
Summe 150, oder jeder durchschnittlich 7,89 Hufen.

Die 34 adligen besitzen ebenso 300 oder auf den Kopf 8,82 Hufen.

Unter letzteren sind 13 Gutsbesitzer aus 5 Familien des alten Adels mit
Susannen 140 oder durchschnittlich jeder 10,77 Hufen.


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Auch wir gehen von der Voraussetzung aus. daß eine Umgestaltung der
bestehenden Verfassung wünschenswert!) und geboten ist, daß eine Repräsen¬
tativverfassung da, wo sie der politischen Bildung der Staatsbürger entspricht,
die zweckmäßigste und den Grundsätzen der Gegenwart angemessenste ist. Für
Mecklenburg scheint uns eine reine Repräsentativverfassung aber sehr bedenklich,
nicht nur weil eine solche mit dem Bestehenden ohne alle weitere Anknüpfungs¬
punkte drinkt. sondern auch weil sie das Wohl des Staates in Hände legt,
welche mindestens ungeeignet genannt werden müssen. Auch ein Census ist
hier nicht anwendbar, da in unserem Lande der Mittelstand in zu geringer
Zahl, und in den ländlichen ritterschaftlichen Districten fast gar nicht be¬
steht. Jener würde entweder eine sehr zahlreiche Classe bestimmt ausschlie¬
ßen, was lunter den obwaltenden Umständen das Beste sein würde, oder er
würde sie zulassen und dann bei jeder Repräsentantenwahl die Entscheidung
in ihre Hände geben. Die aus der Wahl hervorgegangen«!» Abgeordneten-
Versammlungen der Jahre 1848 und 49 haben dies zur Genüge gezeigt, und
deshalb halten wir es auch für gänzlich verfehlt, wenn man der bestehenden
Landesvertretung den Antrag stellt, sie solle auf Grund der Verfassungsarbeiten
von 1849 einen Weiterbau veranstalten. Man kann nicht von dieser Versamm¬
lung erwarten, daß sie sich ungezwungen selbst todten solle; daß sie dies aber
in jenem Falle thun würde, ist sicher. Was man allein hoffen und mit Aus¬
sicht auf Erfolg anstreben kann, ist eine an das Bestehende anknüpfende, aber
dasselbe zum Repräscntntivsystcme erweiternde Verfassung. Wir glauben, daß
zu einer solchen die Grundzüge in den gegenwärtigen Verhältnissen gegeben sind.

Gewiß wird man sich nicht weigern zuzugestehen, daß die Besitzverhält¬
nisse in diesem Ackerbaustaate zunächst berücksichtigt werden müssen, und daß
die Stellung, welche der Besitz bisher verliehen hat. nicht ohne Weiteres um¬
gestürzt werden dürfe. Ueber den Besitz im Allgemeinen haben wir zur Ge¬
nüge gesprochen, wir werden jetzt noch einige specielle Nachweisungen geben.

Die 323 bürgerlichen Gutsbesitzer in Mecklenburg-Schwerin besitzen in
runder Summe 1080 Hufen, es fällt also auf jeden ein Besitz von 3,34 Husen.

Die 298 adligen Gutsbesitzer, mit Ausschluß zweier fürstlichen, besitzen in
runder Summe 2000 Hufen, es fällt also auf jeden ein Besitz von 6,71 Hufen.

Unter den letzteren sind 125 Besitzer, welche 17 Familien des s. g> ein¬
geborenen oder alten Adels angehören, und diese haben einen Huscnstand von
1035 Hufen oder jeder 8,28 Hufen.

Die 19 bürgerlichen Gutsbesitzer in Mecklenburg-Strelitz besitzen in runder
Summe 150, oder jeder durchschnittlich 7,89 Hufen.

Die 34 adligen besitzen ebenso 300 oder auf den Kopf 8,82 Hufen.

Unter letzteren sind 13 Gutsbesitzer aus 5 Familien des alten Adels mit
Susannen 140 oder durchschnittlich jeder 10,77 Hufen.


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 19, 1860, II. Semester. III. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341594_109805/279>, abgerufen am 25.07.2024.