Die Grenzboten. Jg. 19, 1860, II. Semester. III. Band.erwartete politische Ereignisse in den organischen Gang der bisherigen Ent¬ Die Nothwendigkeit einer solchen Regelung ist nicht nur von der deut¬ erwartete politische Ereignisse in den organischen Gang der bisherigen Ent¬ Die Nothwendigkeit einer solchen Regelung ist nicht nur von der deut¬ <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0170" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/109976"/> <p xml:id="ID_453" prev="#ID_452"> erwartete politische Ereignisse in den organischen Gang der bisherigen Ent¬<lb/> wicklung eingreifen, die deutsche Nation, deren Gcwerbtreibende bisher nicht<lb/> wegen Mangel an Tüchtigkeit, sondern wegen Mangel an Spielraum für diese<lb/> Tüchtigkeit, hinter denen der übrigen Culturstaaten merklich zurückstanden, auch<lb/> in dieser Hinsicht die ihr gebührende Stellung einnehmen wird. Dazu aber<lb/> bedarf es einer gemeinschaftlichen Regelung der Vorschriften über Gewerbe-,<lb/> Heiraths- und Nicderlassungsbefugnisse zwischen den Regierungen der verschie¬<lb/> denen deutschen Einzelstaaten; denn nur hierdurch lassen sich üble Folgen im<lb/> Voraus beseitigen. Eine solche Vereinbarung müßte, um nicht unüberwind¬<lb/> lichen Hindernissen zu begegnen, um nicht wenigstens um Jahrzehnte verzögert<lb/> zu werden, nicht am Bunde, sondern auf dem Wege von Einzel-<lb/> convcntionen, wie einst der Zollverein, versucht werden. Sie müßte<lb/> sodann auf der Grundlage stattfinden, daß jeder Angehörige der contrahiren-<lb/> den Staaten das von dem Bürgerrecht, von dem Nachweis eines bestimmten<lb/> Lebensalters, oder eines festgestellten Lehrganges, von einer Befähigungsprüfung<lb/> und von Civilstand und Geschlecht unabhängige Macht hat. an jedem Ort des<lb/> Gcsammtgebietes der zusammentretender Länder jeden gesetzlich nicht verbotenen<lb/> Nahrungszweig zu betreiben, ohne dazu irgend einer Concession zu bedürfen<lb/> — unbeschadet natürlich der durch die Vereinbarung namhaft zu machenden<lb/> wenigen einzelnen Gewerbe, bei welchen, (wie bei Apothekern, Auswanderungs-<lb/> agentuien u. d. in.) ans Rücksichten der öffeatlichen Wohlfahrt die Concessionser¬<lb/> theilung nicht zu umgehen wäre. Als Basis der gemeinschaftlichen Regulirung<lb/> dieser Angelegenheit müßte ferner der Satz gelten, daß jeder Angehörige der<lb/> oertragabschließenden Regierungen, welcher in einem der Staaten des Vereins<lb/> Bürger- oder Heimathsrechte hat, in dem Gescunmtgebiet dieses Vereins zur<lb/> Niederlassung an jedem Ort berechtigt ist und nur dann ausgewiesen werden<lb/> kann, wenn er der Armenunterstützung anheimfällt, wegen gemeiner Verbrechen<lb/> Strafe erleidet oder durch andere genau zu bezeichnende Handlungen die öffent¬<lb/> liche Sicherheit und Ordnung gefährdet. Neben dieser Niederlassungsbefugniß<lb/> müßte das^ursprüngliche Heimaths- und Gemeindevürgerrecht fortbestehen und<lb/> in einer Verständigung über die Erf^dcrnisse zur Erwerbung des Gemeinde-<lb/> bürgerrcchts. über die Voraussetzungen einer Naturalisation und über die Ver¬<lb/> pflichtung zur Annahme eines Landesindigennts die nöthigen Bürgschaften für<lb/> die Integrität des Gemeindeverbandes und für den Schutz des Gemeindebud-<lb/> gcts gegen Ueberlastung Hegeben werden.</p><lb/> <p xml:id="ID_454" next="#ID_455"> Die Nothwendigkeit einer solchen Regelung ist nicht nur von der deut¬<lb/> schen Nationalversammlung anerkannt worden, indem der dritte Paragraph der<lb/> „Grundrechte" mittelbar zugibt, daß die dort verkündigten allgemeinen Rechte<lb/> ohne ein allgenuines Gewerbe- und Heimathsgesetz (dessen Ausarbeitung sich<lb/> die Versammlung vorbehielt) unpraktisch seien, auch die badische Regierung</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0170]
erwartete politische Ereignisse in den organischen Gang der bisherigen Ent¬
wicklung eingreifen, die deutsche Nation, deren Gcwerbtreibende bisher nicht
wegen Mangel an Tüchtigkeit, sondern wegen Mangel an Spielraum für diese
Tüchtigkeit, hinter denen der übrigen Culturstaaten merklich zurückstanden, auch
in dieser Hinsicht die ihr gebührende Stellung einnehmen wird. Dazu aber
bedarf es einer gemeinschaftlichen Regelung der Vorschriften über Gewerbe-,
Heiraths- und Nicderlassungsbefugnisse zwischen den Regierungen der verschie¬
denen deutschen Einzelstaaten; denn nur hierdurch lassen sich üble Folgen im
Voraus beseitigen. Eine solche Vereinbarung müßte, um nicht unüberwind¬
lichen Hindernissen zu begegnen, um nicht wenigstens um Jahrzehnte verzögert
zu werden, nicht am Bunde, sondern auf dem Wege von Einzel-
convcntionen, wie einst der Zollverein, versucht werden. Sie müßte
sodann auf der Grundlage stattfinden, daß jeder Angehörige der contrahiren-
den Staaten das von dem Bürgerrecht, von dem Nachweis eines bestimmten
Lebensalters, oder eines festgestellten Lehrganges, von einer Befähigungsprüfung
und von Civilstand und Geschlecht unabhängige Macht hat. an jedem Ort des
Gcsammtgebietes der zusammentretender Länder jeden gesetzlich nicht verbotenen
Nahrungszweig zu betreiben, ohne dazu irgend einer Concession zu bedürfen
— unbeschadet natürlich der durch die Vereinbarung namhaft zu machenden
wenigen einzelnen Gewerbe, bei welchen, (wie bei Apothekern, Auswanderungs-
agentuien u. d. in.) ans Rücksichten der öffeatlichen Wohlfahrt die Concessionser¬
theilung nicht zu umgehen wäre. Als Basis der gemeinschaftlichen Regulirung
dieser Angelegenheit müßte ferner der Satz gelten, daß jeder Angehörige der
oertragabschließenden Regierungen, welcher in einem der Staaten des Vereins
Bürger- oder Heimathsrechte hat, in dem Gescunmtgebiet dieses Vereins zur
Niederlassung an jedem Ort berechtigt ist und nur dann ausgewiesen werden
kann, wenn er der Armenunterstützung anheimfällt, wegen gemeiner Verbrechen
Strafe erleidet oder durch andere genau zu bezeichnende Handlungen die öffent¬
liche Sicherheit und Ordnung gefährdet. Neben dieser Niederlassungsbefugniß
müßte das^ursprüngliche Heimaths- und Gemeindevürgerrecht fortbestehen und
in einer Verständigung über die Erf^dcrnisse zur Erwerbung des Gemeinde-
bürgerrcchts. über die Voraussetzungen einer Naturalisation und über die Ver¬
pflichtung zur Annahme eines Landesindigennts die nöthigen Bürgschaften für
die Integrität des Gemeindeverbandes und für den Schutz des Gemeindebud-
gcts gegen Ueberlastung Hegeben werden.
Die Nothwendigkeit einer solchen Regelung ist nicht nur von der deut¬
schen Nationalversammlung anerkannt worden, indem der dritte Paragraph der
„Grundrechte" mittelbar zugibt, daß die dort verkündigten allgemeinen Rechte
ohne ein allgenuines Gewerbe- und Heimathsgesetz (dessen Ausarbeitung sich
die Versammlung vorbehielt) unpraktisch seien, auch die badische Regierung
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