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Die Grenzboten. Jg. 19, 1860, I. Semester. I. Band.

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tung jenes Herzogtums nicht ändert. Die jetzt geschleifte Eiderfestung Rends¬
burg war ein Platz, dessen Bedeutung in militärischer Beziehung vielfach ver¬
säumt worden ist. Als eine Festung mit befestigtem Lager würde Rendsburg
die Ost- und Nordseeküste Holsteins sowie die Eider decken und so bis zu
einem gewissen Grade das Land von der Elbe bis zur Trave vor einer feind¬
lichen Landung sichern, indem es jede solche, die auf diesen Strecken erfolgen
sollte, in den Rücken nähme. Man hat demnach mit ihm einen äußerst wichtigen
Posten aufgegeben. -- Der übrige Theil der Ostseeküste gehört Mecklenburg
und Preußen; letzteres hat für die Sicherheit derselben sehr viel, ersteres bis
jetzt gar nichts gethan. Stralsund, Stettin, Kolberg, Danzig, Königsberg
und Pillau sind stark befestigt, auch legt Preußen einen Kriegshafen auf
Rügen an. Stralsund und Kolberg sind vorgeschobene Posten von Stettin,
mit dem sie ein Vertheidigungsnetz bilden, das zweite besteht aus Danzig,
Königsberg, Pillnu, Graudenz und Thorn. -- Schlimm steht es dagegen mit
Lübeck und Mecklenburg, die keine einzige Festung, keine vorbereitete Verthei¬
digungsstellung und gar keinen Schutz für ihre Küsten haben, und deshalb
in erster Linie aus Preußen angewiesen sind. Als Centralpunkt mußte hier
das preußische Wittenberge stark befestigt werden, es ist dies ein Hnuptüber-
gcmg über die Elbe, und jeder in Mecklenburg lautende Feind müßte bei
seinem Vorrücken in dem Festungsdreieck Wittenberge, Stettin und Stralsund
operiren und Hütte noch überdies Rendsburg im Rücken, wäre mithin in
allen seinen Bewegungen gehemmt und bedroht. Eine andere Reservestellung
wäre Spandau, Magdeburg und Hannover. Bei einer solchen Anordnung
der Vertheidigung ist den feindlichen Flotten das Einlaufen in die Haupt¬
flüsse verlegt, und da unsere Haupthandelsplätze nicht unmittelbar am Meer,
sondern an Flüssen mehr landeinwärts liegen, so sind sie leicht zu decken;
denn jeder Fluß bildet für eine Flotte ein langes DeMe. in dem sie von zwei
Seiten angegriffen werden kann ohne ihre volle Macht auf einem Punkte ent¬
falten zu können. Diese Desilees müssen gesperrt werden, es ist nicht noth¬
wendig, daß dies durch eine ununterbrochene Reihe von Batterien geschehe, es
genügen einzelne casemattirte. starke Forts, die auch nach der Landseite vcr-
theidigungsfähig, vor allem sturmfrei sind, sobald man sie so anlegt, daß ihr
Feuer sich kreuzt und sich gegenseitig unterstützt, wozu die Windungen jener
Flüsse vielfach Gelegenheit geben. Die Anlage dieser casemattirten Batterien
muß aber so solid als möglich sein, um dem Feuer der schweren Schiffsge¬
schütze widerstehen zu können, auch müssen sie mit einer großen Zahl Geschütze
armirt sein, um über jene die Oberhand zu gewinnen.

Die rückwärtsliegenden Festungen, Centralfestungen, wie wir sie nennen,
haben einen doppelten, einen offensiven und defensiven Zweck, sie sollen des¬
halb Festungen ersten Ranges mit einem befestigten Lager sein. In diesem


Grenzboten I. 1360. 4y

tung jenes Herzogtums nicht ändert. Die jetzt geschleifte Eiderfestung Rends¬
burg war ein Platz, dessen Bedeutung in militärischer Beziehung vielfach ver¬
säumt worden ist. Als eine Festung mit befestigtem Lager würde Rendsburg
die Ost- und Nordseeküste Holsteins sowie die Eider decken und so bis zu
einem gewissen Grade das Land von der Elbe bis zur Trave vor einer feind¬
lichen Landung sichern, indem es jede solche, die auf diesen Strecken erfolgen
sollte, in den Rücken nähme. Man hat demnach mit ihm einen äußerst wichtigen
Posten aufgegeben. — Der übrige Theil der Ostseeküste gehört Mecklenburg
und Preußen; letzteres hat für die Sicherheit derselben sehr viel, ersteres bis
jetzt gar nichts gethan. Stralsund, Stettin, Kolberg, Danzig, Königsberg
und Pillau sind stark befestigt, auch legt Preußen einen Kriegshafen auf
Rügen an. Stralsund und Kolberg sind vorgeschobene Posten von Stettin,
mit dem sie ein Vertheidigungsnetz bilden, das zweite besteht aus Danzig,
Königsberg, Pillnu, Graudenz und Thorn. — Schlimm steht es dagegen mit
Lübeck und Mecklenburg, die keine einzige Festung, keine vorbereitete Verthei¬
digungsstellung und gar keinen Schutz für ihre Küsten haben, und deshalb
in erster Linie aus Preußen angewiesen sind. Als Centralpunkt mußte hier
das preußische Wittenberge stark befestigt werden, es ist dies ein Hnuptüber-
gcmg über die Elbe, und jeder in Mecklenburg lautende Feind müßte bei
seinem Vorrücken in dem Festungsdreieck Wittenberge, Stettin und Stralsund
operiren und Hütte noch überdies Rendsburg im Rücken, wäre mithin in
allen seinen Bewegungen gehemmt und bedroht. Eine andere Reservestellung
wäre Spandau, Magdeburg und Hannover. Bei einer solchen Anordnung
der Vertheidigung ist den feindlichen Flotten das Einlaufen in die Haupt¬
flüsse verlegt, und da unsere Haupthandelsplätze nicht unmittelbar am Meer,
sondern an Flüssen mehr landeinwärts liegen, so sind sie leicht zu decken;
denn jeder Fluß bildet für eine Flotte ein langes DeMe. in dem sie von zwei
Seiten angegriffen werden kann ohne ihre volle Macht auf einem Punkte ent¬
falten zu können. Diese Desilees müssen gesperrt werden, es ist nicht noth¬
wendig, daß dies durch eine ununterbrochene Reihe von Batterien geschehe, es
genügen einzelne casemattirte. starke Forts, die auch nach der Landseite vcr-
theidigungsfähig, vor allem sturmfrei sind, sobald man sie so anlegt, daß ihr
Feuer sich kreuzt und sich gegenseitig unterstützt, wozu die Windungen jener
Flüsse vielfach Gelegenheit geben. Die Anlage dieser casemattirten Batterien
muß aber so solid als möglich sein, um dem Feuer der schweren Schiffsge¬
schütze widerstehen zu können, auch müssen sie mit einer großen Zahl Geschütze
armirt sein, um über jene die Oberhand zu gewinnen.

Die rückwärtsliegenden Festungen, Centralfestungen, wie wir sie nennen,
haben einen doppelten, einen offensiven und defensiven Zweck, sie sollen des¬
halb Festungen ersten Ranges mit einem befestigten Lager sein. In diesem


Grenzboten I. 1360. 4y
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[0325] tung jenes Herzogtums nicht ändert. Die jetzt geschleifte Eiderfestung Rends¬ burg war ein Platz, dessen Bedeutung in militärischer Beziehung vielfach ver¬ säumt worden ist. Als eine Festung mit befestigtem Lager würde Rendsburg die Ost- und Nordseeküste Holsteins sowie die Eider decken und so bis zu einem gewissen Grade das Land von der Elbe bis zur Trave vor einer feind¬ lichen Landung sichern, indem es jede solche, die auf diesen Strecken erfolgen sollte, in den Rücken nähme. Man hat demnach mit ihm einen äußerst wichtigen Posten aufgegeben. — Der übrige Theil der Ostseeküste gehört Mecklenburg und Preußen; letzteres hat für die Sicherheit derselben sehr viel, ersteres bis jetzt gar nichts gethan. Stralsund, Stettin, Kolberg, Danzig, Königsberg und Pillau sind stark befestigt, auch legt Preußen einen Kriegshafen auf Rügen an. Stralsund und Kolberg sind vorgeschobene Posten von Stettin, mit dem sie ein Vertheidigungsnetz bilden, das zweite besteht aus Danzig, Königsberg, Pillnu, Graudenz und Thorn. — Schlimm steht es dagegen mit Lübeck und Mecklenburg, die keine einzige Festung, keine vorbereitete Verthei¬ digungsstellung und gar keinen Schutz für ihre Küsten haben, und deshalb in erster Linie aus Preußen angewiesen sind. Als Centralpunkt mußte hier das preußische Wittenberge stark befestigt werden, es ist dies ein Hnuptüber- gcmg über die Elbe, und jeder in Mecklenburg lautende Feind müßte bei seinem Vorrücken in dem Festungsdreieck Wittenberge, Stettin und Stralsund operiren und Hütte noch überdies Rendsburg im Rücken, wäre mithin in allen seinen Bewegungen gehemmt und bedroht. Eine andere Reservestellung wäre Spandau, Magdeburg und Hannover. Bei einer solchen Anordnung der Vertheidigung ist den feindlichen Flotten das Einlaufen in die Haupt¬ flüsse verlegt, und da unsere Haupthandelsplätze nicht unmittelbar am Meer, sondern an Flüssen mehr landeinwärts liegen, so sind sie leicht zu decken; denn jeder Fluß bildet für eine Flotte ein langes DeMe. in dem sie von zwei Seiten angegriffen werden kann ohne ihre volle Macht auf einem Punkte ent¬ falten zu können. Diese Desilees müssen gesperrt werden, es ist nicht noth¬ wendig, daß dies durch eine ununterbrochene Reihe von Batterien geschehe, es genügen einzelne casemattirte. starke Forts, die auch nach der Landseite vcr- theidigungsfähig, vor allem sturmfrei sind, sobald man sie so anlegt, daß ihr Feuer sich kreuzt und sich gegenseitig unterstützt, wozu die Windungen jener Flüsse vielfach Gelegenheit geben. Die Anlage dieser casemattirten Batterien muß aber so solid als möglich sein, um dem Feuer der schweren Schiffsge¬ schütze widerstehen zu können, auch müssen sie mit einer großen Zahl Geschütze armirt sein, um über jene die Oberhand zu gewinnen. Die rückwärtsliegenden Festungen, Centralfestungen, wie wir sie nennen, haben einen doppelten, einen offensiven und defensiven Zweck, sie sollen des¬ halb Festungen ersten Ranges mit einem befestigten Lager sein. In diesem Grenzboten I. 1360. 4y

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 19, 1860, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341594_108721/325>, abgerufen am 23.07.2024.