Die Grenzboten. Jg. 19, 1860, I. Semester. I. Band.naturbczwingcude Kraft. . . Es muß Menschen geben, königliche, priesterliche, 21. April 1787. "Gewiß scheint mir, wir haben in uns eine Kraft, *) "Mir ist nicht bekannt, antwortet Jacobi 3. Mai, daß die Magie irgendwo sich der¬
gleichen angemaßt habe; sie gibt nur an, zu verborgenen Kräfte" geheime Mittel des Zu¬ gangs zu haben. . . Ich wüßte nicht, warum wir uns des Wortes magisch bedienen sollten, da es etwas bezeichnet, wovon wir keinen Begriff haben." naturbczwingcude Kraft. . . Es muß Menschen geben, königliche, priesterliche, 21. April 1787. „Gewiß scheint mir, wir haben in uns eine Kraft, *) „Mir ist nicht bekannt, antwortet Jacobi 3. Mai, daß die Magie irgendwo sich der¬
gleichen angemaßt habe; sie gibt nur an, zu verborgenen Kräfte» geheime Mittel des Zu¬ gangs zu haben. . . Ich wüßte nicht, warum wir uns des Wortes magisch bedienen sollten, da es etwas bezeichnet, wovon wir keinen Begriff haben." <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0032" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/108754"/> <p xml:id="ID_54" prev="#ID_53"> naturbczwingcude Kraft. . . Es muß Menschen geben, königliche, priesterliche,<lb/> prophetische Seele»; Christen, die das haben, was uns des Morgens beim<lb/> Erwachen und Abends beim Einschlafen fehlt und dessen Mangel uns in<lb/> schlaflosen Nächten mit glühenden Peitschen quält. Solche Menschen müssen<lb/> zu uns kommen, uns in ihre Schule nehmen; sie müssen uns mit dem Herrn<lb/> menschlich sprechen lehren. . . Diesen unbekannten, in der Welt zerstreuten<lb/> Auserwählten. die höchst vermuthlich ein ebenso dringendes Bedürfniß haben,<lb/> ihre so tief individuellen Erfahrungen mitzutheilen. . . wird, wenn unsere<lb/> Stunde gekommen, d. h. unser Bedürfniß unüberspannbar gespannt ist, unser<lb/> Verlangen nach dem Einen Nothwendigen auf irgend eine Weise offenbar<lb/> werden. . . Ein Zug des Vaters wird sie zu uns ziehen. . . und sie werden<lb/> den Gebeugten hageln sehet! da ist euer Gott. — Sende mir einen Ueber-<lb/> zeugten! ist mein tägliches und gewiß nicht vergebliches Gebet, meine Hoff¬<lb/> nung, Ahndung. Religion." — ..Die Gnade des Einzignothwendigcn<lb/> sei mit uus."</p><lb/> <p xml:id="ID_55" next="#ID_56"> 21. April 1787. „Gewiß scheint mir, wir haben in uns eine Kraft,<lb/> die ich anders nicht als magisch nennen kann. Alle Magie schafft, wie sie<lb/> meint*), ans nichts, sie realisirt Ideen zu Gestalten, gibt diesen Gestalten<lb/> Solidität und Leben. Würdest du dich entsetzen, wenn ich das eigentliche<lb/> Wesen der Religion, insofern sie von Moral verschieden ist, diese Götterzau-<lb/> bcrei, Eugclerschnffung, Gottesrealisirung, diese Hypostasis in uns Magie<lb/> nennen würde? . . . Der Glaube, den Christus erregen will, was ist er an¬<lb/> ders als Magie? .. Er verträgt nichts Unsolides, Halbes, Schwankendes;<lb/> er macht alles sich selbst gleich in Ansehung der Gewißheit und Realität."<lb/> — 19. Mai. — „Die Kraft des Menschen, sich die Geisterwelt so existent zu<lb/> machen wie die Körperwelt, heiße ich Magie und Religion: Kraft, ungemeine<lb/> Wahrnehmungen hervorzubringen." — 5. September. — „Religion ist die<lb/> Ahnung eines Verhältnisses zu etwas mir Analogen, von mir Verschiedenem<lb/> Kraftrcichercm, ohne welche Ahnung mir alles zerstückt, zerrüttet, widerspre¬<lb/> chend, ungenießbar wird, durch welche sich mir alles harinonisirt. . . Betracht<lb/> ich die Welt blos als Zuschauer, nicht als detcrminirte bcdürfnißvolle Person,<lb/> so scheint sie nur ein ewiges nothwendiges System unwillkürlicher Kräfte zu<lb/> sein. . . Kurz, ich seh' ein regelmäßig gebärendes und wieder verzehrendes<lb/> Ungeheuer. — Nun, möcht ich sagen, hatte dies Ungeheuer die Meprise ge¬<lb/> macht und die ungeheure Etourdcrie begangen, mich so zu organisiren, daß ich<lb/> kein immer gebärendes allverzehrendes Ungeheuer ertragen kann. ^ Ick<lb/> Person muß alles personificiren . . . meine Natur bringt das mit sich; der decl-</p><lb/> <note xml:id="FID_3" place="foot"> *) „Mir ist nicht bekannt, antwortet Jacobi 3. Mai, daß die Magie irgendwo sich der¬<lb/> gleichen angemaßt habe; sie gibt nur an, zu verborgenen Kräfte» geheime Mittel des Zu¬<lb/> gangs zu haben. . . Ich wüßte nicht, warum wir uns des Wortes magisch bedienen sollten,<lb/> da es etwas bezeichnet, wovon wir keinen Begriff haben."</note><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0032]
naturbczwingcude Kraft. . . Es muß Menschen geben, königliche, priesterliche,
prophetische Seele»; Christen, die das haben, was uns des Morgens beim
Erwachen und Abends beim Einschlafen fehlt und dessen Mangel uns in
schlaflosen Nächten mit glühenden Peitschen quält. Solche Menschen müssen
zu uns kommen, uns in ihre Schule nehmen; sie müssen uns mit dem Herrn
menschlich sprechen lehren. . . Diesen unbekannten, in der Welt zerstreuten
Auserwählten. die höchst vermuthlich ein ebenso dringendes Bedürfniß haben,
ihre so tief individuellen Erfahrungen mitzutheilen. . . wird, wenn unsere
Stunde gekommen, d. h. unser Bedürfniß unüberspannbar gespannt ist, unser
Verlangen nach dem Einen Nothwendigen auf irgend eine Weise offenbar
werden. . . Ein Zug des Vaters wird sie zu uns ziehen. . . und sie werden
den Gebeugten hageln sehet! da ist euer Gott. — Sende mir einen Ueber-
zeugten! ist mein tägliches und gewiß nicht vergebliches Gebet, meine Hoff¬
nung, Ahndung. Religion." — ..Die Gnade des Einzignothwendigcn
sei mit uus."
21. April 1787. „Gewiß scheint mir, wir haben in uns eine Kraft,
die ich anders nicht als magisch nennen kann. Alle Magie schafft, wie sie
meint*), ans nichts, sie realisirt Ideen zu Gestalten, gibt diesen Gestalten
Solidität und Leben. Würdest du dich entsetzen, wenn ich das eigentliche
Wesen der Religion, insofern sie von Moral verschieden ist, diese Götterzau-
bcrei, Eugclerschnffung, Gottesrealisirung, diese Hypostasis in uns Magie
nennen würde? . . . Der Glaube, den Christus erregen will, was ist er an¬
ders als Magie? .. Er verträgt nichts Unsolides, Halbes, Schwankendes;
er macht alles sich selbst gleich in Ansehung der Gewißheit und Realität."
— 19. Mai. — „Die Kraft des Menschen, sich die Geisterwelt so existent zu
machen wie die Körperwelt, heiße ich Magie und Religion: Kraft, ungemeine
Wahrnehmungen hervorzubringen." — 5. September. — „Religion ist die
Ahnung eines Verhältnisses zu etwas mir Analogen, von mir Verschiedenem
Kraftrcichercm, ohne welche Ahnung mir alles zerstückt, zerrüttet, widerspre¬
chend, ungenießbar wird, durch welche sich mir alles harinonisirt. . . Betracht
ich die Welt blos als Zuschauer, nicht als detcrminirte bcdürfnißvolle Person,
so scheint sie nur ein ewiges nothwendiges System unwillkürlicher Kräfte zu
sein. . . Kurz, ich seh' ein regelmäßig gebärendes und wieder verzehrendes
Ungeheuer. — Nun, möcht ich sagen, hatte dies Ungeheuer die Meprise ge¬
macht und die ungeheure Etourdcrie begangen, mich so zu organisiren, daß ich
kein immer gebärendes allverzehrendes Ungeheuer ertragen kann. ^ Ick
Person muß alles personificiren . . . meine Natur bringt das mit sich; der decl-
*) „Mir ist nicht bekannt, antwortet Jacobi 3. Mai, daß die Magie irgendwo sich der¬
gleichen angemaßt habe; sie gibt nur an, zu verborgenen Kräfte» geheime Mittel des Zu¬
gangs zu haben. . . Ich wüßte nicht, warum wir uns des Wortes magisch bedienen sollten,
da es etwas bezeichnet, wovon wir keinen Begriff haben."
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