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Die Grenzboten. Jg. 18, 1859, I. Semester. I. Band.

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Bundcsgesetzgcbung, endlich daß alle Bewohner der Monarchie das Recht haben,
ohne vorherige Erlaubniß zu jedem nicht durch die Gesetze verbotenen Zweck
Vereine zu schließen. Dann sagt §. 52: Gesetzvorschläge für Veränderungen
in vorstehenden Verfassungsbestimmungen müssen sämmtlichen Landesvertre¬
tungen zur Beschlußnahme vorgelegt werden. Ueber dieselben kann nur
abgestimmt werden in Sitzungen, in welchen wcnistens '/^ der Mitglieder gegen¬
wärtig sind. Angenommen sind solche Vorschlüge nur, wenn von den Gegen¬
wärtigen nicht weniger als V-> beigestimmt haben. Durch provisorische Ver¬
fügungen können keine Veränderungen der Verfassung herbeigeführt werden.

Die Vorschlüge in Betreff der besondern Verfassung für Holstein über¬
gehen wir für jetzt und geben nur noch Einiges aus den Motiven zu den
bedeutendsten der im Vorhergehenden mitgetheilten Paragraphen. Der Aus¬
schuß geht von der Ansicht aus, daß Selbststündigkeit und gleiche Berechtigung
aller Theile der Monarchie der Hauptgrundsatz der Bekanntmachung vom
23. Jan. 1852 sei. Die Bekanntmachung spricht als die Absicht des Königs
aus, die verschiedenen Theile der Monarchie zu einem wohlgeordneten Ganzen
zu verbinden. Dieser allgemeine Satz erklärt sich aus der östreichischen De¬
pesche vom 26. Dec. 1351, in welcher einestheils der bleibende Verband der
Monarchie, anderntheils die gleiche Berechtigung aller Bestandtheile derselben
als Grundlagen des Neubaus bezeichnet sind, so wie die Anlage zu jener De¬
pesche, in der die Erwartung ausgesprochen wird, der König werde in
der Form der künstigen Organisation der Monarchie die den verschie¬
denen Landestheilen gelassene Stellung als Glieder eines Ganzen, in welchem
kein Theil dem andern untergeordnet ist, mit gleichmäßiger Sorgfalt zu wahren
wissen. Die Bedeutung dieser Aeußerungen für die Auffassung der erwähnten
Bekanntmachung geht daraus hervor, daß in der Depesche, mit welcher
letztere nach Berlin und Wien geschickt wurde, ausdrücklich gesagt ist, der Kö¬
nig finde, daß in der Depesche vom 26. Dec. und deren Anlage seine früher
kundgegebnen Absichten richtig gedeutet seien, und er werde in der Zusammen¬
setzung des Staatsraths eine beruhigende Bürgschaft für die ihren landes¬
väterlichen Absichten entsprechende Wahrung der Interessen und der gleich¬
berechtigten Stellung aller Theile der Monarchie erblicken können.

Auf der Grundlage der Selbststündigkeit und Gleichberechtigung aller Theile
der Monarchie Hütte also die Gesammtverfassung, auf deren Einführung nach
dem weiteren Inhalt Bedacht genommen werden sollte, aufgeführt werden
müssen, und auf derselben Basis wird man jetzt, nach Beseitigung der Ver¬
fassung von 1855. eine anderweite Verfassung für die gemeinschaftlichen An¬
gelegenheiten gründen müssen. Aus dem Grundsatz der Selbststündigkeit der
einzelnen Länder der Monarchie folgt, daß in der gemeinschaftlichen Verfassung
diese einzelnen Länder als solche, als politische Körper, als "Glieder eines Ganzen"


Bundcsgesetzgcbung, endlich daß alle Bewohner der Monarchie das Recht haben,
ohne vorherige Erlaubniß zu jedem nicht durch die Gesetze verbotenen Zweck
Vereine zu schließen. Dann sagt §. 52: Gesetzvorschläge für Veränderungen
in vorstehenden Verfassungsbestimmungen müssen sämmtlichen Landesvertre¬
tungen zur Beschlußnahme vorgelegt werden. Ueber dieselben kann nur
abgestimmt werden in Sitzungen, in welchen wcnistens '/^ der Mitglieder gegen¬
wärtig sind. Angenommen sind solche Vorschlüge nur, wenn von den Gegen¬
wärtigen nicht weniger als V-> beigestimmt haben. Durch provisorische Ver¬
fügungen können keine Veränderungen der Verfassung herbeigeführt werden.

Die Vorschlüge in Betreff der besondern Verfassung für Holstein über¬
gehen wir für jetzt und geben nur noch Einiges aus den Motiven zu den
bedeutendsten der im Vorhergehenden mitgetheilten Paragraphen. Der Aus¬
schuß geht von der Ansicht aus, daß Selbststündigkeit und gleiche Berechtigung
aller Theile der Monarchie der Hauptgrundsatz der Bekanntmachung vom
23. Jan. 1852 sei. Die Bekanntmachung spricht als die Absicht des Königs
aus, die verschiedenen Theile der Monarchie zu einem wohlgeordneten Ganzen
zu verbinden. Dieser allgemeine Satz erklärt sich aus der östreichischen De¬
pesche vom 26. Dec. 1351, in welcher einestheils der bleibende Verband der
Monarchie, anderntheils die gleiche Berechtigung aller Bestandtheile derselben
als Grundlagen des Neubaus bezeichnet sind, so wie die Anlage zu jener De¬
pesche, in der die Erwartung ausgesprochen wird, der König werde in
der Form der künstigen Organisation der Monarchie die den verschie¬
denen Landestheilen gelassene Stellung als Glieder eines Ganzen, in welchem
kein Theil dem andern untergeordnet ist, mit gleichmäßiger Sorgfalt zu wahren
wissen. Die Bedeutung dieser Aeußerungen für die Auffassung der erwähnten
Bekanntmachung geht daraus hervor, daß in der Depesche, mit welcher
letztere nach Berlin und Wien geschickt wurde, ausdrücklich gesagt ist, der Kö¬
nig finde, daß in der Depesche vom 26. Dec. und deren Anlage seine früher
kundgegebnen Absichten richtig gedeutet seien, und er werde in der Zusammen¬
setzung des Staatsraths eine beruhigende Bürgschaft für die ihren landes¬
väterlichen Absichten entsprechende Wahrung der Interessen und der gleich¬
berechtigten Stellung aller Theile der Monarchie erblicken können.

Auf der Grundlage der Selbststündigkeit und Gleichberechtigung aller Theile
der Monarchie Hütte also die Gesammtverfassung, auf deren Einführung nach
dem weiteren Inhalt Bedacht genommen werden sollte, aufgeführt werden
müssen, und auf derselben Basis wird man jetzt, nach Beseitigung der Ver¬
fassung von 1855. eine anderweite Verfassung für die gemeinschaftlichen An¬
gelegenheiten gründen müssen. Aus dem Grundsatz der Selbststündigkeit der
einzelnen Länder der Monarchie folgt, daß in der gemeinschaftlichen Verfassung
diese einzelnen Länder als solche, als politische Körper, als „Glieder eines Ganzen"


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[0473] Bundcsgesetzgcbung, endlich daß alle Bewohner der Monarchie das Recht haben, ohne vorherige Erlaubniß zu jedem nicht durch die Gesetze verbotenen Zweck Vereine zu schließen. Dann sagt §. 52: Gesetzvorschläge für Veränderungen in vorstehenden Verfassungsbestimmungen müssen sämmtlichen Landesvertre¬ tungen zur Beschlußnahme vorgelegt werden. Ueber dieselben kann nur abgestimmt werden in Sitzungen, in welchen wcnistens '/^ der Mitglieder gegen¬ wärtig sind. Angenommen sind solche Vorschlüge nur, wenn von den Gegen¬ wärtigen nicht weniger als V-> beigestimmt haben. Durch provisorische Ver¬ fügungen können keine Veränderungen der Verfassung herbeigeführt werden. Die Vorschlüge in Betreff der besondern Verfassung für Holstein über¬ gehen wir für jetzt und geben nur noch Einiges aus den Motiven zu den bedeutendsten der im Vorhergehenden mitgetheilten Paragraphen. Der Aus¬ schuß geht von der Ansicht aus, daß Selbststündigkeit und gleiche Berechtigung aller Theile der Monarchie der Hauptgrundsatz der Bekanntmachung vom 23. Jan. 1852 sei. Die Bekanntmachung spricht als die Absicht des Königs aus, die verschiedenen Theile der Monarchie zu einem wohlgeordneten Ganzen zu verbinden. Dieser allgemeine Satz erklärt sich aus der östreichischen De¬ pesche vom 26. Dec. 1351, in welcher einestheils der bleibende Verband der Monarchie, anderntheils die gleiche Berechtigung aller Bestandtheile derselben als Grundlagen des Neubaus bezeichnet sind, so wie die Anlage zu jener De¬ pesche, in der die Erwartung ausgesprochen wird, der König werde in der Form der künstigen Organisation der Monarchie die den verschie¬ denen Landestheilen gelassene Stellung als Glieder eines Ganzen, in welchem kein Theil dem andern untergeordnet ist, mit gleichmäßiger Sorgfalt zu wahren wissen. Die Bedeutung dieser Aeußerungen für die Auffassung der erwähnten Bekanntmachung geht daraus hervor, daß in der Depesche, mit welcher letztere nach Berlin und Wien geschickt wurde, ausdrücklich gesagt ist, der Kö¬ nig finde, daß in der Depesche vom 26. Dec. und deren Anlage seine früher kundgegebnen Absichten richtig gedeutet seien, und er werde in der Zusammen¬ setzung des Staatsraths eine beruhigende Bürgschaft für die ihren landes¬ väterlichen Absichten entsprechende Wahrung der Interessen und der gleich¬ berechtigten Stellung aller Theile der Monarchie erblicken können. Auf der Grundlage der Selbststündigkeit und Gleichberechtigung aller Theile der Monarchie Hütte also die Gesammtverfassung, auf deren Einführung nach dem weiteren Inhalt Bedacht genommen werden sollte, aufgeführt werden müssen, und auf derselben Basis wird man jetzt, nach Beseitigung der Ver¬ fassung von 1855. eine anderweite Verfassung für die gemeinschaftlichen An¬ gelegenheiten gründen müssen. Aus dem Grundsatz der Selbststündigkeit der einzelnen Länder der Monarchie folgt, daß in der gemeinschaftlichen Verfassung diese einzelnen Länder als solche, als politische Körper, als „Glieder eines Ganzen"

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 18, 1859, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341590_186950/473>, abgerufen am 24.07.2024.