Die Grenzboten. Jg. 18, 1859, I. Semester. I. Band.Wendung findet, sich damit beruhigen werden, daß künftig der Vorwurf sie Wir haben hierzu zu bemerken, daß es die Macht des hartnäckig an seinen Wie es feststeht, daß das verblendete Festhalten des französischen Adels Die Noth des Landes, aller Stände, jedes Einzelnen öffnete das Auge So gingen aus dieser Ueberzeugung neben vielen andern segensreichen Wendung findet, sich damit beruhigen werden, daß künftig der Vorwurf sie Wir haben hierzu zu bemerken, daß es die Macht des hartnäckig an seinen Wie es feststeht, daß das verblendete Festhalten des französischen Adels Die Noth des Landes, aller Stände, jedes Einzelnen öffnete das Auge So gingen aus dieser Ueberzeugung neben vielen andern segensreichen <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0412" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/187364"/> <p xml:id="ID_1163" prev="#ID_1162"> Wendung findet, sich damit beruhigen werden, daß künftig der Vorwurf sie<lb/> nicht treffe, daß sie sich auf Kosten ihrer Unterthanen öffentlichen Lasten ent-<lb/> ziehn, so wie mit den Betrachtungen, daß die von ihnen künftig zu entrich¬<lb/> tenden Grundsteuern dem Aufwand nicht gleichkommen, den sie haben<lb/> würden, wenn man die ursprünglichen auf ihren Gütern haftenden Ritterdienst¬<lb/> verpflichtungen von ihnen forderte, für welche die bisherigen ganz unverhält-<lb/> nißmäßigen Abgaben gegen die Grundsteuer wegfallen, wie auch, daß freie<lb/> Benutzung des Grundeigenthums, völlige Gewerbefreiheit und Befreiung von<lb/> andern Lasten, die sonst nothwendig gewesen sein würden, stattfinden sollen."</p><lb/> <p xml:id="ID_1164"> Wir haben hierzu zu bemerken, daß es die Macht des hartnäckig an seinen<lb/> ererbten Vorrechten festhaltenden Adels war, welche die Schuld trug, daß ein<lb/> völlig ungerechtes Princip der Besteuerung, besonders der directen Besteuerung,<lb/> speciell der Grundsteuern zur Geltung gekommen war. In großen Theilen<lb/> der preußischen Monarchie hatte der Bauer, weil er nicht im freien Besitz<lb/> seines Eigenthums stand, einerseits dem Gutsherrn persönliche Dienste zu<lb/> leisten und Geldabgaben zu entrichten, andrerseits zugleich an den Staat die<lb/> von dem Gutsherrn geforderte directe Abgabe, die sogenannte Contribution auf¬<lb/> zubringen, während der Gutsherr, fern von jeder Opferwilligkeit, nur seine<lb/> Verpflichtung zu Vasallendiensten anerkannte und hierfür, da das Ritterthum<lb/> mit seiner Naturalwirtschaft begraben war, eine ganz unverhältnißmäßig<lb/> kleine directe Geldabgabc für das allgemeine Beste in Gestalt von Lehnspferde-<lb/> geldern darbrachte. —</p><lb/> <p xml:id="ID_1165"> Wie es feststeht, daß das verblendete Festhalten des französischen Adels<lb/> an dem Hergebrachten, welches den Mitteln und untern Classen der Nation<lb/> alle Lasten und Pflichten aufzubürden suchte, während die bevorzugten Stände<lb/> nur Genüsse und Rechte haben wollten, eine der Hauptursachen der Revolu¬<lb/> tion war, so kann man auch bis zu einem gewissen Grade behaupten, daß<lb/> die unrichtige Vertheilung der Steuerlast in Preußen wesentlich mit beigetra¬<lb/> gen hat, die Erniedrigung unsres Volks in den Jahren 1807—12 herbeizu¬<lb/> führen, daß sie mindestens mitwirkte, wenn die Masse der Bevölkerung sich<lb/> ohne großen Widerstand das fremde Joch auferlegen ließ.</p><lb/> <p xml:id="ID_1166"> Die Noth des Landes, aller Stände, jedes Einzelnen öffnete das Auge<lb/> des Königs und seiner Negierung. Man fühlte, es müsse sich die Stellung<lb/> der einzelnen Stände zueinander völlig umändern, wenn die Nation die Kraft<lb/> gewinnen sollte, die Herrschaft der Fremden abzuschütteln, und man sah dies<lb/> namentlich dadurch geschehn, daß man materiell durch veränderte Besteuerung,<lb/> durch gerechte Vertheilung der zum staatlichen Bestehn nothwendigen Lasten<lb/> alle Stände möglichst gleichstelle und alle Bevorzugungen Einzelner oder ge¬<lb/> wisser Classen aufhebe.</p><lb/> <p xml:id="ID_1167" next="#ID_1168"> So gingen aus dieser Ueberzeugung neben vielen andern segensreichen</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0412]
Wendung findet, sich damit beruhigen werden, daß künftig der Vorwurf sie
nicht treffe, daß sie sich auf Kosten ihrer Unterthanen öffentlichen Lasten ent-
ziehn, so wie mit den Betrachtungen, daß die von ihnen künftig zu entrich¬
tenden Grundsteuern dem Aufwand nicht gleichkommen, den sie haben
würden, wenn man die ursprünglichen auf ihren Gütern haftenden Ritterdienst¬
verpflichtungen von ihnen forderte, für welche die bisherigen ganz unverhält-
nißmäßigen Abgaben gegen die Grundsteuer wegfallen, wie auch, daß freie
Benutzung des Grundeigenthums, völlige Gewerbefreiheit und Befreiung von
andern Lasten, die sonst nothwendig gewesen sein würden, stattfinden sollen."
Wir haben hierzu zu bemerken, daß es die Macht des hartnäckig an seinen
ererbten Vorrechten festhaltenden Adels war, welche die Schuld trug, daß ein
völlig ungerechtes Princip der Besteuerung, besonders der directen Besteuerung,
speciell der Grundsteuern zur Geltung gekommen war. In großen Theilen
der preußischen Monarchie hatte der Bauer, weil er nicht im freien Besitz
seines Eigenthums stand, einerseits dem Gutsherrn persönliche Dienste zu
leisten und Geldabgaben zu entrichten, andrerseits zugleich an den Staat die
von dem Gutsherrn geforderte directe Abgabe, die sogenannte Contribution auf¬
zubringen, während der Gutsherr, fern von jeder Opferwilligkeit, nur seine
Verpflichtung zu Vasallendiensten anerkannte und hierfür, da das Ritterthum
mit seiner Naturalwirtschaft begraben war, eine ganz unverhältnißmäßig
kleine directe Geldabgabc für das allgemeine Beste in Gestalt von Lehnspferde-
geldern darbrachte. —
Wie es feststeht, daß das verblendete Festhalten des französischen Adels
an dem Hergebrachten, welches den Mitteln und untern Classen der Nation
alle Lasten und Pflichten aufzubürden suchte, während die bevorzugten Stände
nur Genüsse und Rechte haben wollten, eine der Hauptursachen der Revolu¬
tion war, so kann man auch bis zu einem gewissen Grade behaupten, daß
die unrichtige Vertheilung der Steuerlast in Preußen wesentlich mit beigetra¬
gen hat, die Erniedrigung unsres Volks in den Jahren 1807—12 herbeizu¬
führen, daß sie mindestens mitwirkte, wenn die Masse der Bevölkerung sich
ohne großen Widerstand das fremde Joch auferlegen ließ.
Die Noth des Landes, aller Stände, jedes Einzelnen öffnete das Auge
des Königs und seiner Negierung. Man fühlte, es müsse sich die Stellung
der einzelnen Stände zueinander völlig umändern, wenn die Nation die Kraft
gewinnen sollte, die Herrschaft der Fremden abzuschütteln, und man sah dies
namentlich dadurch geschehn, daß man materiell durch veränderte Besteuerung,
durch gerechte Vertheilung der zum staatlichen Bestehn nothwendigen Lasten
alle Stände möglichst gleichstelle und alle Bevorzugungen Einzelner oder ge¬
wisser Classen aufhebe.
So gingen aus dieser Ueberzeugung neben vielen andern segensreichen
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