Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 18, 1859, I. Semester. I. Band.

Bild:
<< vorherige Seite

behalten über die Grenze Arkadiens und hinab nach Sikyon, von wo wir
am nächsten Morgen nach Korinth und am Abend mit dem Lloyddampfer
M. B. nach dein Pyrnus'fuhren.




Die architektonischen Bestrebungen unserer Zeit.
i.

Die seit einigen Tagen im Gebäude der Kunstakademie ausgestellten Pro-
i^te zu einer Börse für Berlin") geben ein lehrreiches und interessantes Bild
unserer heutigen architektonischen Zustünde und Bestrebungen, Es sind im
Ganzen 28 Entwürfe auf etwa 160 Blättern, von denen die überwiegende
Mehrzahl der berliner, zwei der dresdner, einer der Münchner Schule angehören;
Ncugothiker haben sich bei der Concurrenz nicht betheiligt, wol aber ist ein
Plan im maurischen Stile erschienen. Die modern französische, von Labronste
beeinflußte Architekturrichtung ist gleich der englischen nicht vertreten. Suchen
wir nnn zunächst nach dein Resultat jener zahlreichen Bearbeitungen, so fin-
den wir auch nicht ein Project, das der gestellten Aufgabe wirklich und wahr¬
haftig entspräche, das die Anforderungen, die wir an ein Bvrsengebäude
stellen können und müssen, erfüllte, das des ersten Preises, soll er in Rücksicht
en>f das erreichbare Resultat und nicht im Verhältniß zu den eingegangenen
Arbeiten und der darauf verwandten Mühe verliehen werden, würdig wäre.
Wir finden wol, daß den Bedingungen des aufgestellten Programms meist
genügt ist, aber wir suchen vergebens nach einer Arbeit, die den Stempel einer
bedeutenden Schöpferkraft trüge, die uns packte, überzeugte, ein "so und nicht
anders" abnöthigte, vergebens nach einer Arbeit, die jene Lust, Liebe und
Hingabe, die allein ein freudiges Gelingen verbürgt, jenes innige Versinken
w Geist und Wesen der Aufgabe, in die speciellen Verhältnisse und Bedin¬
gungen, ohne welche die ganze und volle Lösung der Aufgabe im Ganzen und
sollen, in räumlicher Anordnung wie im äußern Aufbau unmöglich ist, geschaffen
hätte. Durchwandern wir die Ausstellungssüle, von brillant gemalten Per¬
spektiven, die das Auge der Laien blenden, unbestochen, überall finden nur
das Allgewöhnliche, das du sollst, du kannst, du sollst nicht, darfst nicht
der Schule. Die Klippe, an der sämmtliche Bearbeitungen scheiterten, ist der



) Die Entscheidung über die genannten Concnrrenzentwürfe ist zwar bereits in der Art
ertolgt, das, ohne Nennung des Mottos nur die Preisemvfängcr genannt worden sind; doch"Nee eine Kritik der architektonischen Bestrebungen unserer Zeit in Beziehung auf jene Ent¬
würfe auch nach Erledigung der Preisfrage ihr Interesse nicht verloren haben.

behalten über die Grenze Arkadiens und hinab nach Sikyon, von wo wir
am nächsten Morgen nach Korinth und am Abend mit dem Lloyddampfer
M. B. nach dein Pyrnus'fuhren.




Die architektonischen Bestrebungen unserer Zeit.
i.

Die seit einigen Tagen im Gebäude der Kunstakademie ausgestellten Pro-
i^te zu einer Börse für Berlin") geben ein lehrreiches und interessantes Bild
unserer heutigen architektonischen Zustünde und Bestrebungen, Es sind im
Ganzen 28 Entwürfe auf etwa 160 Blättern, von denen die überwiegende
Mehrzahl der berliner, zwei der dresdner, einer der Münchner Schule angehören;
Ncugothiker haben sich bei der Concurrenz nicht betheiligt, wol aber ist ein
Plan im maurischen Stile erschienen. Die modern französische, von Labronste
beeinflußte Architekturrichtung ist gleich der englischen nicht vertreten. Suchen
wir nnn zunächst nach dein Resultat jener zahlreichen Bearbeitungen, so fin-
den wir auch nicht ein Project, das der gestellten Aufgabe wirklich und wahr¬
haftig entspräche, das die Anforderungen, die wir an ein Bvrsengebäude
stellen können und müssen, erfüllte, das des ersten Preises, soll er in Rücksicht
en>f das erreichbare Resultat und nicht im Verhältniß zu den eingegangenen
Arbeiten und der darauf verwandten Mühe verliehen werden, würdig wäre.
Wir finden wol, daß den Bedingungen des aufgestellten Programms meist
genügt ist, aber wir suchen vergebens nach einer Arbeit, die den Stempel einer
bedeutenden Schöpferkraft trüge, die uns packte, überzeugte, ein „so und nicht
anders" abnöthigte, vergebens nach einer Arbeit, die jene Lust, Liebe und
Hingabe, die allein ein freudiges Gelingen verbürgt, jenes innige Versinken
w Geist und Wesen der Aufgabe, in die speciellen Verhältnisse und Bedin¬
gungen, ohne welche die ganze und volle Lösung der Aufgabe im Ganzen und
sollen, in räumlicher Anordnung wie im äußern Aufbau unmöglich ist, geschaffen
hätte. Durchwandern wir die Ausstellungssüle, von brillant gemalten Per¬
spektiven, die das Auge der Laien blenden, unbestochen, überall finden nur
das Allgewöhnliche, das du sollst, du kannst, du sollst nicht, darfst nicht
der Schule. Die Klippe, an der sämmtliche Bearbeitungen scheiterten, ist der



) Die Entscheidung über die genannten Concnrrenzentwürfe ist zwar bereits in der Art
ertolgt, das, ohne Nennung des Mottos nur die Preisemvfängcr genannt worden sind; doch»Nee eine Kritik der architektonischen Bestrebungen unserer Zeit in Beziehung auf jene Ent¬
würfe auch nach Erledigung der Preisfrage ihr Interesse nicht verloren haben.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <pb facs="#f0041" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/186992"/>
          <p xml:id="ID_108" prev="#ID_107"> behalten über die Grenze Arkadiens und hinab nach Sikyon, von wo wir<lb/>
am nächsten Morgen nach Korinth und am Abend mit dem Lloyddampfer<lb/><note type="byline"> M. B.</note> nach dein Pyrnus'fuhren. </p><lb/>
          <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
        </div>
        <div n="1">
          <head> Die architektonischen Bestrebungen unserer Zeit.</head><lb/>
          <div n="2">
            <head> i.</head><lb/>
            <p xml:id="ID_109" next="#ID_110"> Die seit einigen Tagen im Gebäude der Kunstakademie ausgestellten Pro-<lb/>
i^te zu einer Börse für Berlin") geben ein lehrreiches und interessantes Bild<lb/>
unserer heutigen architektonischen Zustünde und Bestrebungen, Es sind im<lb/>
Ganzen 28 Entwürfe auf etwa 160 Blättern, von denen die überwiegende<lb/>
Mehrzahl der berliner, zwei der dresdner, einer der Münchner Schule angehören;<lb/>
Ncugothiker haben sich bei der Concurrenz nicht betheiligt, wol aber ist ein<lb/>
Plan im maurischen Stile erschienen. Die modern französische, von Labronste<lb/>
beeinflußte Architekturrichtung ist gleich der englischen nicht vertreten. Suchen<lb/>
wir nnn zunächst nach dein Resultat jener zahlreichen Bearbeitungen, so fin-<lb/>
den wir auch nicht ein Project, das der gestellten Aufgabe wirklich und wahr¬<lb/>
haftig entspräche, das die Anforderungen, die wir an ein Bvrsengebäude<lb/>
stellen können und müssen, erfüllte, das des ersten Preises, soll er in Rücksicht<lb/>
en&gt;f das erreichbare Resultat und nicht im Verhältniß zu den eingegangenen<lb/>
Arbeiten und der darauf verwandten Mühe verliehen werden, würdig wäre.<lb/>
Wir finden wol, daß den Bedingungen des aufgestellten Programms meist<lb/>
genügt ist, aber wir suchen vergebens nach einer Arbeit, die den Stempel einer<lb/>
bedeutenden Schöpferkraft trüge, die uns packte, überzeugte, ein &#x201E;so und nicht<lb/>
anders" abnöthigte, vergebens nach einer Arbeit, die jene Lust, Liebe und<lb/>
Hingabe, die allein ein freudiges Gelingen verbürgt, jenes innige Versinken<lb/>
w Geist und Wesen der Aufgabe, in die speciellen Verhältnisse und Bedin¬<lb/>
gungen, ohne welche die ganze und volle Lösung der Aufgabe im Ganzen und<lb/>
sollen, in räumlicher Anordnung wie im äußern Aufbau unmöglich ist, geschaffen<lb/>
hätte. Durchwandern wir die Ausstellungssüle, von brillant gemalten Per¬<lb/>
spektiven, die das Auge der Laien blenden, unbestochen, überall finden nur<lb/>
das Allgewöhnliche, das du sollst, du kannst, du sollst nicht, darfst nicht<lb/>
der Schule.  Die Klippe, an der sämmtliche Bearbeitungen scheiterten, ist der</p><lb/>
            <note xml:id="FID_3" place="foot"> ) Die Entscheidung über die genannten Concnrrenzentwürfe ist zwar bereits in der Art<lb/>
ertolgt, das, ohne Nennung des Mottos nur die Preisemvfängcr genannt worden sind; doch»Nee eine Kritik der architektonischen Bestrebungen unserer Zeit in Beziehung auf jene Ent¬<lb/>
würfe auch nach Erledigung der Preisfrage ihr Interesse nicht verloren haben.</note><lb/>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0041] behalten über die Grenze Arkadiens und hinab nach Sikyon, von wo wir am nächsten Morgen nach Korinth und am Abend mit dem Lloyddampfer M. B. nach dein Pyrnus'fuhren. Die architektonischen Bestrebungen unserer Zeit. i. Die seit einigen Tagen im Gebäude der Kunstakademie ausgestellten Pro- i^te zu einer Börse für Berlin") geben ein lehrreiches und interessantes Bild unserer heutigen architektonischen Zustünde und Bestrebungen, Es sind im Ganzen 28 Entwürfe auf etwa 160 Blättern, von denen die überwiegende Mehrzahl der berliner, zwei der dresdner, einer der Münchner Schule angehören; Ncugothiker haben sich bei der Concurrenz nicht betheiligt, wol aber ist ein Plan im maurischen Stile erschienen. Die modern französische, von Labronste beeinflußte Architekturrichtung ist gleich der englischen nicht vertreten. Suchen wir nnn zunächst nach dein Resultat jener zahlreichen Bearbeitungen, so fin- den wir auch nicht ein Project, das der gestellten Aufgabe wirklich und wahr¬ haftig entspräche, das die Anforderungen, die wir an ein Bvrsengebäude stellen können und müssen, erfüllte, das des ersten Preises, soll er in Rücksicht en>f das erreichbare Resultat und nicht im Verhältniß zu den eingegangenen Arbeiten und der darauf verwandten Mühe verliehen werden, würdig wäre. Wir finden wol, daß den Bedingungen des aufgestellten Programms meist genügt ist, aber wir suchen vergebens nach einer Arbeit, die den Stempel einer bedeutenden Schöpferkraft trüge, die uns packte, überzeugte, ein „so und nicht anders" abnöthigte, vergebens nach einer Arbeit, die jene Lust, Liebe und Hingabe, die allein ein freudiges Gelingen verbürgt, jenes innige Versinken w Geist und Wesen der Aufgabe, in die speciellen Verhältnisse und Bedin¬ gungen, ohne welche die ganze und volle Lösung der Aufgabe im Ganzen und sollen, in räumlicher Anordnung wie im äußern Aufbau unmöglich ist, geschaffen hätte. Durchwandern wir die Ausstellungssüle, von brillant gemalten Per¬ spektiven, die das Auge der Laien blenden, unbestochen, überall finden nur das Allgewöhnliche, das du sollst, du kannst, du sollst nicht, darfst nicht der Schule. Die Klippe, an der sämmtliche Bearbeitungen scheiterten, ist der ) Die Entscheidung über die genannten Concnrrenzentwürfe ist zwar bereits in der Art ertolgt, das, ohne Nennung des Mottos nur die Preisemvfängcr genannt worden sind; doch»Nee eine Kritik der architektonischen Bestrebungen unserer Zeit in Beziehung auf jene Ent¬ würfe auch nach Erledigung der Preisfrage ihr Interesse nicht verloren haben.

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341590_186950
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341590_186950/41
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 18, 1859, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341590_186950/41>, abgerufen am 24.07.2024.