Die Grenzboten. Jg. 18, 1859, I. Semester. I. Band.könntest vielleicht eine ganze Wagenladung Bücher zu demselben Preise haben, Allerdings darfst Du nicht wählerisch sein. Wenn Du grade auf ein Der Belauf der Geschäfte, die durch diese Büchertrödler vermittelt wer¬ 50*
könntest vielleicht eine ganze Wagenladung Bücher zu demselben Preise haben, Allerdings darfst Du nicht wählerisch sein. Wenn Du grade auf ein Der Belauf der Geschäfte, die durch diese Büchertrödler vermittelt wer¬ 50*
<TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0405" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/187357"/> <p xml:id="ID_1138" prev="#ID_1137"> könntest vielleicht eine ganze Wagenladung Bücher zu demselben Preise haben,<lb/> wie eine Wagenladung Kartoffeln, ohne daß darum Theurung im Lande zu<lb/> herrschen braucht.</p><lb/> <p xml:id="ID_1139"> Allerdings darfst Du nicht wählerisch sein. Wenn Du grade auf ein<lb/> bestimmtes Buch aufgehst, so schwankt das Zünglein der Billigkeit sehr zu<lb/> Deinen Ungunsten. Der Trödler wird sich dann Deinen Appetit zu Nutze<lb/> machen. Manchmal jedoch lassen sich unter diesem Chaos wirklich kostbare<lb/> Sachen, selten gewordene Ausgaben und dergleichen mehr von eifrigen Bücher¬<lb/> würmern entdecken und im schweigsamen Triumph für wenig Groschen davon¬<lb/> tragen.</p><lb/> <p xml:id="ID_1140"> Der Belauf der Geschäfte, die durch diese Büchertrödler vermittelt wer¬<lb/> den, kann nicht unbedeutend sein. M. A. de Fontaine de Ncsbccq. der Ver¬<lb/> fasser eines kleinen Buches über die Boulevards von Paris, gibt einige inter¬<lb/> essante Zahlen über unseren Gegenstand. Ein echter Bücherwurm, wie er ist,<lb/> spaziert er sehr häusig an der Uferseite der Bollwerke, wo die Trödcllager sich<lb/> befinden, um unter ihrem Wust nach literarischen Goldkörnern zu graben.<lb/> Einmal, — so erzählt er — sing es zu regnen an. da er die Region seiner<lb/> Bergwerke eben erreicht hatte. Mit einer spaßhaften Hast, die sie stets unter<lb/> ähnlichen Umständen entfalten, deckten die Trödler sogleich ihre Schätze zu.<lb/> Unser Bibliophile ging mithin der angenehmen Beschäftigung, auf die er ge¬<lb/> rechnet hatte, verlustig, wußte sich aber zu entschädigen. Der Regenschauer<lb/> war nicht heftig genug, um einen tüchtigen Fußgänger außer. Fassung zu<lb/> bringen. Konnte er für heute keine tiefere Einsicht nehmen (in die Kisten<lb/> nämlich), so wollte er dafür eine um so allgemeinere Uebersicht gewinnen.<lb/> Auf und ab wanderte er daher die ganze Länge der Bollwerke, so weit Bnch-<lb/> trödlcr stehen, zählte mit heroischer Geduld nicht blos die Zahl dieser Händler,<lb/> sondern auch die der Bücherkisten und wußte sich durch spätere Nachfragen<lb/> weitere statistische Data über diesen Gegenstand zu verschaffen. Manche dieser<lb/> Data sind Nicht uninteressant. Wir erfahren, daß überhaupt etwa siebzig<lb/> Buchtrödler an den Bollwerken ausstehen; die Gesammtzahl von Bänden, die<lb/> sie für gewöhnlich feilhalten, beträgt ohngefähr 70.000. Die Zahl von Bän¬<lb/> den, die jeden Tag verkauft werden, schwankt von 12 zu 1500, der Durch¬<lb/> schnittspreis eines Bandes ist ein Frank. Es ergibt sich daraus ein jährlicher<lb/> Gesammtumsatz von circa 400,000 Franken.</p><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> <fw type="sig" place="bottom"> 50*</fw><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0405]
könntest vielleicht eine ganze Wagenladung Bücher zu demselben Preise haben,
wie eine Wagenladung Kartoffeln, ohne daß darum Theurung im Lande zu
herrschen braucht.
Allerdings darfst Du nicht wählerisch sein. Wenn Du grade auf ein
bestimmtes Buch aufgehst, so schwankt das Zünglein der Billigkeit sehr zu
Deinen Ungunsten. Der Trödler wird sich dann Deinen Appetit zu Nutze
machen. Manchmal jedoch lassen sich unter diesem Chaos wirklich kostbare
Sachen, selten gewordene Ausgaben und dergleichen mehr von eifrigen Bücher¬
würmern entdecken und im schweigsamen Triumph für wenig Groschen davon¬
tragen.
Der Belauf der Geschäfte, die durch diese Büchertrödler vermittelt wer¬
den, kann nicht unbedeutend sein. M. A. de Fontaine de Ncsbccq. der Ver¬
fasser eines kleinen Buches über die Boulevards von Paris, gibt einige inter¬
essante Zahlen über unseren Gegenstand. Ein echter Bücherwurm, wie er ist,
spaziert er sehr häusig an der Uferseite der Bollwerke, wo die Trödcllager sich
befinden, um unter ihrem Wust nach literarischen Goldkörnern zu graben.
Einmal, — so erzählt er — sing es zu regnen an. da er die Region seiner
Bergwerke eben erreicht hatte. Mit einer spaßhaften Hast, die sie stets unter
ähnlichen Umständen entfalten, deckten die Trödler sogleich ihre Schätze zu.
Unser Bibliophile ging mithin der angenehmen Beschäftigung, auf die er ge¬
rechnet hatte, verlustig, wußte sich aber zu entschädigen. Der Regenschauer
war nicht heftig genug, um einen tüchtigen Fußgänger außer. Fassung zu
bringen. Konnte er für heute keine tiefere Einsicht nehmen (in die Kisten
nämlich), so wollte er dafür eine um so allgemeinere Uebersicht gewinnen.
Auf und ab wanderte er daher die ganze Länge der Bollwerke, so weit Bnch-
trödlcr stehen, zählte mit heroischer Geduld nicht blos die Zahl dieser Händler,
sondern auch die der Bücherkisten und wußte sich durch spätere Nachfragen
weitere statistische Data über diesen Gegenstand zu verschaffen. Manche dieser
Data sind Nicht uninteressant. Wir erfahren, daß überhaupt etwa siebzig
Buchtrödler an den Bollwerken ausstehen; die Gesammtzahl von Bänden, die
sie für gewöhnlich feilhalten, beträgt ohngefähr 70.000. Die Zahl von Bän¬
den, die jeden Tag verkauft werden, schwankt von 12 zu 1500, der Durch¬
schnittspreis eines Bandes ist ein Frank. Es ergibt sich daraus ein jährlicher
Gesammtumsatz von circa 400,000 Franken.
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