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Die Grenzboten. Jg. 18, 1859, I. Semester. I. Band.

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manu die vollständigen Werke der bedeutendsten französischen Novellenschreiber
in der Cabinet de Lecturesorm aufstellen, so müßte er über Räumlichkeiten
wie die kaiserliche Bibliothek gebieten. Da jeder Band der LidliotKö^us nou-
velle den Stoff von zwei gewöhnlichen Cabinet de Lecturebänden enthält, so
geben folglich die Herren Jaccottet Co. für einen Franken, was bis dahin
fünfzehn gekostet hatte. Man kann jetzt das Werk ungefähr für dasselbe Geld
kaufen, was man früher für das Borgen zu bezahlen hatte.

Der glückliche Erfolg, welchen der Versuch der Herren Jaccottet Co.
gehabt hat, hat eine andere pariser Verlagssirma, Michel Leop Co., an¬
geregt, eine Concurrenzausgabe zu demselben Preise zu bewerkstelligen. Wenn
ich beide vergleichen soll, so glaube ich verdient die spätere den Vorzug; sie
hat ein gediegeneres Ansehen, das Papier ist stärker, der Druck dem Auge
angenehmer. Beide Ausgaben jedoch verdienen Muster von eleganter Billig¬
keit genannt zu werden. Ich brauche kaum zu bemerken, daß die darin ge¬
gebenen Werke der Regel nach Wiederabdrücke, nicht Originalproductionen
sind. In einzelnen Füllen haben allerdings die Herren Jaccottet Co. No¬
vellen direct aus dem Feuilleton in ihre Sammlung aufgenommen, so z. B.
den Danielo von Georges Sand, doch kommt dies selten vor. Es mag
sonderbar erscheinen, -- aber diejenigen Leser, welche die Leihbibliotheken fre-
qucntiren, haben sich so sehr an die für sie einmal bestimmte Ausgabe ge¬
wohnt, daß sie die billigen Eindringlinge gar nicht mögen. So weitläufig
gedruckte Seiten,- wie jene aus troi" NouLcmotairtZs, sind sicherlich für
das Auge weniger ermüdend als der compresse Satz der Lililivtllöquv iwu-
volle. Dies erklärt wol jene Abneigung; außerdem sehe ich keinen Grund,
warum die Ncmvires nu äiadlv zu einem Frank nicht ebenso teuflisch sein
sollten, wie die zu fünfzehn.

Nachdem ich so die Ausgaben der I^idr^ni" nouv"I1(! und der Herren
Michel Levy Co. hervorgehoben, muß ich noch bemerken, daß lange vor
ihnen etwas Aehnliches schon in den herrlichen Wiederabdrücken der Herren
Charpentier und der Herren Firmin Didot Co. geleistet worden war. Die
Collection Charpentier, den meisten französischen Lesern wol bekannt, besteht
aus einer großen Anzahl Werken in Duodez, den Band von 4 bis 500 Seiten
zu 31/, Franken. In dieser Sammlung hat die neuere und leichtere Literatur
jedoch wenig Platz gesunden. Die aufgenommenen Werke sind fast lauter
Classiker. Es kann nicht meine Aufgabe sein, hier Mr. Charpentiers Katalog
abzudrucken, aber ich kann in wenigen Zeilen eine Vorstellung von seinem
Inhalt geben. Da findet man: Rabelais, Malesherbe, Racine, Boileau, La
Bruyöre, Pascal, Vossuet. Madame de S6vign6. Le Sage, den Abt>6 Pr6-
post. Marivaux, Rousseau, Chönier :c., neben ihnen ausgezeichnete fremde
Schriftsteller. So besteht die Abtheilung LibUotQö<Me k'i-veiuL-ü'iweiZ.iLL aus


Grenzboten I. 1659. 50

manu die vollständigen Werke der bedeutendsten französischen Novellenschreiber
in der Cabinet de Lecturesorm aufstellen, so müßte er über Räumlichkeiten
wie die kaiserliche Bibliothek gebieten. Da jeder Band der LidliotKö^us nou-
velle den Stoff von zwei gewöhnlichen Cabinet de Lecturebänden enthält, so
geben folglich die Herren Jaccottet Co. für einen Franken, was bis dahin
fünfzehn gekostet hatte. Man kann jetzt das Werk ungefähr für dasselbe Geld
kaufen, was man früher für das Borgen zu bezahlen hatte.

Der glückliche Erfolg, welchen der Versuch der Herren Jaccottet Co.
gehabt hat, hat eine andere pariser Verlagssirma, Michel Leop Co., an¬
geregt, eine Concurrenzausgabe zu demselben Preise zu bewerkstelligen. Wenn
ich beide vergleichen soll, so glaube ich verdient die spätere den Vorzug; sie
hat ein gediegeneres Ansehen, das Papier ist stärker, der Druck dem Auge
angenehmer. Beide Ausgaben jedoch verdienen Muster von eleganter Billig¬
keit genannt zu werden. Ich brauche kaum zu bemerken, daß die darin ge¬
gebenen Werke der Regel nach Wiederabdrücke, nicht Originalproductionen
sind. In einzelnen Füllen haben allerdings die Herren Jaccottet Co. No¬
vellen direct aus dem Feuilleton in ihre Sammlung aufgenommen, so z. B.
den Danielo von Georges Sand, doch kommt dies selten vor. Es mag
sonderbar erscheinen, — aber diejenigen Leser, welche die Leihbibliotheken fre-
qucntiren, haben sich so sehr an die für sie einmal bestimmte Ausgabe ge¬
wohnt, daß sie die billigen Eindringlinge gar nicht mögen. So weitläufig
gedruckte Seiten,- wie jene aus troi» NouLcmotairtZs, sind sicherlich für
das Auge weniger ermüdend als der compresse Satz der Lililivtllöquv iwu-
volle. Dies erklärt wol jene Abneigung; außerdem sehe ich keinen Grund,
warum die Ncmvires nu äiadlv zu einem Frank nicht ebenso teuflisch sein
sollten, wie die zu fünfzehn.

Nachdem ich so die Ausgaben der I^idr^ni« nouv«I1(! und der Herren
Michel Levy Co. hervorgehoben, muß ich noch bemerken, daß lange vor
ihnen etwas Aehnliches schon in den herrlichen Wiederabdrücken der Herren
Charpentier und der Herren Firmin Didot Co. geleistet worden war. Die
Collection Charpentier, den meisten französischen Lesern wol bekannt, besteht
aus einer großen Anzahl Werken in Duodez, den Band von 4 bis 500 Seiten
zu 31/, Franken. In dieser Sammlung hat die neuere und leichtere Literatur
jedoch wenig Platz gesunden. Die aufgenommenen Werke sind fast lauter
Classiker. Es kann nicht meine Aufgabe sein, hier Mr. Charpentiers Katalog
abzudrucken, aber ich kann in wenigen Zeilen eine Vorstellung von seinem
Inhalt geben. Da findet man: Rabelais, Malesherbe, Racine, Boileau, La
Bruyöre, Pascal, Vossuet. Madame de S6vign6. Le Sage, den Abt>6 Pr6-
post. Marivaux, Rousseau, Chönier :c., neben ihnen ausgezeichnete fremde
Schriftsteller. So besteht die Abtheilung LibUotQö<Me k'i-veiuL-ü'iweiZ.iLL aus


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[0403] manu die vollständigen Werke der bedeutendsten französischen Novellenschreiber in der Cabinet de Lecturesorm aufstellen, so müßte er über Räumlichkeiten wie die kaiserliche Bibliothek gebieten. Da jeder Band der LidliotKö^us nou- velle den Stoff von zwei gewöhnlichen Cabinet de Lecturebänden enthält, so geben folglich die Herren Jaccottet Co. für einen Franken, was bis dahin fünfzehn gekostet hatte. Man kann jetzt das Werk ungefähr für dasselbe Geld kaufen, was man früher für das Borgen zu bezahlen hatte. Der glückliche Erfolg, welchen der Versuch der Herren Jaccottet Co. gehabt hat, hat eine andere pariser Verlagssirma, Michel Leop Co., an¬ geregt, eine Concurrenzausgabe zu demselben Preise zu bewerkstelligen. Wenn ich beide vergleichen soll, so glaube ich verdient die spätere den Vorzug; sie hat ein gediegeneres Ansehen, das Papier ist stärker, der Druck dem Auge angenehmer. Beide Ausgaben jedoch verdienen Muster von eleganter Billig¬ keit genannt zu werden. Ich brauche kaum zu bemerken, daß die darin ge¬ gebenen Werke der Regel nach Wiederabdrücke, nicht Originalproductionen sind. In einzelnen Füllen haben allerdings die Herren Jaccottet Co. No¬ vellen direct aus dem Feuilleton in ihre Sammlung aufgenommen, so z. B. den Danielo von Georges Sand, doch kommt dies selten vor. Es mag sonderbar erscheinen, — aber diejenigen Leser, welche die Leihbibliotheken fre- qucntiren, haben sich so sehr an die für sie einmal bestimmte Ausgabe ge¬ wohnt, daß sie die billigen Eindringlinge gar nicht mögen. So weitläufig gedruckte Seiten,- wie jene aus troi» NouLcmotairtZs, sind sicherlich für das Auge weniger ermüdend als der compresse Satz der Lililivtllöquv iwu- volle. Dies erklärt wol jene Abneigung; außerdem sehe ich keinen Grund, warum die Ncmvires nu äiadlv zu einem Frank nicht ebenso teuflisch sein sollten, wie die zu fünfzehn. Nachdem ich so die Ausgaben der I^idr^ni« nouv«I1(! und der Herren Michel Levy Co. hervorgehoben, muß ich noch bemerken, daß lange vor ihnen etwas Aehnliches schon in den herrlichen Wiederabdrücken der Herren Charpentier und der Herren Firmin Didot Co. geleistet worden war. Die Collection Charpentier, den meisten französischen Lesern wol bekannt, besteht aus einer großen Anzahl Werken in Duodez, den Band von 4 bis 500 Seiten zu 31/, Franken. In dieser Sammlung hat die neuere und leichtere Literatur jedoch wenig Platz gesunden. Die aufgenommenen Werke sind fast lauter Classiker. Es kann nicht meine Aufgabe sein, hier Mr. Charpentiers Katalog abzudrucken, aber ich kann in wenigen Zeilen eine Vorstellung von seinem Inhalt geben. Da findet man: Rabelais, Malesherbe, Racine, Boileau, La Bruyöre, Pascal, Vossuet. Madame de S6vign6. Le Sage, den Abt>6 Pr6- post. Marivaux, Rousseau, Chönier :c., neben ihnen ausgezeichnete fremde Schriftsteller. So besteht die Abtheilung LibUotQö<Me k'i-veiuL-ü'iweiZ.iLL aus Grenzboten I. 1659. 50

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 18, 1859, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341590_186950/403>, abgerufen am 24.07.2024.