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Die Grenzboten. Jg. 18, 1859, I. Semester. I. Band.

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z. B. mit "Neua Sahib oder der indische Mörder" anfängt, mag mit der
Zeit zu Malesherbes oder Pascal hinangeleitet werden. Ungebildete Leser
müssen in den meisten Fällen sehr niedrig anfangen, oder sie werden über¬
haupt nicht anfangen. Versuch es nur, sie von der Geschichte der Biographie
oder Philosophie aus in Bewegung zu setzen und sie werden das Nennen
sofort aufgeben. Nimm aber eine Erdichtung, die ihnen verständlich ist, zum
Ausgangspunkt, und sie werden eine hübsche Strecke im Buche durchmachen
tonnen, ohne sich nur die Zeit zum Athemholen zu lassen. Sollten sie sich
durch diesen Genuß verwöhnen, ja selbst sollten sie nie fähig werden, später¬
hin andern Grund zu betreten, so sind doch ihre geistigen Organe auf jeden
Fall besser dabei weggekommen, als wenn sie sich blos in den eignen schläf¬
rigen Reflexionen langweiliger Muße abgemüht Hütten.(?)

Ich sagte vorher, daß die meisten dieser billigen Publicationen ihren
Raum hauptsächlich der Dichtung widmen. Ich eile hinzuzufügen, daß dies
keineswegs mit allen der Fall ist.

So gibt das "-sourmü i11u8ti'6 ä"8 vo^g-göö ot ach vo^aMurs" Berichte
über Reisen aus alter und moderner Zeit. I^ir "el<me<z poui- 'tous und Ruhe6
lies LcitmeW behandeln in populärer Weise Gegenstände, die ihrem Titel ent¬
sprechen. Das "Aus6" Ilmversel" gibt malerische Schilderungen interessanter
Gegenstände der Natur und Kunst.

Die Verbreitung der billigen pariser Journale ist sehr groß, und nimmt
noch immer zu. Du kannst sehen, wie der Onvricr die wenigen Augenblicke,
seiner Muße, welche dem Mahl im Freien folgen, auf das Ein- oder Zwei-
sousjournal concentrirt, dessen Mitpatron und Anhänger er ist. Du kannst
das Arbeitermädchen Abends voller Spannung, mit ihrer Nummer in der
Hand, dahin eilen sehen, wie sie es nicht erwarten kann, welcher romantische
Zwischenfall ihre Lieblingsheldin aus der Gefahr retten wird, von der sie in
letzter Woche bedroht war. Du kannst den Portier andächtig eine dieser Ge¬
schichten buchstabiren sehen. Sein Gemüth ist so in Anspruch genommen von
dem. was er herausbringt, daß er kaum seine Augen erhebt, um Deine Iden¬
tität festzustellen, während Du an seinein Verschlage vorüber eilst. Branche
ich noch hinzuzufügen, daß Du Materialisten- oder Schlächterburfchen oftmals
ruhig auf der Straße sitzen sehen kannst, die Marktkörbe neben sich, die Jun¬
gen selber in Thränen zerfließend, über irgend eine rührende Geschichte! Son¬
derbare Empfindung das, wenn Du grade gemüthlich aus dem Fenster siehst,
singst, pfeifst und in Ermangelung des erwarteten Kaffees oder der ersehnten
Hammelkeule keine andere Abziehung hast.

Um dieselbe Zeit, als die erste Nummer des Journal xour Jens wurde
auch der erste Band einer ganzen Serie von Werken, unter dem Titel:
lUdliotlrütMv nouvLlIo von Jaccottct. Bourdilliat Co. verlegt.


z. B. mit „Neua Sahib oder der indische Mörder" anfängt, mag mit der
Zeit zu Malesherbes oder Pascal hinangeleitet werden. Ungebildete Leser
müssen in den meisten Fällen sehr niedrig anfangen, oder sie werden über¬
haupt nicht anfangen. Versuch es nur, sie von der Geschichte der Biographie
oder Philosophie aus in Bewegung zu setzen und sie werden das Nennen
sofort aufgeben. Nimm aber eine Erdichtung, die ihnen verständlich ist, zum
Ausgangspunkt, und sie werden eine hübsche Strecke im Buche durchmachen
tonnen, ohne sich nur die Zeit zum Athemholen zu lassen. Sollten sie sich
durch diesen Genuß verwöhnen, ja selbst sollten sie nie fähig werden, später¬
hin andern Grund zu betreten, so sind doch ihre geistigen Organe auf jeden
Fall besser dabei weggekommen, als wenn sie sich blos in den eignen schläf¬
rigen Reflexionen langweiliger Muße abgemüht Hütten.(?)

Ich sagte vorher, daß die meisten dieser billigen Publicationen ihren
Raum hauptsächlich der Dichtung widmen. Ich eile hinzuzufügen, daß dies
keineswegs mit allen der Fall ist.

So gibt das „-sourmü i11u8ti'6 ä«8 vo^g-göö ot ach vo^aMurs" Berichte
über Reisen aus alter und moderner Zeit. I^ir »el<me<z poui- 'tous und Ruhe6
lies LcitmeW behandeln in populärer Weise Gegenstände, die ihrem Titel ent¬
sprechen. Das „Aus6« Ilmversel" gibt malerische Schilderungen interessanter
Gegenstände der Natur und Kunst.

Die Verbreitung der billigen pariser Journale ist sehr groß, und nimmt
noch immer zu. Du kannst sehen, wie der Onvricr die wenigen Augenblicke,
seiner Muße, welche dem Mahl im Freien folgen, auf das Ein- oder Zwei-
sousjournal concentrirt, dessen Mitpatron und Anhänger er ist. Du kannst
das Arbeitermädchen Abends voller Spannung, mit ihrer Nummer in der
Hand, dahin eilen sehen, wie sie es nicht erwarten kann, welcher romantische
Zwischenfall ihre Lieblingsheldin aus der Gefahr retten wird, von der sie in
letzter Woche bedroht war. Du kannst den Portier andächtig eine dieser Ge¬
schichten buchstabiren sehen. Sein Gemüth ist so in Anspruch genommen von
dem. was er herausbringt, daß er kaum seine Augen erhebt, um Deine Iden¬
tität festzustellen, während Du an seinein Verschlage vorüber eilst. Branche
ich noch hinzuzufügen, daß Du Materialisten- oder Schlächterburfchen oftmals
ruhig auf der Straße sitzen sehen kannst, die Marktkörbe neben sich, die Jun¬
gen selber in Thränen zerfließend, über irgend eine rührende Geschichte! Son¬
derbare Empfindung das, wenn Du grade gemüthlich aus dem Fenster siehst,
singst, pfeifst und in Ermangelung des erwarteten Kaffees oder der ersehnten
Hammelkeule keine andere Abziehung hast.

Um dieselbe Zeit, als die erste Nummer des Journal xour Jens wurde
auch der erste Band einer ganzen Serie von Werken, unter dem Titel:
lUdliotlrütMv nouvLlIo von Jaccottct. Bourdilliat Co. verlegt.


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[0401] z. B. mit „Neua Sahib oder der indische Mörder" anfängt, mag mit der Zeit zu Malesherbes oder Pascal hinangeleitet werden. Ungebildete Leser müssen in den meisten Fällen sehr niedrig anfangen, oder sie werden über¬ haupt nicht anfangen. Versuch es nur, sie von der Geschichte der Biographie oder Philosophie aus in Bewegung zu setzen und sie werden das Nennen sofort aufgeben. Nimm aber eine Erdichtung, die ihnen verständlich ist, zum Ausgangspunkt, und sie werden eine hübsche Strecke im Buche durchmachen tonnen, ohne sich nur die Zeit zum Athemholen zu lassen. Sollten sie sich durch diesen Genuß verwöhnen, ja selbst sollten sie nie fähig werden, später¬ hin andern Grund zu betreten, so sind doch ihre geistigen Organe auf jeden Fall besser dabei weggekommen, als wenn sie sich blos in den eignen schläf¬ rigen Reflexionen langweiliger Muße abgemüht Hütten.(?) Ich sagte vorher, daß die meisten dieser billigen Publicationen ihren Raum hauptsächlich der Dichtung widmen. Ich eile hinzuzufügen, daß dies keineswegs mit allen der Fall ist. So gibt das „-sourmü i11u8ti'6 ä«8 vo^g-göö ot ach vo^aMurs" Berichte über Reisen aus alter und moderner Zeit. I^ir »el<me<z poui- 'tous und Ruhe6 lies LcitmeW behandeln in populärer Weise Gegenstände, die ihrem Titel ent¬ sprechen. Das „Aus6« Ilmversel" gibt malerische Schilderungen interessanter Gegenstände der Natur und Kunst. Die Verbreitung der billigen pariser Journale ist sehr groß, und nimmt noch immer zu. Du kannst sehen, wie der Onvricr die wenigen Augenblicke, seiner Muße, welche dem Mahl im Freien folgen, auf das Ein- oder Zwei- sousjournal concentrirt, dessen Mitpatron und Anhänger er ist. Du kannst das Arbeitermädchen Abends voller Spannung, mit ihrer Nummer in der Hand, dahin eilen sehen, wie sie es nicht erwarten kann, welcher romantische Zwischenfall ihre Lieblingsheldin aus der Gefahr retten wird, von der sie in letzter Woche bedroht war. Du kannst den Portier andächtig eine dieser Ge¬ schichten buchstabiren sehen. Sein Gemüth ist so in Anspruch genommen von dem. was er herausbringt, daß er kaum seine Augen erhebt, um Deine Iden¬ tität festzustellen, während Du an seinein Verschlage vorüber eilst. Branche ich noch hinzuzufügen, daß Du Materialisten- oder Schlächterburfchen oftmals ruhig auf der Straße sitzen sehen kannst, die Marktkörbe neben sich, die Jun¬ gen selber in Thränen zerfließend, über irgend eine rührende Geschichte! Son¬ derbare Empfindung das, wenn Du grade gemüthlich aus dem Fenster siehst, singst, pfeifst und in Ermangelung des erwarteten Kaffees oder der ersehnten Hammelkeule keine andere Abziehung hast. Um dieselbe Zeit, als die erste Nummer des Journal xour Jens wurde auch der erste Band einer ganzen Serie von Werken, unter dem Titel: lUdliotlrütMv nouvLlIo von Jaccottct. Bourdilliat Co. verlegt.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 18, 1859, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341590_186950/401>, abgerufen am 24.07.2024.