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Die Grenzboten. Jg. 18, 1859, I. Semester. I. Band.

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Bahn bis Suez den Franzosen und ertheilte, von v. Lcsscps unablässig bear¬
beitet, auch die Erlaubniß zum Bau eines Kanals quer über den Isthmus.
Das Privilegium wurde, wie üblich, auf 9" Jahre ausgestellt. Der Kanal
wird nach demselben von einer Gesellschaft erbaut, welche den Namen "Ova-
l>aMik universelle an vu,art maritime Ac Luex" führt. Die ägyptische Ne¬
gierung empfängt 15 Procent vom Reingewinn, die Gründer erhalten 10, die
Actionüre 7 5 Procent. Die Abgaben werden von der ägyptischen Regierung
und der Gesellschaft gemeinschaftlich festgestellt und von Beamten der letzteren
erhoben. Außerdem räumt der Vicekönig der Gesellschaft noch einige Vortheile
ein und verspricht Beihilfe bei der Ausführung.

So schien nach dreizehnjähriger Bemühung das Unternehmen seiner Ver¬
wirklichung nahe, und es blieb nur die Bildung des nöthigen Actiencapitals
Und die Zustimmung der Pforte zu der vom Vicekönig ertheilten Bauconcession
Uvah übrig. Wie weit die erstere gelungen ist, haben wir oben gezeigt, die
letztere läßt noch heute auf sich warten und wird, da England sie bekämpft
und selbst Oestreich sie jetzt nicht mehr empfiehlt, noch so lange auf sich
Warten lassen, als die Verhältnisse sich nicht völlig ändern.

"Der Kanal wird gebaut werden," ließ sich 1855 eine östreichische Stimme
in der Allgemeinen Zeitung vernehmen, "und zwar in Gemeinschaft der drei
gwßen Nationen, welche die Civilisation der Welt vertreten (Der Verfasser
weinte damit Frankreich. England und -- die östreichische Nation). Aber der
Artikel fügt sofort hinzu: "Ebenso wenig ist das Andere zweifelhaft, der wirk¬
lich gebaute Kanal wird, weil er eben die höchsten Interessen aller Nationen
befriedigt, beständig in Gefahr gerathen, Gegenstand des Sonderintcrcsses einer
einzelnen zu werden." Der Verfasser hoffte damals, das werde sich verhüten
^sser. wenn der alte Metternichsche Gedanke, den Kanal unter die gemein¬
same Garantie der europäischen Mächte zu stellen, ausgeführt würde. Er
wöchte sich diese Ansicht jetzt zweimal überlegen müssen, bevor er sie nieder¬
schriebe. Er würde an einem Vergleich der Garantie, welche der Pforte 1856
geleistet worden ist, mit dem Verhalten Frankreichs in der montenegrinischen
"Ub rumänischen Frage, und um einem fernern Vergleich der Garantien des
Wiener Vertrags mit'der Wendung der Dinge in Belgien, in Krakau und
in Italien inne werden, daß solche Garantien sehr unsichere Schutzmittel
^gen den Ehrgeiz und das Interesse der Mächte sind, wenn sie glauben, daß
'hre Zeit gekommen ist. ^

Beide in England herrschende Parteien haben sich durch den Mund der
"W Ruder befindlichen Minister gegen die Ausführung des Suezkanals erklärt.
Palmerston fürchtete, daß die Bedeutung, welche Aegypten ans der Herstellung
^ großen Wasserstraße schöpfen könnte, der Integrität der Pforte Gefahr
Gingen werde. D'Jsraeli bezeichnete den Plan des Herrn v. Lesseps kurzweg


Bahn bis Suez den Franzosen und ertheilte, von v. Lcsscps unablässig bear¬
beitet, auch die Erlaubniß zum Bau eines Kanals quer über den Isthmus.
Das Privilegium wurde, wie üblich, auf 9» Jahre ausgestellt. Der Kanal
wird nach demselben von einer Gesellschaft erbaut, welche den Namen „Ova-
l>aMik universelle an vu,art maritime Ac Luex« führt. Die ägyptische Ne¬
gierung empfängt 15 Procent vom Reingewinn, die Gründer erhalten 10, die
Actionüre 7 5 Procent. Die Abgaben werden von der ägyptischen Regierung
und der Gesellschaft gemeinschaftlich festgestellt und von Beamten der letzteren
erhoben. Außerdem räumt der Vicekönig der Gesellschaft noch einige Vortheile
ein und verspricht Beihilfe bei der Ausführung.

So schien nach dreizehnjähriger Bemühung das Unternehmen seiner Ver¬
wirklichung nahe, und es blieb nur die Bildung des nöthigen Actiencapitals
Und die Zustimmung der Pforte zu der vom Vicekönig ertheilten Bauconcession
Uvah übrig. Wie weit die erstere gelungen ist, haben wir oben gezeigt, die
letztere läßt noch heute auf sich warten und wird, da England sie bekämpft
und selbst Oestreich sie jetzt nicht mehr empfiehlt, noch so lange auf sich
Warten lassen, als die Verhältnisse sich nicht völlig ändern.

„Der Kanal wird gebaut werden," ließ sich 1855 eine östreichische Stimme
in der Allgemeinen Zeitung vernehmen, „und zwar in Gemeinschaft der drei
gwßen Nationen, welche die Civilisation der Welt vertreten (Der Verfasser
weinte damit Frankreich. England und — die östreichische Nation). Aber der
Artikel fügt sofort hinzu: „Ebenso wenig ist das Andere zweifelhaft, der wirk¬
lich gebaute Kanal wird, weil er eben die höchsten Interessen aller Nationen
befriedigt, beständig in Gefahr gerathen, Gegenstand des Sonderintcrcsses einer
einzelnen zu werden." Der Verfasser hoffte damals, das werde sich verhüten
^sser. wenn der alte Metternichsche Gedanke, den Kanal unter die gemein¬
same Garantie der europäischen Mächte zu stellen, ausgeführt würde. Er
wöchte sich diese Ansicht jetzt zweimal überlegen müssen, bevor er sie nieder¬
schriebe. Er würde an einem Vergleich der Garantie, welche der Pforte 1856
geleistet worden ist, mit dem Verhalten Frankreichs in der montenegrinischen
"Ub rumänischen Frage, und um einem fernern Vergleich der Garantien des
Wiener Vertrags mit'der Wendung der Dinge in Belgien, in Krakau und
in Italien inne werden, daß solche Garantien sehr unsichere Schutzmittel
^gen den Ehrgeiz und das Interesse der Mächte sind, wenn sie glauben, daß
'hre Zeit gekommen ist. ^

Beide in England herrschende Parteien haben sich durch den Mund der
"W Ruder befindlichen Minister gegen die Ausführung des Suezkanals erklärt.
Palmerston fürchtete, daß die Bedeutung, welche Aegypten ans der Herstellung
^ großen Wasserstraße schöpfen könnte, der Integrität der Pforte Gefahr
Gingen werde. D'Jsraeli bezeichnete den Plan des Herrn v. Lesseps kurzweg


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[0361] Bahn bis Suez den Franzosen und ertheilte, von v. Lcsscps unablässig bear¬ beitet, auch die Erlaubniß zum Bau eines Kanals quer über den Isthmus. Das Privilegium wurde, wie üblich, auf 9» Jahre ausgestellt. Der Kanal wird nach demselben von einer Gesellschaft erbaut, welche den Namen „Ova- l>aMik universelle an vu,art maritime Ac Luex« führt. Die ägyptische Ne¬ gierung empfängt 15 Procent vom Reingewinn, die Gründer erhalten 10, die Actionüre 7 5 Procent. Die Abgaben werden von der ägyptischen Regierung und der Gesellschaft gemeinschaftlich festgestellt und von Beamten der letzteren erhoben. Außerdem räumt der Vicekönig der Gesellschaft noch einige Vortheile ein und verspricht Beihilfe bei der Ausführung. So schien nach dreizehnjähriger Bemühung das Unternehmen seiner Ver¬ wirklichung nahe, und es blieb nur die Bildung des nöthigen Actiencapitals Und die Zustimmung der Pforte zu der vom Vicekönig ertheilten Bauconcession Uvah übrig. Wie weit die erstere gelungen ist, haben wir oben gezeigt, die letztere läßt noch heute auf sich warten und wird, da England sie bekämpft und selbst Oestreich sie jetzt nicht mehr empfiehlt, noch so lange auf sich Warten lassen, als die Verhältnisse sich nicht völlig ändern. „Der Kanal wird gebaut werden," ließ sich 1855 eine östreichische Stimme in der Allgemeinen Zeitung vernehmen, „und zwar in Gemeinschaft der drei gwßen Nationen, welche die Civilisation der Welt vertreten (Der Verfasser weinte damit Frankreich. England und — die östreichische Nation). Aber der Artikel fügt sofort hinzu: „Ebenso wenig ist das Andere zweifelhaft, der wirk¬ lich gebaute Kanal wird, weil er eben die höchsten Interessen aller Nationen befriedigt, beständig in Gefahr gerathen, Gegenstand des Sonderintcrcsses einer einzelnen zu werden." Der Verfasser hoffte damals, das werde sich verhüten ^sser. wenn der alte Metternichsche Gedanke, den Kanal unter die gemein¬ same Garantie der europäischen Mächte zu stellen, ausgeführt würde. Er wöchte sich diese Ansicht jetzt zweimal überlegen müssen, bevor er sie nieder¬ schriebe. Er würde an einem Vergleich der Garantie, welche der Pforte 1856 geleistet worden ist, mit dem Verhalten Frankreichs in der montenegrinischen "Ub rumänischen Frage, und um einem fernern Vergleich der Garantien des Wiener Vertrags mit'der Wendung der Dinge in Belgien, in Krakau und in Italien inne werden, daß solche Garantien sehr unsichere Schutzmittel ^gen den Ehrgeiz und das Interesse der Mächte sind, wenn sie glauben, daß 'hre Zeit gekommen ist. ^ Beide in England herrschende Parteien haben sich durch den Mund der "W Ruder befindlichen Minister gegen die Ausführung des Suezkanals erklärt. Palmerston fürchtete, daß die Bedeutung, welche Aegypten ans der Herstellung ^ großen Wasserstraße schöpfen könnte, der Integrität der Pforte Gefahr Gingen werde. D'Jsraeli bezeichnete den Plan des Herrn v. Lesseps kurzweg

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 18, 1859, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341590_186950/361>, abgerufen am 24.07.2024.