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Die Grenzboten. Jg. 18, 1859, I. Semester. I. Band.

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anrichtet, als die durch anmuthige Wendungen erheiternde erste Abhandlung.
Sie führt den Titel: "I^lvsig. As Lesiir inainwuuL clans l'^uxois. liöxonso
ü. N. I. (Zuielnzi-at. Aber auch so begaben sich die Gegner noch nicht zur
Ruhe. Herr E. Dcsjardin, Professor der Geographie, spielte den Verlornen
Streit auf ein abgelegenes Gebiet hinüber, indem er den städtischen Begriff
von Alesia herzustellen suchte, und Herr Renan vertrat diese Ansicht in dem
Schoße der Akademie. Auch darauf erwiederte Herr Rossignol in seiner letz'
ten Schrift: "I)e 1'open'einen (Zirnlois K propos ä'^Iösig.."

Mittlerweile ist eine Abhandlung von dritter Hand erschienen, welche die
bisherige Literatur berücksichtigt, und einen unparteiischen Standpunkt einzu-
nehmen sucht. Sie sührt den Titel: Alesia,. l^tnclv für Je", so^tiömo cam-
xagne et" Läsar,^) und soll von einem der Orleansschen Prinzen herrühren-
Der Verfasser erklärt, daß Herrn Quichcrats Schrift ihn anfänglich ganz für
sich eingenommen habe; er legt aber zugleich das ehrliche Geständnis; ab, daß
diese Wirkung keine nachhaltige gewesen sei. Als nämlich der Verfasser sich
die Mühe nahm, die Worte der ursprünglichen Schriftsteller etwas näher an-
zusehen, da stieß er auf die Inhaltlosigkeit der neuen Entdeckung. Aber das
ist grade der Hauptpunkt, und kein geistreiches Feuerwerk, auch wenn es in den
sieben Farben des Regenbogens schillerte, kann auf die Dauer für den Mange-
einfacher Wahrheit entschädigen. Eben deswegen wäre es auch am Orte ge-
Wesen, der Arbeiten des Herrn Rossignol einläßlicher zu gedenken, da diesem
das große Verdienst gebührt, der Ucberflutung rhetorischer Floskeln den ersten
Damm entgegengesetzt zu haben. Aber es wird derselben nur leise, nur oben¬
hin gedacht, während man die glänzenden Einfälle der Herrn Delacroix und
Quicherat mit einer Glimpflichkeit behandelt, als ob es sich um die Wunde"
thätigkeit eines Heiligenbildes handelte. Ja! der Verfasser begibt sich ü>n
Schlüsse der Abhandlung fast wieder der eignen Ueberzeugung, indem er die
letzte Entscheidung der Frage von den künftigen Ausgraöungen bei Alaise ab¬
hängig macht. Ausgrabungen bei Alaise! Sie können immerhin der Wissen¬
schaft von Nutzen sein; aber hofft man etwa einen versteinerten Codex von
Cäsars Commentarien zu finden, der die Geschichte der Feldzüge nach deM
Entwurf der Herrn Delacroix und Quicherat enthielte? Man sieht, der
Verfasser behauptet den Standpunkt der sogenannten richtigen Mitte. Diese
mag in manchen Dingen ihre Berechtigung haben: aber wo es sich um Wah^
heit, um Recht, und wie hier, um greifbare Thatsachen handelt, da führt
zur Halbheit und Schwäche.'

Während des Streites wurden die Stichwörter: Franchccomtois und BoM



") Revue no äeux morales. 1. Mai 1853. p. 64. -- Ein anderer Aufsatz in der Vibll"'
theque de Geneve, das die neue Weisheit auch nach der Schweiz zu verpflanzen sucht'
mir nicht zu Gesicht gekommen.

anrichtet, als die durch anmuthige Wendungen erheiternde erste Abhandlung.
Sie führt den Titel: „I^lvsig. As Lesiir inainwuuL clans l'^uxois. liöxonso
ü. N. I. (Zuielnzi-at. Aber auch so begaben sich die Gegner noch nicht zur
Ruhe. Herr E. Dcsjardin, Professor der Geographie, spielte den Verlornen
Streit auf ein abgelegenes Gebiet hinüber, indem er den städtischen Begriff
von Alesia herzustellen suchte, und Herr Renan vertrat diese Ansicht in dem
Schoße der Akademie. Auch darauf erwiederte Herr Rossignol in seiner letz'
ten Schrift: „I)e 1'open'einen (Zirnlois K propos ä'^Iösig.."

Mittlerweile ist eine Abhandlung von dritter Hand erschienen, welche die
bisherige Literatur berücksichtigt, und einen unparteiischen Standpunkt einzu-
nehmen sucht. Sie sührt den Titel: Alesia,. l^tnclv für Je», so^tiömo cam-
xagne et« Läsar,^) und soll von einem der Orleansschen Prinzen herrühren-
Der Verfasser erklärt, daß Herrn Quichcrats Schrift ihn anfänglich ganz für
sich eingenommen habe; er legt aber zugleich das ehrliche Geständnis; ab, daß
diese Wirkung keine nachhaltige gewesen sei. Als nämlich der Verfasser sich
die Mühe nahm, die Worte der ursprünglichen Schriftsteller etwas näher an-
zusehen, da stieß er auf die Inhaltlosigkeit der neuen Entdeckung. Aber das
ist grade der Hauptpunkt, und kein geistreiches Feuerwerk, auch wenn es in den
sieben Farben des Regenbogens schillerte, kann auf die Dauer für den Mange-
einfacher Wahrheit entschädigen. Eben deswegen wäre es auch am Orte ge-
Wesen, der Arbeiten des Herrn Rossignol einläßlicher zu gedenken, da diesem
das große Verdienst gebührt, der Ucberflutung rhetorischer Floskeln den ersten
Damm entgegengesetzt zu haben. Aber es wird derselben nur leise, nur oben¬
hin gedacht, während man die glänzenden Einfälle der Herrn Delacroix und
Quicherat mit einer Glimpflichkeit behandelt, als ob es sich um die Wunde»
thätigkeit eines Heiligenbildes handelte. Ja! der Verfasser begibt sich ü>n
Schlüsse der Abhandlung fast wieder der eignen Ueberzeugung, indem er die
letzte Entscheidung der Frage von den künftigen Ausgraöungen bei Alaise ab¬
hängig macht. Ausgrabungen bei Alaise! Sie können immerhin der Wissen¬
schaft von Nutzen sein; aber hofft man etwa einen versteinerten Codex von
Cäsars Commentarien zu finden, der die Geschichte der Feldzüge nach deM
Entwurf der Herrn Delacroix und Quicherat enthielte? Man sieht, der
Verfasser behauptet den Standpunkt der sogenannten richtigen Mitte. Diese
mag in manchen Dingen ihre Berechtigung haben: aber wo es sich um Wah^
heit, um Recht, und wie hier, um greifbare Thatsachen handelt, da führt
zur Halbheit und Schwäche.'

Während des Streites wurden die Stichwörter: Franchccomtois und BoM



") Revue no äeux morales. 1. Mai 1853. p. 64. — Ein anderer Aufsatz in der Vibll"'
theque de Geneve, das die neue Weisheit auch nach der Schweiz zu verpflanzen sucht'
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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 18, 1859, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341590_186950/312>, abgerufen am 24.07.2024.