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Die Grenzboten. Jg. 18, 1859, I. Semester. I. Band.

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des Projects zuerst damit beantwortet, daß die Geschichte von ähnlichen Ka¬
nnten an dieser Stelle meldet. Schon Sesostris hatte den Gedanken, den
Nil (nicht direct das Mittelmeer, wozu damals keine Veranlassung war) mit
dein rothen Meer zu verbinden. Er unternahm den Bau durch das L>n>d
Gösen -- das heutige Wadi Tumilat -- ohne daß erzählt wäre, er habe ihn
vollendet. Pharao Necho setzte achthundert Jahre später das Werk fort, scheint
es aber, abgeschreckt durch die großen Schwierigkeiten, auf die er stieß*), eben¬
falls unvollendet gelassen zu haben. Darius Hystaspis nahm den Kanal
wieder in Angriff und führte die Arbeit wirklich aus. Auf die Dauer erhal¬
ten konnte man die Wasserstraße aber nicht, man darf annehmen, weil
zu rasch versandete, als daß sie die Kosten ihrer Unterhaltung gedeckt hätte.
Dies ist wenigstens von dem Kanäle sicher, welcher von Ptolemäus Phila-
delphus um die Mitte des dritten Jahrhunderts v. Chr. angelegt wurde und
der nach seinen vielen Krümmungen zu schließen mehr dem Localverkehr Aegyp'
raus als dem Welthandel zwischen Europa und den Ländern südlich und öst¬
lich vom rothen Meer diente. Er vcrschlämmte allmälig, bis ihn Kais^
Trajan ausräumen und zugleich einen Seitenarm von der Spitze des Delta
bis zum Thal Tumilat herstellen ließ. Beide Kanäle verfielen abermals
Aar, der arabische Feldherr, welcher sür den Kalifen Omar Aegypten er¬
obert, ließ den Hauptkanal ausbessern und erbot sich zugleich zur Anlegung
einer directen Wasserstraße zwischen dem Mittel- und dem rothen Meer. Dies^'
Antrag kam nicht zur Ausführung. Ebenso wenig gelang es den Venetianc>n
später, ihren Wunsch nach einer Durchstechung der Landenge von Suez be>
den Mamelnkcnsultancn durchzusetzen. Endlich sollen auch die türkischen Hen'-
scher Selim I., Murad III. und Soliman II. die Absicht einer directen Ka¬
nalverbindung gehegt haben, aber von einer Verwirklichung des Gedankens
war nicht die Rede.

Als Napoleon Aegypten eroberte, tauchte der alte Plan wieder auf; ^
zur Untersuchung der Oertlichkeit abgesandte Commission stattete indeß ihre"
Bericht dahin ab, daß an einen directen Kanal deshalb nicht zu denken s<^'
weil der Niveauunterschied zwischen dem rothen und dem Mittelmeer mehr
als 30 Fuß betrage. 1340 regten Engländer, denen sich bald Oestreicher "no
Franzosen zugesellten, die Sache von neuem an, und Mehemed Ali bewilligt
nach einigem Zaudern die Bildung einer Gesellschaft zur Erforschung der O"-'^
lichkeit. Dieselbe trat zusammen und ließ durch Stephenson die Rhede von
Suez, durch den Oestreichs Negrelli den Golf von Pelusium, durch den
zosen Talabot das Terrain zwischen den beiden Meeren untersuchen. Inzwischen
starb Mehemed Ali. auch traten die Ereignisse von 1843 störend dazwiscl)"''



') Es starben ihm dabei 120.000 Arbeiter.

des Projects zuerst damit beantwortet, daß die Geschichte von ähnlichen Ka¬
nnten an dieser Stelle meldet. Schon Sesostris hatte den Gedanken, den
Nil (nicht direct das Mittelmeer, wozu damals keine Veranlassung war) mit
dein rothen Meer zu verbinden. Er unternahm den Bau durch das L>n>d
Gösen — das heutige Wadi Tumilat — ohne daß erzählt wäre, er habe ihn
vollendet. Pharao Necho setzte achthundert Jahre später das Werk fort, scheint
es aber, abgeschreckt durch die großen Schwierigkeiten, auf die er stieß*), eben¬
falls unvollendet gelassen zu haben. Darius Hystaspis nahm den Kanal
wieder in Angriff und führte die Arbeit wirklich aus. Auf die Dauer erhal¬
ten konnte man die Wasserstraße aber nicht, man darf annehmen, weil
zu rasch versandete, als daß sie die Kosten ihrer Unterhaltung gedeckt hätte.
Dies ist wenigstens von dem Kanäle sicher, welcher von Ptolemäus Phila-
delphus um die Mitte des dritten Jahrhunderts v. Chr. angelegt wurde und
der nach seinen vielen Krümmungen zu schließen mehr dem Localverkehr Aegyp'
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lich vom rothen Meer diente. Er vcrschlämmte allmälig, bis ihn Kais^
Trajan ausräumen und zugleich einen Seitenarm von der Spitze des Delta
bis zum Thal Tumilat herstellen ließ. Beide Kanäle verfielen abermals
Aar, der arabische Feldherr, welcher sür den Kalifen Omar Aegypten er¬
obert, ließ den Hauptkanal ausbessern und erbot sich zugleich zur Anlegung
einer directen Wasserstraße zwischen dem Mittel- und dem rothen Meer. Dies^'
Antrag kam nicht zur Ausführung. Ebenso wenig gelang es den Venetianc>n
später, ihren Wunsch nach einer Durchstechung der Landenge von Suez be>
den Mamelnkcnsultancn durchzusetzen. Endlich sollen auch die türkischen Hen'-
scher Selim I., Murad III. und Soliman II. die Absicht einer directen Ka¬
nalverbindung gehegt haben, aber von einer Verwirklichung des Gedankens
war nicht die Rede.

Als Napoleon Aegypten eroberte, tauchte der alte Plan wieder auf; ^
zur Untersuchung der Oertlichkeit abgesandte Commission stattete indeß ihre»
Bericht dahin ab, daß an einen directen Kanal deshalb nicht zu denken s<^'
weil der Niveauunterschied zwischen dem rothen und dem Mittelmeer mehr
als 30 Fuß betrage. 1340 regten Engländer, denen sich bald Oestreicher »no
Franzosen zugesellten, die Sache von neuem an, und Mehemed Ali bewilligt
nach einigem Zaudern die Bildung einer Gesellschaft zur Erforschung der O«-'^
lichkeit. Dieselbe trat zusammen und ließ durch Stephenson die Rhede von
Suez, durch den Oestreichs Negrelli den Golf von Pelusium, durch den
zosen Talabot das Terrain zwischen den beiden Meeren untersuchen. Inzwischen
starb Mehemed Ali. auch traten die Ereignisse von 1843 störend dazwiscl)"''



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[0296] des Projects zuerst damit beantwortet, daß die Geschichte von ähnlichen Ka¬ nnten an dieser Stelle meldet. Schon Sesostris hatte den Gedanken, den Nil (nicht direct das Mittelmeer, wozu damals keine Veranlassung war) mit dein rothen Meer zu verbinden. Er unternahm den Bau durch das L>n>d Gösen — das heutige Wadi Tumilat — ohne daß erzählt wäre, er habe ihn vollendet. Pharao Necho setzte achthundert Jahre später das Werk fort, scheint es aber, abgeschreckt durch die großen Schwierigkeiten, auf die er stieß*), eben¬ falls unvollendet gelassen zu haben. Darius Hystaspis nahm den Kanal wieder in Angriff und führte die Arbeit wirklich aus. Auf die Dauer erhal¬ ten konnte man die Wasserstraße aber nicht, man darf annehmen, weil zu rasch versandete, als daß sie die Kosten ihrer Unterhaltung gedeckt hätte. Dies ist wenigstens von dem Kanäle sicher, welcher von Ptolemäus Phila- delphus um die Mitte des dritten Jahrhunderts v. Chr. angelegt wurde und der nach seinen vielen Krümmungen zu schließen mehr dem Localverkehr Aegyp' raus als dem Welthandel zwischen Europa und den Ländern südlich und öst¬ lich vom rothen Meer diente. Er vcrschlämmte allmälig, bis ihn Kais^ Trajan ausräumen und zugleich einen Seitenarm von der Spitze des Delta bis zum Thal Tumilat herstellen ließ. Beide Kanäle verfielen abermals Aar, der arabische Feldherr, welcher sür den Kalifen Omar Aegypten er¬ obert, ließ den Hauptkanal ausbessern und erbot sich zugleich zur Anlegung einer directen Wasserstraße zwischen dem Mittel- und dem rothen Meer. Dies^' Antrag kam nicht zur Ausführung. Ebenso wenig gelang es den Venetianc>n später, ihren Wunsch nach einer Durchstechung der Landenge von Suez be> den Mamelnkcnsultancn durchzusetzen. Endlich sollen auch die türkischen Hen'- scher Selim I., Murad III. und Soliman II. die Absicht einer directen Ka¬ nalverbindung gehegt haben, aber von einer Verwirklichung des Gedankens war nicht die Rede. Als Napoleon Aegypten eroberte, tauchte der alte Plan wieder auf; ^ zur Untersuchung der Oertlichkeit abgesandte Commission stattete indeß ihre» Bericht dahin ab, daß an einen directen Kanal deshalb nicht zu denken s<^' weil der Niveauunterschied zwischen dem rothen und dem Mittelmeer mehr als 30 Fuß betrage. 1340 regten Engländer, denen sich bald Oestreicher »no Franzosen zugesellten, die Sache von neuem an, und Mehemed Ali bewilligt nach einigem Zaudern die Bildung einer Gesellschaft zur Erforschung der O«-'^ lichkeit. Dieselbe trat zusammen und ließ durch Stephenson die Rhede von Suez, durch den Oestreichs Negrelli den Golf von Pelusium, durch den zosen Talabot das Terrain zwischen den beiden Meeren untersuchen. Inzwischen starb Mehemed Ali. auch traten die Ereignisse von 1843 störend dazwiscl)"'' ') Es starben ihm dabei 120.000 Arbeiter.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 18, 1859, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341590_186950/296>, abgerufen am 24.07.2024.