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Die Grenzboten. Jg. 18, 1859, I. Semester. I. Band.

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^ Frage, ob der Handelsverkehr von Europa über das rothe Meer nach
Indien sich in ersprießlicher Weise wieder anknüpfen läßt. Das rothe Meer
kleidet jetzt nicht blos durch die Seestraße um das Kap der guten Hoffnung,
sondern seit Errichtung des Staats Kalifornien und dem Beginn des Mcnschen-
Und Waarenzuges über den Isthmus von Panama eine Verminderung seines
Werthes. Vor allem aber muß man die große Veränderung in der Natur
^'s Handels beachten, die seit der Entdeckung Amerikas eingetreten ist. Im
^ittclalter waren es Edelsteine und Gewürze, welche im Welthandel den
^sein Rang einnahmen, besonders die letzteren; denn der Pscfferhandcl war
wichtiger als irgend ein anderer Zweig kaufmännischer Thätigkeit. Die Haupt-
^eitel des heutigen Welthandels dagegen sind Zucker, Kaffee, Thee, Wolle,
^'r allem aber Baumwolle. Gehörten diese Producte meist ausschließlich den
ostlichen Ländern an, so zählen sie jetzt zu den amerikanischen Stapelartikeln.
Amerika führt mehr Zucker und Kaffee aus, als alle andern Länder, wo
Producte gedeihen, der Süden der Vereinigten Staaten allein liefert
^hr als fünfmal so viel Baumwolle in unsere Fabriken, wie ganz Asien,
will man dem Welthandel ein engeres Bett anweisen, so ist es der at-
^utische Ocean, von dem man behaupten kann, er trage die größere Hälfte
^Isen, was die Welttheile unter sich austauschen. Nicht die romanischen und
'^"nischen Völker repräsentiren jetzt die größte Productionskra.fr in den Ge¬
werben und die größte Cvnsumtionskraft im Bedarf von Noherzeuguisscn, und
"'ehe Indien und China sind es. welche beim Welthandel als die ersten
Märkte in Betracht kommen, sondern die Pole der Verkehrsströmung liegen
Norden, im Bereich der germanischen Arbeit, in Nordamerika, in Eng-
^ud und in Deutschland. Ein Vergleich der Ein- und Ausfuhr vou Alex-
""drim, Trieft. Genua und Marseille mit der Ein- und Ausfuhr von Neu-
^ik u"o Neuorleans. London und Hamburg läßt darüber keinen Zweifel
^'ig, und so wird man zunächst zugeben müssen, daß die Durchstechung der
auberge von Suez fast mir eine örtliche Bedeutung für die Mittelmeerufer
^'e. daß sie wenigstens keine solche Umwälzung zur Folge haben werde, wie
^ Entdeckung Amerikas oder der Fahrt nach Ostindien um das Vorgebirg
^ guten Hoffnung. Indien, China, selbst Australien werden Amerika in
^ Mer Bedeutung für den Handel nie einholen, so wenig wie die romanischen
°^er die germanischen in Europa.

Daß der Kanal trotz alledem für den Handel der Mittelmeerstaaten, für
Türkei, Griechenland, Oestreich, Italien und Frankreich Bedeutung habe,
^ hiermit nicht widerlegt. Es fragt sich nur, ob diese Staaten allein die
öfter seines Baues und seiner Erhaltung durch ihre Benutzung decken werden,
herbei ist die erste Frage die nach den technischen Schwierigkeiten, welche sich
Unternehmen etwa entgegenstellen. Diese wird von den Vertheidigern


^ Frage, ob der Handelsverkehr von Europa über das rothe Meer nach
Indien sich in ersprießlicher Weise wieder anknüpfen läßt. Das rothe Meer
kleidet jetzt nicht blos durch die Seestraße um das Kap der guten Hoffnung,
sondern seit Errichtung des Staats Kalifornien und dem Beginn des Mcnschen-
Und Waarenzuges über den Isthmus von Panama eine Verminderung seines
Werthes. Vor allem aber muß man die große Veränderung in der Natur
^'s Handels beachten, die seit der Entdeckung Amerikas eingetreten ist. Im
^ittclalter waren es Edelsteine und Gewürze, welche im Welthandel den
^sein Rang einnahmen, besonders die letzteren; denn der Pscfferhandcl war
wichtiger als irgend ein anderer Zweig kaufmännischer Thätigkeit. Die Haupt-
^eitel des heutigen Welthandels dagegen sind Zucker, Kaffee, Thee, Wolle,
^'r allem aber Baumwolle. Gehörten diese Producte meist ausschließlich den
ostlichen Ländern an, so zählen sie jetzt zu den amerikanischen Stapelartikeln.
Amerika führt mehr Zucker und Kaffee aus, als alle andern Länder, wo
Producte gedeihen, der Süden der Vereinigten Staaten allein liefert
^hr als fünfmal so viel Baumwolle in unsere Fabriken, wie ganz Asien,
will man dem Welthandel ein engeres Bett anweisen, so ist es der at-
^utische Ocean, von dem man behaupten kann, er trage die größere Hälfte
^Isen, was die Welttheile unter sich austauschen. Nicht die romanischen und
'^"nischen Völker repräsentiren jetzt die größte Productionskra.fr in den Ge¬
werben und die größte Cvnsumtionskraft im Bedarf von Noherzeuguisscn, und
"'ehe Indien und China sind es. welche beim Welthandel als die ersten
Märkte in Betracht kommen, sondern die Pole der Verkehrsströmung liegen
Norden, im Bereich der germanischen Arbeit, in Nordamerika, in Eng-
^ud und in Deutschland. Ein Vergleich der Ein- und Ausfuhr vou Alex-
""drim, Trieft. Genua und Marseille mit der Ein- und Ausfuhr von Neu-
^ik u„o Neuorleans. London und Hamburg läßt darüber keinen Zweifel
^'ig, und so wird man zunächst zugeben müssen, daß die Durchstechung der
auberge von Suez fast mir eine örtliche Bedeutung für die Mittelmeerufer
^'e. daß sie wenigstens keine solche Umwälzung zur Folge haben werde, wie
^ Entdeckung Amerikas oder der Fahrt nach Ostindien um das Vorgebirg
^ guten Hoffnung. Indien, China, selbst Australien werden Amerika in
^ Mer Bedeutung für den Handel nie einholen, so wenig wie die romanischen
°^er die germanischen in Europa.

Daß der Kanal trotz alledem für den Handel der Mittelmeerstaaten, für
Türkei, Griechenland, Oestreich, Italien und Frankreich Bedeutung habe,
^ hiermit nicht widerlegt. Es fragt sich nur, ob diese Staaten allein die
öfter seines Baues und seiner Erhaltung durch ihre Benutzung decken werden,
herbei ist die erste Frage die nach den technischen Schwierigkeiten, welche sich
Unternehmen etwa entgegenstellen. Diese wird von den Vertheidigern


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[0295] ^ Frage, ob der Handelsverkehr von Europa über das rothe Meer nach Indien sich in ersprießlicher Weise wieder anknüpfen läßt. Das rothe Meer kleidet jetzt nicht blos durch die Seestraße um das Kap der guten Hoffnung, sondern seit Errichtung des Staats Kalifornien und dem Beginn des Mcnschen- Und Waarenzuges über den Isthmus von Panama eine Verminderung seines Werthes. Vor allem aber muß man die große Veränderung in der Natur ^'s Handels beachten, die seit der Entdeckung Amerikas eingetreten ist. Im ^ittclalter waren es Edelsteine und Gewürze, welche im Welthandel den ^sein Rang einnahmen, besonders die letzteren; denn der Pscfferhandcl war wichtiger als irgend ein anderer Zweig kaufmännischer Thätigkeit. Die Haupt- ^eitel des heutigen Welthandels dagegen sind Zucker, Kaffee, Thee, Wolle, ^'r allem aber Baumwolle. Gehörten diese Producte meist ausschließlich den ostlichen Ländern an, so zählen sie jetzt zu den amerikanischen Stapelartikeln. Amerika führt mehr Zucker und Kaffee aus, als alle andern Länder, wo Producte gedeihen, der Süden der Vereinigten Staaten allein liefert ^hr als fünfmal so viel Baumwolle in unsere Fabriken, wie ganz Asien, will man dem Welthandel ein engeres Bett anweisen, so ist es der at- ^utische Ocean, von dem man behaupten kann, er trage die größere Hälfte ^Isen, was die Welttheile unter sich austauschen. Nicht die romanischen und '^"nischen Völker repräsentiren jetzt die größte Productionskra.fr in den Ge¬ werben und die größte Cvnsumtionskraft im Bedarf von Noherzeuguisscn, und "'ehe Indien und China sind es. welche beim Welthandel als die ersten Märkte in Betracht kommen, sondern die Pole der Verkehrsströmung liegen Norden, im Bereich der germanischen Arbeit, in Nordamerika, in Eng- ^ud und in Deutschland. Ein Vergleich der Ein- und Ausfuhr vou Alex- ""drim, Trieft. Genua und Marseille mit der Ein- und Ausfuhr von Neu- ^ik u„o Neuorleans. London und Hamburg läßt darüber keinen Zweifel ^'ig, und so wird man zunächst zugeben müssen, daß die Durchstechung der auberge von Suez fast mir eine örtliche Bedeutung für die Mittelmeerufer ^'e. daß sie wenigstens keine solche Umwälzung zur Folge haben werde, wie ^ Entdeckung Amerikas oder der Fahrt nach Ostindien um das Vorgebirg ^ guten Hoffnung. Indien, China, selbst Australien werden Amerika in ^ Mer Bedeutung für den Handel nie einholen, so wenig wie die romanischen °^er die germanischen in Europa. Daß der Kanal trotz alledem für den Handel der Mittelmeerstaaten, für Türkei, Griechenland, Oestreich, Italien und Frankreich Bedeutung habe, ^ hiermit nicht widerlegt. Es fragt sich nur, ob diese Staaten allein die öfter seines Baues und seiner Erhaltung durch ihre Benutzung decken werden, herbei ist die erste Frage die nach den technischen Schwierigkeiten, welche sich Unternehmen etwa entgegenstellen. Diese wird von den Vertheidigern

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 18, 1859, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341590_186950/295>, abgerufen am 24.07.2024.