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Die Grenzboten. Jg. 18, 1859, I. Semester. I. Band.

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ebenso nothwendig als wünschenswerth. Daß der Adel eine geschlossene Ge¬
meinschaft bildet, beweist allein schon die Neception, welche sonst gar l'einen
Sinn Hütte. Er beansprucht zwar heute nicht die Erwerbung neuer, aber die
gemeinschaftliche Wahrung alter Standesrechte, und wenn auch die Nereins-
ncte bei der Neception nicht mehr zur Grundlage genommen wird, wenn auch deren
Untcrschreibung nicht mehr erforderlich ist. so ist doch klar, daß er sich damit
nur eines äußern Zeichens, niemals aber der Sache selbst ausdrücklich begeben
hat. Er will keine von der Gesammtheit der Ritterschaft getrennte Corporation
sein, nimmt aber doch ausschließliche Vorrechte in Anspruch, deren Recht
lz- B. in Betreff der Klostersrage) nicht unbestritten ist, deren Ausübung also even¬
tuell die Rechte anderer beeinträchtigen kann. So ist die Reception thatsäch¬
lich zugleich eine Aufnahme in die Gemeinschaft ausschließlicher Berechti¬
gungen -- oder in eine Corporation, als deren bindendes Kennzeichen doch
look nur ausschließliche Berechtigungen betrachtet werden können. Es ist
uicht unsre Absicht, diesen Gegenstand weiter zu untersuchen; das müssen
Wir aber nochmals hervorheben, daß trotz dem Gesagten der Adel selbst be¬
hauptet (Dictamen vom 5. December 1845) "eine besondere von der
Ritterschaft getrennte") Corporation nicht zu sein."




Die architektonischen Bestrebungen unserer Zeit.
4.

Das italienische Volk war jenem innern Zwiespalt, der die Völker germa-
'Aschen Stammes verzehrte, fremd geblieben. Die Richtung auf eine schöne Sinn¬
lichkeit, die den Grundzug des italienischen Volkes ausmachte, und das geistige
^eben des Volkes auf das Gebiet der Künste lenkte, erwies sich auch inner¬
halb der Sphäre der Religion siegreich; kam doch der Katholicismus selbst
svlchenr Streben durch einen auf die Sinne berechneten Cultus entgegen.
Hatte sich aber im italienischen Volk die Verschmelzung des germanischen
^olksgeistes mit dem Römerthum factisch vollzogen, so darf es uns nicht
Zunder nehmen, wenn auch in den Kunstleistungen der Italiener die Ver-



") Den Worten nach hat er darin zwar Recht, aber eine Corporation in und neben der
Ritterschaft -- das ist die Frage.
Grenzboten I. 1S5S. 33

ebenso nothwendig als wünschenswerth. Daß der Adel eine geschlossene Ge¬
meinschaft bildet, beweist allein schon die Neception, welche sonst gar l'einen
Sinn Hütte. Er beansprucht zwar heute nicht die Erwerbung neuer, aber die
gemeinschaftliche Wahrung alter Standesrechte, und wenn auch die Nereins-
ncte bei der Neception nicht mehr zur Grundlage genommen wird, wenn auch deren
Untcrschreibung nicht mehr erforderlich ist. so ist doch klar, daß er sich damit
nur eines äußern Zeichens, niemals aber der Sache selbst ausdrücklich begeben
hat. Er will keine von der Gesammtheit der Ritterschaft getrennte Corporation
sein, nimmt aber doch ausschließliche Vorrechte in Anspruch, deren Recht
lz- B. in Betreff der Klostersrage) nicht unbestritten ist, deren Ausübung also even¬
tuell die Rechte anderer beeinträchtigen kann. So ist die Reception thatsäch¬
lich zugleich eine Aufnahme in die Gemeinschaft ausschließlicher Berechti¬
gungen — oder in eine Corporation, als deren bindendes Kennzeichen doch
look nur ausschließliche Berechtigungen betrachtet werden können. Es ist
uicht unsre Absicht, diesen Gegenstand weiter zu untersuchen; das müssen
Wir aber nochmals hervorheben, daß trotz dem Gesagten der Adel selbst be¬
hauptet (Dictamen vom 5. December 1845) „eine besondere von der
Ritterschaft getrennte") Corporation nicht zu sein."




Die architektonischen Bestrebungen unserer Zeit.
4.

Das italienische Volk war jenem innern Zwiespalt, der die Völker germa-
'Aschen Stammes verzehrte, fremd geblieben. Die Richtung auf eine schöne Sinn¬
lichkeit, die den Grundzug des italienischen Volkes ausmachte, und das geistige
^eben des Volkes auf das Gebiet der Künste lenkte, erwies sich auch inner¬
halb der Sphäre der Religion siegreich; kam doch der Katholicismus selbst
svlchenr Streben durch einen auf die Sinne berechneten Cultus entgegen.
Hatte sich aber im italienischen Volk die Verschmelzung des germanischen
^olksgeistes mit dem Römerthum factisch vollzogen, so darf es uns nicht
Zunder nehmen, wenn auch in den Kunstleistungen der Italiener die Ver-



") Den Worten nach hat er darin zwar Recht, aber eine Corporation in und neben der
Ritterschaft — das ist die Frage.
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[0267] ebenso nothwendig als wünschenswerth. Daß der Adel eine geschlossene Ge¬ meinschaft bildet, beweist allein schon die Neception, welche sonst gar l'einen Sinn Hütte. Er beansprucht zwar heute nicht die Erwerbung neuer, aber die gemeinschaftliche Wahrung alter Standesrechte, und wenn auch die Nereins- ncte bei der Neception nicht mehr zur Grundlage genommen wird, wenn auch deren Untcrschreibung nicht mehr erforderlich ist. so ist doch klar, daß er sich damit nur eines äußern Zeichens, niemals aber der Sache selbst ausdrücklich begeben hat. Er will keine von der Gesammtheit der Ritterschaft getrennte Corporation sein, nimmt aber doch ausschließliche Vorrechte in Anspruch, deren Recht lz- B. in Betreff der Klostersrage) nicht unbestritten ist, deren Ausübung also even¬ tuell die Rechte anderer beeinträchtigen kann. So ist die Reception thatsäch¬ lich zugleich eine Aufnahme in die Gemeinschaft ausschließlicher Berechti¬ gungen — oder in eine Corporation, als deren bindendes Kennzeichen doch look nur ausschließliche Berechtigungen betrachtet werden können. Es ist uicht unsre Absicht, diesen Gegenstand weiter zu untersuchen; das müssen Wir aber nochmals hervorheben, daß trotz dem Gesagten der Adel selbst be¬ hauptet (Dictamen vom 5. December 1845) „eine besondere von der Ritterschaft getrennte") Corporation nicht zu sein." Die architektonischen Bestrebungen unserer Zeit. 4. Das italienische Volk war jenem innern Zwiespalt, der die Völker germa- 'Aschen Stammes verzehrte, fremd geblieben. Die Richtung auf eine schöne Sinn¬ lichkeit, die den Grundzug des italienischen Volkes ausmachte, und das geistige ^eben des Volkes auf das Gebiet der Künste lenkte, erwies sich auch inner¬ halb der Sphäre der Religion siegreich; kam doch der Katholicismus selbst svlchenr Streben durch einen auf die Sinne berechneten Cultus entgegen. Hatte sich aber im italienischen Volk die Verschmelzung des germanischen ^olksgeistes mit dem Römerthum factisch vollzogen, so darf es uns nicht Zunder nehmen, wenn auch in den Kunstleistungen der Italiener die Ver- ") Den Worten nach hat er darin zwar Recht, aber eine Corporation in und neben der Ritterschaft — das ist die Frage. Grenzboten I. 1S5S. 33

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 18, 1859, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341590_186950/267>, abgerufen am 24.07.2024.