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Die Grenzboten. Jg. 18, 1859, I. Semester. I. Band.

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^then und feststellen (!) lassen. Die erwähnten sind Rescripte der schwerin-
schen Regierung, von der strelitzschen gingen gleichlautende ein. Auf sie
vergab der Adel ein Verzeichnis^ der zum eingebornen ?c. mecklenburgischen
^del gehörigen Mitglieder, jedoch mit Vorbehalt der Vervollständigung des¬
selben. -- Die gedachten Rescripte hatten gewiß den Zweck, die in der Ritter¬
schaft entstandenen Streitigkeiten auszugleichen; es ist aber leicht ersichtlich,
ihre Anerkennung des Adels als politischer Corporation mit besondern
Vorrechten, in Grundlage der die Verbindung zusammenhaltenden Vereinsacte,
>^e Ausgleichung erschwerte oder gar unmöglich Machte. Durch die Anerken¬
nung des Selbstregierungsrechtes wurde eine Corporation nicht nur auf un-
gnnessene Dau.er conservirt, sondern zugleich der Geist gekräftigt, welcher eben
^ehe Dauer verbürgt. Durch Anerkennung einer Gemeinschaft, welche poli¬
tische Gerechtsame und Vorrechte zu erhalten verbunden ist, hat man eine
^vlitische Macht im Staate sanctionirt, ein zu allen Zeiten gefährliches Unter-
Uchmen; da die einzelnen Mitglieder dieser Gemeinschaft sich aber bei adligen
^"l'te und Ehren nicht nur für sich, sondern auch für ihre Nachkommen ver¬
nichten, so hat man eine erbliche politische Macht anerkannt, ohne zu berück¬
sichtigen, daß deren Corporationspflichten und Zwecke mit den Staatspflichten
Und Staatszwecken in Conflict gerathen müssen. Jene Corporation ist über-
eilte solche, welche dem Bundesbeschluß vom 5. Juli 1832, in dem
^Ub 2) politische Vereine untersagt sind, gradezu entgegensteht.

Ehe jedoch diese Negieruugsrescripte allgemein bekannt wurden (es ist
lchon gesagt, daß dies erst im Jahre 1844 geschah) trat noch ein anderes
Aufregendes Moment zwischen die bürgerlichen und adligen Gutsbesitzer. Die
^'cinlassung gab ein scheinbar geringfügiger Umstand, die Berathung dar-
ab im Deliberations- oder im Directorialzimmer verhandelt werden
°Ac. Durch mancherlei Zwischenfälle wurde dieselbe sehr stürmisch und schließ-
) enthielten sich die bürgerlichen Gutsbesitzer der Abstimmung. Dies gaben
^ von ihnen zu Protokoll "im Namen aller zur Vertheidigung ihrer ver-
llungsmäßigen Rechte verbundenen bürgerlichen Gutsbesitzer". Dadurch aber
'Arde ein adliger Gutsbesitzer zu dem Antrage bewogen) "das Landtags-
'^torium möge den großherzoglichen Commissarien eine Anzeige hierüber
feilen, damit die Landesherrn erführen, daß sich eine Verbindung zwischen
"^'u herausstelle." Wer hätte nun glauben sollen, daß das Direktorium sich
^'f diesen rein privaten Antrag einlassen würde? Aber es geschah und schon
^, ^'r nächsten Sitzung machte dies dem Plenum die Anzeige -- dasselbe
^ect^riuui/) welches damals die Corpsanerkennung des Adels sammt der



^"d Direktorium besteht aus drei adlige" Erl'landmarschällen, naht adligen Landräthen
>ep ^ Deputaten der Stadt Rostock. Seine Stellung ist vielfach streitig; manche behaup-
' ^ sei nnr zur Leitung und Ordnung der Verhandlungen da, während es selbst mehr-
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^then und feststellen (!) lassen. Die erwähnten sind Rescripte der schwerin-
schen Regierung, von der strelitzschen gingen gleichlautende ein. Auf sie
vergab der Adel ein Verzeichnis^ der zum eingebornen ?c. mecklenburgischen
^del gehörigen Mitglieder, jedoch mit Vorbehalt der Vervollständigung des¬
selben. — Die gedachten Rescripte hatten gewiß den Zweck, die in der Ritter¬
schaft entstandenen Streitigkeiten auszugleichen; es ist aber leicht ersichtlich,
ihre Anerkennung des Adels als politischer Corporation mit besondern
Vorrechten, in Grundlage der die Verbindung zusammenhaltenden Vereinsacte,
>^e Ausgleichung erschwerte oder gar unmöglich Machte. Durch die Anerken¬
nung des Selbstregierungsrechtes wurde eine Corporation nicht nur auf un-
gnnessene Dau.er conservirt, sondern zugleich der Geist gekräftigt, welcher eben
^ehe Dauer verbürgt. Durch Anerkennung einer Gemeinschaft, welche poli¬
tische Gerechtsame und Vorrechte zu erhalten verbunden ist, hat man eine
^vlitische Macht im Staate sanctionirt, ein zu allen Zeiten gefährliches Unter-
Uchmen; da die einzelnen Mitglieder dieser Gemeinschaft sich aber bei adligen
^"l'te und Ehren nicht nur für sich, sondern auch für ihre Nachkommen ver¬
nichten, so hat man eine erbliche politische Macht anerkannt, ohne zu berück¬
sichtigen, daß deren Corporationspflichten und Zwecke mit den Staatspflichten
Und Staatszwecken in Conflict gerathen müssen. Jene Corporation ist über-
eilte solche, welche dem Bundesbeschluß vom 5. Juli 1832, in dem
^Ub 2) politische Vereine untersagt sind, gradezu entgegensteht.

Ehe jedoch diese Negieruugsrescripte allgemein bekannt wurden (es ist
lchon gesagt, daß dies erst im Jahre 1844 geschah) trat noch ein anderes
Aufregendes Moment zwischen die bürgerlichen und adligen Gutsbesitzer. Die
^'cinlassung gab ein scheinbar geringfügiger Umstand, die Berathung dar-
ab im Deliberations- oder im Directorialzimmer verhandelt werden
°Ac. Durch mancherlei Zwischenfälle wurde dieselbe sehr stürmisch und schließ-
) enthielten sich die bürgerlichen Gutsbesitzer der Abstimmung. Dies gaben
^ von ihnen zu Protokoll „im Namen aller zur Vertheidigung ihrer ver-
llungsmäßigen Rechte verbundenen bürgerlichen Gutsbesitzer". Dadurch aber
'Arde ein adliger Gutsbesitzer zu dem Antrage bewogen) „das Landtags-
'^torium möge den großherzoglichen Commissarien eine Anzeige hierüber
feilen, damit die Landesherrn erführen, daß sich eine Verbindung zwischen
"^'u herausstelle." Wer hätte nun glauben sollen, daß das Direktorium sich
^'f diesen rein privaten Antrag einlassen würde? Aber es geschah und schon
^, ^'r nächsten Sitzung machte dies dem Plenum die Anzeige — dasselbe
^ect^riuui/) welches damals die Corpsanerkennung des Adels sammt der



^»d Direktorium besteht aus drei adlige» Erl'landmarschällen, naht adligen Landräthen
>ep ^ Deputaten der Stadt Rostock. Seine Stellung ist vielfach streitig; manche behaup-
' ^ sei nnr zur Leitung und Ordnung der Verhandlungen da, während es selbst mehr-
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[0261] ^then und feststellen (!) lassen. Die erwähnten sind Rescripte der schwerin- schen Regierung, von der strelitzschen gingen gleichlautende ein. Auf sie vergab der Adel ein Verzeichnis^ der zum eingebornen ?c. mecklenburgischen ^del gehörigen Mitglieder, jedoch mit Vorbehalt der Vervollständigung des¬ selben. — Die gedachten Rescripte hatten gewiß den Zweck, die in der Ritter¬ schaft entstandenen Streitigkeiten auszugleichen; es ist aber leicht ersichtlich, ihre Anerkennung des Adels als politischer Corporation mit besondern Vorrechten, in Grundlage der die Verbindung zusammenhaltenden Vereinsacte, >^e Ausgleichung erschwerte oder gar unmöglich Machte. Durch die Anerken¬ nung des Selbstregierungsrechtes wurde eine Corporation nicht nur auf un- gnnessene Dau.er conservirt, sondern zugleich der Geist gekräftigt, welcher eben ^ehe Dauer verbürgt. Durch Anerkennung einer Gemeinschaft, welche poli¬ tische Gerechtsame und Vorrechte zu erhalten verbunden ist, hat man eine ^vlitische Macht im Staate sanctionirt, ein zu allen Zeiten gefährliches Unter- Uchmen; da die einzelnen Mitglieder dieser Gemeinschaft sich aber bei adligen ^"l'te und Ehren nicht nur für sich, sondern auch für ihre Nachkommen ver¬ nichten, so hat man eine erbliche politische Macht anerkannt, ohne zu berück¬ sichtigen, daß deren Corporationspflichten und Zwecke mit den Staatspflichten Und Staatszwecken in Conflict gerathen müssen. Jene Corporation ist über- eilte solche, welche dem Bundesbeschluß vom 5. Juli 1832, in dem ^Ub 2) politische Vereine untersagt sind, gradezu entgegensteht. Ehe jedoch diese Negieruugsrescripte allgemein bekannt wurden (es ist lchon gesagt, daß dies erst im Jahre 1844 geschah) trat noch ein anderes Aufregendes Moment zwischen die bürgerlichen und adligen Gutsbesitzer. Die ^'cinlassung gab ein scheinbar geringfügiger Umstand, die Berathung dar- ab im Deliberations- oder im Directorialzimmer verhandelt werden °Ac. Durch mancherlei Zwischenfälle wurde dieselbe sehr stürmisch und schließ- ) enthielten sich die bürgerlichen Gutsbesitzer der Abstimmung. Dies gaben ^ von ihnen zu Protokoll „im Namen aller zur Vertheidigung ihrer ver- llungsmäßigen Rechte verbundenen bürgerlichen Gutsbesitzer". Dadurch aber 'Arde ein adliger Gutsbesitzer zu dem Antrage bewogen) „das Landtags- '^torium möge den großherzoglichen Commissarien eine Anzeige hierüber feilen, damit die Landesherrn erführen, daß sich eine Verbindung zwischen "^'u herausstelle." Wer hätte nun glauben sollen, daß das Direktorium sich ^'f diesen rein privaten Antrag einlassen würde? Aber es geschah und schon ^, ^'r nächsten Sitzung machte dies dem Plenum die Anzeige — dasselbe ^ect^riuui/) welches damals die Corpsanerkennung des Adels sammt der ^»d Direktorium besteht aus drei adlige» Erl'landmarschällen, naht adligen Landräthen >ep ^ Deputaten der Stadt Rostock. Seine Stellung ist vielfach streitig; manche behaup- ' ^ sei nnr zur Leitung und Ordnung der Verhandlungen da, während es selbst mehr- 32*

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 18, 1859, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341590_186950/261>, abgerufen am 24.07.2024.