Die Grenzboten. Jg. 18, 1859, I. Semester. I. Band.den östreichischen Soldaten, und wenn sie deren hätten, so dürften sie sie nicht zei¬ Der kaiserliche Hof ist in den letzten-Jahren beharrlich bemüht gewesen, den höher" den östreichischen Soldaten, und wenn sie deren hätten, so dürften sie sie nicht zei¬ Der kaiserliche Hof ist in den letzten-Jahren beharrlich bemüht gewesen, den höher» <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0244" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/187196"/> <p xml:id="ID_694" prev="#ID_693"> den östreichischen Soldaten, und wenn sie deren hätten, so dürften sie sie nicht zei¬<lb/> gen, um nicht als unpatriotisch zu gelten; denn hierin findet, wie es bei Politische«<lb/> Bewegungen immer geschieht, eine Terrorisirnng der großen gleichgiltigen Mehrzahl<lb/> durch die lauten Wortführer statt. Ueber ihre Stellung gegenüber der Einwohner¬<lb/> schaft des Landes also macht sich die Armee keinerlei Illusionen. Um der Regierung<lb/> insbesondere unter den jetzigen Umständen keine Schwierigkeiten zu bereiten und siel)<lb/> nicht mit Recht noch verhaßter zu machen, vermeidet sie es sorgfältig, Anlaß j»<lb/> Reibungen zu geben; andrerseits vergißt sie nie, daß es in letzter Instanz ihre Auf¬<lb/> gabe sein wird, diese Provinz der Monarchie zu erhalten. —</p><lb/> <p xml:id="ID_695" next="#ID_696"> Der kaiserliche Hof ist in den letzten-Jahren beharrlich bemüht gewesen, den höher»<lb/> Adel der italienischen Provinzen, welcher sich im Jahre 1848 zum größten Theil<lb/> stark compromittirt hatte, und seit damals eine feindselige Haltung gegen die Re¬<lb/> gierung beobachtete, durch Entgegenkommen zu gewinnen. Zahlreiche landesflüchtig<lb/> Nobili wurden amncstirt, in den Besitz ihrer Güter wieder eingesetzt, alle an den<lb/> Hof gezogen, dort mit der größten Zuvorkommenheit behandelt, ja ausgezeichnet.<lb/> Kaiser Franz Joseph that in dieser Beziehung bei Gelegenheit seines Besuches in<lb/> Italien 1857 alles, was dem Monarchen entfremdeten Unterthanen gegenüber<lb/> thun möglich war. Erzherzog Ferdinand Max bot nicht minder die größte Artigkeit<lb/> aus, die Aristokratie günstig zu stimmen, er war vielleicht nur zu artig. Der Ver¬<lb/> such schlug fehl. Die Nobili setzten, indem sie erkannten, daß man einen g«»i<lb/> besondern Werth daraus lege, sie bei Hofe erscheinen, und dadurch ihre Aussöh»u>'ö<lb/> mit dem gegenwärtigen Zustand der Dinge beurkunden zu sehen, den Höflichkeiten<lb/> des Erzherzogs fast ohne Ausnahme einen hartnäckigen Trotz entgegen, schmollte»,<lb/> erschienen selten und dann mit sichtbarem Widerwillen bei Hofe, und verriethen e>»<lb/> ängstliches Bestreben, ja nicht für kaiserlich und unpatriotisch gesinnt gehalten<lb/> werden. Der venezianische Adel benahm sich bei dieser Art Opposition doch ge>»^<lb/> ßigt und mit Anstand, der Mailänder hingegen beobachtete sehr wenig Takt. Zw^<lb/> nur ein geringer Theil der Aristokratie zog sich ganz und beharrlich von dem<lb/> und der Regierung zurück; die meisten erschienen an den Empfcmgstagcn und de><lb/> den Bällen des in Mailand residirenden Erzherzogs, doch fuhren sie fort, mit de»<lb/> andern der Regierung offen entgegenstehenden Standesgenossen Opposition zu mache"'<lb/> der Negierung Schwierigkeiten zu bereiten und durch kleinliche Demonstrationen,<lb/> denen man wußte, daß die Regierung dagegen nicht mit Strenge einschreiten werd^-<lb/> sich den wohlfeilen Ruf von kühnen Patrioten zu erwerben. An der Spitze dies^<lb/> Cotcric stehn die jungen Elegants Mailands, die Söhne der ersten Familien ^<lb/> Landes, welche, während in andern Provinzen der Monarchie die Glieder der '<lb/> sten Familien in der Armee oder dem Staate in der Verwaltung dienen, hier 'h^<lb/> Jngend ohne irgend eine Beschäftigung so rasch als es in Italien möglich ist, i"<lb/> verleben trachten. Nur äußerst wenig Italiener von vornehmer Abkunft dienen e><lb/> Offiziere oder im Civil, sie ziehn das Theater und Kaffechauslebcn Mailands r>c>l,<lb/> wo sie nun bei dem Mangel jeder Beschäftigung Politik und Revolution maä)U''<lb/> sich in Unarten gegen den Erzherzog gefallen (den auf der Straße nicht zu grüß^"'<lb/> eine besondere Force der „Gicwonottos" ist) die statt der Cigarren eingesüpr<lb/> weißen Thonpfcifchcn rauchen und endlich ohne grade zu conspiriren, mit den<lb/> lianissimi anderer Kategorien mitwirken, Italien als aufgeregt erscheinen zu ^</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0244]
den östreichischen Soldaten, und wenn sie deren hätten, so dürften sie sie nicht zei¬
gen, um nicht als unpatriotisch zu gelten; denn hierin findet, wie es bei Politische«
Bewegungen immer geschieht, eine Terrorisirnng der großen gleichgiltigen Mehrzahl
durch die lauten Wortführer statt. Ueber ihre Stellung gegenüber der Einwohner¬
schaft des Landes also macht sich die Armee keinerlei Illusionen. Um der Regierung
insbesondere unter den jetzigen Umständen keine Schwierigkeiten zu bereiten und siel)
nicht mit Recht noch verhaßter zu machen, vermeidet sie es sorgfältig, Anlaß j»
Reibungen zu geben; andrerseits vergißt sie nie, daß es in letzter Instanz ihre Auf¬
gabe sein wird, diese Provinz der Monarchie zu erhalten. —
Der kaiserliche Hof ist in den letzten-Jahren beharrlich bemüht gewesen, den höher»
Adel der italienischen Provinzen, welcher sich im Jahre 1848 zum größten Theil
stark compromittirt hatte, und seit damals eine feindselige Haltung gegen die Re¬
gierung beobachtete, durch Entgegenkommen zu gewinnen. Zahlreiche landesflüchtig
Nobili wurden amncstirt, in den Besitz ihrer Güter wieder eingesetzt, alle an den
Hof gezogen, dort mit der größten Zuvorkommenheit behandelt, ja ausgezeichnet.
Kaiser Franz Joseph that in dieser Beziehung bei Gelegenheit seines Besuches in
Italien 1857 alles, was dem Monarchen entfremdeten Unterthanen gegenüber
thun möglich war. Erzherzog Ferdinand Max bot nicht minder die größte Artigkeit
aus, die Aristokratie günstig zu stimmen, er war vielleicht nur zu artig. Der Ver¬
such schlug fehl. Die Nobili setzten, indem sie erkannten, daß man einen g«»i
besondern Werth daraus lege, sie bei Hofe erscheinen, und dadurch ihre Aussöh»u>'ö
mit dem gegenwärtigen Zustand der Dinge beurkunden zu sehen, den Höflichkeiten
des Erzherzogs fast ohne Ausnahme einen hartnäckigen Trotz entgegen, schmollte»,
erschienen selten und dann mit sichtbarem Widerwillen bei Hofe, und verriethen e>»
ängstliches Bestreben, ja nicht für kaiserlich und unpatriotisch gesinnt gehalten
werden. Der venezianische Adel benahm sich bei dieser Art Opposition doch ge>»^
ßigt und mit Anstand, der Mailänder hingegen beobachtete sehr wenig Takt. Zw^
nur ein geringer Theil der Aristokratie zog sich ganz und beharrlich von dem
und der Regierung zurück; die meisten erschienen an den Empfcmgstagcn und de>
den Bällen des in Mailand residirenden Erzherzogs, doch fuhren sie fort, mit de»
andern der Regierung offen entgegenstehenden Standesgenossen Opposition zu mache"'
der Negierung Schwierigkeiten zu bereiten und durch kleinliche Demonstrationen,
denen man wußte, daß die Regierung dagegen nicht mit Strenge einschreiten werd^-
sich den wohlfeilen Ruf von kühnen Patrioten zu erwerben. An der Spitze dies^
Cotcric stehn die jungen Elegants Mailands, die Söhne der ersten Familien ^
Landes, welche, während in andern Provinzen der Monarchie die Glieder der '
sten Familien in der Armee oder dem Staate in der Verwaltung dienen, hier 'h^
Jngend ohne irgend eine Beschäftigung so rasch als es in Italien möglich ist, i"
verleben trachten. Nur äußerst wenig Italiener von vornehmer Abkunft dienen e>
Offiziere oder im Civil, sie ziehn das Theater und Kaffechauslebcn Mailands r>c>l,
wo sie nun bei dem Mangel jeder Beschäftigung Politik und Revolution maä)U''
sich in Unarten gegen den Erzherzog gefallen (den auf der Straße nicht zu grüß^"'
eine besondere Force der „Gicwonottos" ist) die statt der Cigarren eingesüpr
weißen Thonpfcifchcn rauchen und endlich ohne grade zu conspiriren, mit den
lianissimi anderer Kategorien mitwirken, Italien als aufgeregt erscheinen zu ^
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