Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 18, 1859, I. Semester. I. Band.

Bild:
<< vorherige Seite

diesen beiden Familien zunächst die Gaetani, ein Geschlecht, dem Papst
Bonifacius VIII. angehörte; ihre wichtigsten Festen in Rom waren die Tone
delle milizie (oder Torre ti Nerone) und außerdem das Grabmal der Caeci-
lia Metella (oder Capo ti Bove). -- Anfangs sehr bedeutend, aber seit den
Zeiten des Kaisers Friedrich II. (im 13. Jahrhundert) sehr geschwächt war
die Macht der Frangipani. welche das Colosseum, den Triumphbogen des
Titus, deu sogenannten Janusbogen. den Circus Maximus, das Septizoniuw
des Severus. den Bogen des Konstantin und den Tempel der Venus und
Roma besaßen, also die ganze Gegend zwischen Palatin, Esquilin und Cae-
lius. -- Demnächst sind die Savelli zu nennen, welche eine Burg auf dein
Aventin, eine andere hinter der Cancelleria hatten, wo noch jetzt der Vicol"
dei Savelli ist; aber ihre Hauptfestung war das Theater des Marcellus, wei'
ches jetzt den Orfini gehört und in dem Niebuhr gewohnt hat, als er preu'
ßischer Gesandter in Rom war. -- Ich konnte noch die Conti, die Arni'
baldi und manches andere minder bedeutende Geschlecht nennen, welche alle
die Denkmäler des Alterthums, wegen ihrer festen Bauart, als Verschanzunge"
benutzten. -- So bildeten die Wohnungen der einzelnen großen Geschlecht
ebenso viele besondere Festungen innerhalb Rom. Diese waren dann we>'
fleus noch durch Gräben und durch ein ringsumherlaufendes Pfahlwerk (loss"'
t.um und stLceg-wen) vertheidigt, und bei Kämpfen wurden die angrenzende"
Straßen durch Ketten, Holzwerke und aufgeworfene Barrikaden gesperrt. ^
herrschte durch das Mittelalter hindurch in Rom der Zustand des wildeste"
Faustrechts; in fortdauernden blutigen Kriegen befehdeten sich die Barone
untereinander, und rücksichtslos ward vou ihnen die Stadtbevölkerung l>ele>'
tige und verletzt. Aus den fortwährenden Streitigkeiten des Adels untere""'
ander und aus dem Haß der Volkspartei gegen den Adel erklärt sich auch d>^
furchtbarste Gewaltthat, welche je gegen die Denkmäler des alten Roms ab'
sichtlich verübt worden ist. Dies ist die bekannte Verwüstung des Senats
Brancaleone aus Bologna. Als nämlich vorübergehend einmal un 13. Ja^'
hundert die Volkspartei in Rom die Oberhand gewonnen hatte, übertrug die"
die höchste städtische Gewalt unter dem Namen eines Senators dem Braun"'
leone. und dieser faßte im Jahr 1257, um die Macht des Adels durch ^
nichtung seiner Burgen zu brechen, den Entschluß, die sämmtlichen festen
bunte des Adels in Rom niederreißen zu lassen. Und dies ward in der Hauy^
sache ausgeführt. Durch Brancaleone wurden 140 bis 150 feste Gebäude-
gewiß zum großen Theil aus dem Alterthum, vollständig niedergerissen. W"^
scheinlich ist, daß er auch einen Theil des Colosseums niedergeworfen l)"t'
und wahrscheinlich rühren von seinem Vorhaben, das Ganze zu schleifen, d'^
vielen von oben bis unten eingebrochenen Löcher her, die jedem Besch"^
dieses Baues so räthselhaft sind. Offenbar sind diese Löcher durch die heran '


diesen beiden Familien zunächst die Gaetani, ein Geschlecht, dem Papst
Bonifacius VIII. angehörte; ihre wichtigsten Festen in Rom waren die Tone
delle milizie (oder Torre ti Nerone) und außerdem das Grabmal der Caeci-
lia Metella (oder Capo ti Bove). — Anfangs sehr bedeutend, aber seit den
Zeiten des Kaisers Friedrich II. (im 13. Jahrhundert) sehr geschwächt war
die Macht der Frangipani. welche das Colosseum, den Triumphbogen des
Titus, deu sogenannten Janusbogen. den Circus Maximus, das Septizoniuw
des Severus. den Bogen des Konstantin und den Tempel der Venus und
Roma besaßen, also die ganze Gegend zwischen Palatin, Esquilin und Cae-
lius. — Demnächst sind die Savelli zu nennen, welche eine Burg auf dein
Aventin, eine andere hinter der Cancelleria hatten, wo noch jetzt der Vicol»
dei Savelli ist; aber ihre Hauptfestung war das Theater des Marcellus, wei'
ches jetzt den Orfini gehört und in dem Niebuhr gewohnt hat, als er preu'
ßischer Gesandter in Rom war. — Ich konnte noch die Conti, die Arni'
baldi und manches andere minder bedeutende Geschlecht nennen, welche alle
die Denkmäler des Alterthums, wegen ihrer festen Bauart, als Verschanzunge"
benutzten. — So bildeten die Wohnungen der einzelnen großen Geschlecht
ebenso viele besondere Festungen innerhalb Rom. Diese waren dann we>'
fleus noch durch Gräben und durch ein ringsumherlaufendes Pfahlwerk (loss»'
t.um und stLceg-wen) vertheidigt, und bei Kämpfen wurden die angrenzende»
Straßen durch Ketten, Holzwerke und aufgeworfene Barrikaden gesperrt. ^
herrschte durch das Mittelalter hindurch in Rom der Zustand des wildeste"
Faustrechts; in fortdauernden blutigen Kriegen befehdeten sich die Barone
untereinander, und rücksichtslos ward vou ihnen die Stadtbevölkerung l>ele>'
tige und verletzt. Aus den fortwährenden Streitigkeiten des Adels untere«»'
ander und aus dem Haß der Volkspartei gegen den Adel erklärt sich auch d>^
furchtbarste Gewaltthat, welche je gegen die Denkmäler des alten Roms ab'
sichtlich verübt worden ist. Dies ist die bekannte Verwüstung des Senats
Brancaleone aus Bologna. Als nämlich vorübergehend einmal un 13. Ja^'
hundert die Volkspartei in Rom die Oberhand gewonnen hatte, übertrug die"
die höchste städtische Gewalt unter dem Namen eines Senators dem Braun»'
leone. und dieser faßte im Jahr 1257, um die Macht des Adels durch ^
nichtung seiner Burgen zu brechen, den Entschluß, die sämmtlichen festen
bunte des Adels in Rom niederreißen zu lassen. Und dies ward in der Hauy^
sache ausgeführt. Durch Brancaleone wurden 140 bis 150 feste Gebäude-
gewiß zum großen Theil aus dem Alterthum, vollständig niedergerissen. W"^
scheinlich ist, daß er auch einen Theil des Colosseums niedergeworfen l)"t'
und wahrscheinlich rühren von seinem Vorhaben, das Ganze zu schleifen, d'^
vielen von oben bis unten eingebrochenen Löcher her, die jedem Besch"^
dieses Baues so räthselhaft sind. Offenbar sind diese Löcher durch die heran '


<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <pb facs="#f0234" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/187186"/>
          <p xml:id="ID_674" prev="#ID_673" next="#ID_675"> diesen beiden Familien zunächst die Gaetani, ein Geschlecht, dem Papst<lb/>
Bonifacius VIII. angehörte; ihre wichtigsten Festen in Rom waren die Tone<lb/>
delle milizie (oder Torre ti Nerone) und außerdem das Grabmal der Caeci-<lb/>
lia Metella (oder Capo ti Bove). &#x2014; Anfangs sehr bedeutend, aber seit den<lb/>
Zeiten des Kaisers Friedrich II. (im 13. Jahrhundert) sehr geschwächt war<lb/>
die Macht der Frangipani. welche das Colosseum, den Triumphbogen des<lb/>
Titus, deu sogenannten Janusbogen. den Circus Maximus, das Septizoniuw<lb/>
des Severus. den Bogen des Konstantin und den Tempel der Venus und<lb/>
Roma besaßen, also die ganze Gegend zwischen Palatin, Esquilin und Cae-<lb/>
lius. &#x2014; Demnächst sind die Savelli zu nennen, welche eine Burg auf dein<lb/>
Aventin, eine andere hinter der Cancelleria hatten, wo noch jetzt der Vicol»<lb/>
dei Savelli ist; aber ihre Hauptfestung war das Theater des Marcellus, wei'<lb/>
ches jetzt den Orfini gehört und in dem Niebuhr gewohnt hat, als er preu'<lb/>
ßischer Gesandter in Rom war. &#x2014; Ich konnte noch die Conti, die Arni'<lb/>
baldi und manches andere minder bedeutende Geschlecht nennen, welche alle<lb/>
die Denkmäler des Alterthums, wegen ihrer festen Bauart, als Verschanzunge"<lb/>
benutzten. &#x2014; So bildeten die Wohnungen der einzelnen großen Geschlecht<lb/>
ebenso viele besondere Festungen innerhalb Rom. Diese waren dann we&gt;'<lb/>
fleus noch durch Gräben und durch ein ringsumherlaufendes Pfahlwerk (loss»'<lb/>
t.um und stLceg-wen) vertheidigt, und bei Kämpfen wurden die angrenzende»<lb/>
Straßen durch Ketten, Holzwerke und aufgeworfene Barrikaden gesperrt. ^<lb/>
herrschte durch das Mittelalter hindurch in Rom der Zustand des wildeste"<lb/>
Faustrechts; in fortdauernden blutigen Kriegen befehdeten sich die Barone<lb/>
untereinander, und rücksichtslos ward vou ihnen die Stadtbevölkerung l&gt;ele&gt;'<lb/>
tige und verletzt. Aus den fortwährenden Streitigkeiten des Adels untere«»'<lb/>
ander und aus dem Haß der Volkspartei gegen den Adel erklärt sich auch d&gt;^<lb/>
furchtbarste Gewaltthat, welche je gegen die Denkmäler des alten Roms ab'<lb/>
sichtlich verübt worden ist. Dies ist die bekannte Verwüstung des Senats<lb/>
Brancaleone aus Bologna. Als nämlich vorübergehend einmal un 13. Ja^'<lb/>
hundert die Volkspartei in Rom die Oberhand gewonnen hatte, übertrug die"<lb/>
die höchste städtische Gewalt unter dem Namen eines Senators dem Braun»'<lb/>
leone. und dieser faßte im Jahr 1257, um die Macht des Adels durch ^<lb/>
nichtung seiner Burgen zu brechen, den Entschluß, die sämmtlichen festen<lb/>
bunte des Adels in Rom niederreißen zu lassen. Und dies ward in der Hauy^<lb/>
sache ausgeführt. Durch Brancaleone wurden 140 bis 150 feste Gebäude-<lb/>
gewiß zum großen Theil aus dem Alterthum, vollständig niedergerissen. W"^<lb/>
scheinlich ist, daß er auch einen Theil des Colosseums niedergeworfen l)"t'<lb/>
und wahrscheinlich rühren von seinem Vorhaben, das Ganze zu schleifen, d'^<lb/>
vielen von oben bis unten eingebrochenen Löcher her, die jedem Besch"^<lb/>
dieses Baues so räthselhaft sind. Offenbar sind diese Löcher durch die heran '</p><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0234] diesen beiden Familien zunächst die Gaetani, ein Geschlecht, dem Papst Bonifacius VIII. angehörte; ihre wichtigsten Festen in Rom waren die Tone delle milizie (oder Torre ti Nerone) und außerdem das Grabmal der Caeci- lia Metella (oder Capo ti Bove). — Anfangs sehr bedeutend, aber seit den Zeiten des Kaisers Friedrich II. (im 13. Jahrhundert) sehr geschwächt war die Macht der Frangipani. welche das Colosseum, den Triumphbogen des Titus, deu sogenannten Janusbogen. den Circus Maximus, das Septizoniuw des Severus. den Bogen des Konstantin und den Tempel der Venus und Roma besaßen, also die ganze Gegend zwischen Palatin, Esquilin und Cae- lius. — Demnächst sind die Savelli zu nennen, welche eine Burg auf dein Aventin, eine andere hinter der Cancelleria hatten, wo noch jetzt der Vicol» dei Savelli ist; aber ihre Hauptfestung war das Theater des Marcellus, wei' ches jetzt den Orfini gehört und in dem Niebuhr gewohnt hat, als er preu' ßischer Gesandter in Rom war. — Ich konnte noch die Conti, die Arni' baldi und manches andere minder bedeutende Geschlecht nennen, welche alle die Denkmäler des Alterthums, wegen ihrer festen Bauart, als Verschanzunge" benutzten. — So bildeten die Wohnungen der einzelnen großen Geschlecht ebenso viele besondere Festungen innerhalb Rom. Diese waren dann we>' fleus noch durch Gräben und durch ein ringsumherlaufendes Pfahlwerk (loss»' t.um und stLceg-wen) vertheidigt, und bei Kämpfen wurden die angrenzende» Straßen durch Ketten, Holzwerke und aufgeworfene Barrikaden gesperrt. ^ herrschte durch das Mittelalter hindurch in Rom der Zustand des wildeste" Faustrechts; in fortdauernden blutigen Kriegen befehdeten sich die Barone untereinander, und rücksichtslos ward vou ihnen die Stadtbevölkerung l>ele>' tige und verletzt. Aus den fortwährenden Streitigkeiten des Adels untere«»' ander und aus dem Haß der Volkspartei gegen den Adel erklärt sich auch d>^ furchtbarste Gewaltthat, welche je gegen die Denkmäler des alten Roms ab' sichtlich verübt worden ist. Dies ist die bekannte Verwüstung des Senats Brancaleone aus Bologna. Als nämlich vorübergehend einmal un 13. Ja^' hundert die Volkspartei in Rom die Oberhand gewonnen hatte, übertrug die" die höchste städtische Gewalt unter dem Namen eines Senators dem Braun»' leone. und dieser faßte im Jahr 1257, um die Macht des Adels durch ^ nichtung seiner Burgen zu brechen, den Entschluß, die sämmtlichen festen bunte des Adels in Rom niederreißen zu lassen. Und dies ward in der Hauy^ sache ausgeführt. Durch Brancaleone wurden 140 bis 150 feste Gebäude- gewiß zum großen Theil aus dem Alterthum, vollständig niedergerissen. W"^ scheinlich ist, daß er auch einen Theil des Colosseums niedergeworfen l)"t' und wahrscheinlich rühren von seinem Vorhaben, das Ganze zu schleifen, d'^ vielen von oben bis unten eingebrochenen Löcher her, die jedem Besch"^ dieses Baues so räthselhaft sind. Offenbar sind diese Löcher durch die heran '

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341590_186950
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341590_186950/234
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 18, 1859, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341590_186950/234>, abgerufen am 23.06.2024.