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Die Grenzboten. Jg. 18, 1859, I. Semester. I. Band.

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welches gleich nachher Cassiodorus von dem Zustand der Stadt zur Zeit des
Theodorich hinterlassen hat. Er schildert die kostbaren Säulen ihrer Gebäude,
die Menge bronzener Bildsäulen auf allen Straßen und öffentlichen Plätzen,
die öffentlichen Bäder und Brennen, den Cirkus Maximus mit seinen beiden
Obelisken und andern Verzierungen, insbesondere aber das Capitol und das
Forum Trajans als Wunderwerke, die alle menschliche Einbildung überträfen. ^

Es folgt die Zeit der ostgothischen Herrschaft in Italien, die namentlich
so lange Theodorich regierte, eine glänzende und glückliche Epoche für das
Land zu begründen schien. Auch sür die Stadt Rom war die Zeit des Theo¬
dorich günstig, obwol er selbst seine Residenz meistens in Ravenna oder Verona
hatte. Als er in Rom einzog, ließ er sich in der Curie mit einer zierlichen
Rede von Boöthius bewillkommnen, er schien selbst noch einige Achtung vor
der freilich zum Schattenbild gewordenen alten Majestät des römischen Volkes
zu haben. Aber in der That war er erfüllt von Bewunderung von Roms
alter Größe, und eifrig bemüht um die Erhaltung und Wiederherstellung der
öffentlichen Gebäude und Denkmäler, zu deren Schutz er nicht allein Gesell
erließ, sondern auch bedeutende Geldsummen aussetzte. Seine Tochter Am"-
lafunda folgte solchem Beispiel; und wir dürfen mit Recht behaupten, daß
die Herrschaft dieses ostgothischen "Barbaren" die letzte Zeit war, in wel¬
cher Rom. wenigstens in der äußern Erscheinung, in seinem alten Glan^
bestand, wo mit Sinn und Verständniß für die Erhaltung der alten MonU'
mente gesorgt wurde. --

Um die Mitte des K. Jahrhunderts aber folgte eine Zeit des äußerste"
Elends, jener lange Krieg (536--553) der Ostgothen mit Justiuicin, welche
mit der Vernichtung der ostgothischen Herrschaft in Italien endigte. Während
dieses Krieges ward Rom fünfmal erobert; zweimal von Belisar, zweimal
ward es von dem Gothenkönig Totila zurückgewonnen. Zuletzt ward es den
Gothen wieder durch Narses abgenommen. Von den Verwüstungen wahrend
dieses erbitterten Kampfes haben wir nur äußerst unvollständige Nachrichten.
Aber aus einzelnen Zügen läßt sich auf die allgemeine Wirkung dieses Ereig'
nisses schließen. Bei jener denkwürdigen Belagerung (537), in welcher Bei>'
sar mit einer geringen Macht Rom über ein Jahr gegen 150,000
then vertheidigte, war es, wo zuerst das Grabmal des Hadrian als FestttNg
benutzt wurde, eine Bestimmung, die es seitdem behalten hat, da es bekannt
lich die jetzige Engelsburg ist, und bei dieser Gelegenheit wurden die znh^
reichen Statuen, mit denen dieser Prachtbau des kunstliebenden Kaisers gez>^
war. zerstört, indem die belagerte Besatzung die Bildsäulen auf die belagert
den Gothen herabstürzte. Um den Belagerten das Wasser abzuschneiden, ließ de
Gothenkönig die Aquäducte unbrauchbar machen; doch wird man hierbei nicht a
eine völlige Zerstörung derselben zu denken haben, da für die Zwecke


welches gleich nachher Cassiodorus von dem Zustand der Stadt zur Zeit des
Theodorich hinterlassen hat. Er schildert die kostbaren Säulen ihrer Gebäude,
die Menge bronzener Bildsäulen auf allen Straßen und öffentlichen Plätzen,
die öffentlichen Bäder und Brennen, den Cirkus Maximus mit seinen beiden
Obelisken und andern Verzierungen, insbesondere aber das Capitol und das
Forum Trajans als Wunderwerke, die alle menschliche Einbildung überträfen. ^

Es folgt die Zeit der ostgothischen Herrschaft in Italien, die namentlich
so lange Theodorich regierte, eine glänzende und glückliche Epoche für das
Land zu begründen schien. Auch sür die Stadt Rom war die Zeit des Theo¬
dorich günstig, obwol er selbst seine Residenz meistens in Ravenna oder Verona
hatte. Als er in Rom einzog, ließ er sich in der Curie mit einer zierlichen
Rede von Boöthius bewillkommnen, er schien selbst noch einige Achtung vor
der freilich zum Schattenbild gewordenen alten Majestät des römischen Volkes
zu haben. Aber in der That war er erfüllt von Bewunderung von Roms
alter Größe, und eifrig bemüht um die Erhaltung und Wiederherstellung der
öffentlichen Gebäude und Denkmäler, zu deren Schutz er nicht allein Gesell
erließ, sondern auch bedeutende Geldsummen aussetzte. Seine Tochter Am«-
lafunda folgte solchem Beispiel; und wir dürfen mit Recht behaupten, daß
die Herrschaft dieses ostgothischen „Barbaren" die letzte Zeit war, in wel¬
cher Rom. wenigstens in der äußern Erscheinung, in seinem alten Glan^
bestand, wo mit Sinn und Verständniß für die Erhaltung der alten MonU'
mente gesorgt wurde. —

Um die Mitte des K. Jahrhunderts aber folgte eine Zeit des äußerste"
Elends, jener lange Krieg (536—553) der Ostgothen mit Justiuicin, welche
mit der Vernichtung der ostgothischen Herrschaft in Italien endigte. Während
dieses Krieges ward Rom fünfmal erobert; zweimal von Belisar, zweimal
ward es von dem Gothenkönig Totila zurückgewonnen. Zuletzt ward es den
Gothen wieder durch Narses abgenommen. Von den Verwüstungen wahrend
dieses erbitterten Kampfes haben wir nur äußerst unvollständige Nachrichten.
Aber aus einzelnen Zügen läßt sich auf die allgemeine Wirkung dieses Ereig'
nisses schließen. Bei jener denkwürdigen Belagerung (537), in welcher Bei>'
sar mit einer geringen Macht Rom über ein Jahr gegen 150,000
then vertheidigte, war es, wo zuerst das Grabmal des Hadrian als FestttNg
benutzt wurde, eine Bestimmung, die es seitdem behalten hat, da es bekannt
lich die jetzige Engelsburg ist, und bei dieser Gelegenheit wurden die znh^
reichen Statuen, mit denen dieser Prachtbau des kunstliebenden Kaisers gez>^
war. zerstört, indem die belagerte Besatzung die Bildsäulen auf die belagert
den Gothen herabstürzte. Um den Belagerten das Wasser abzuschneiden, ließ de
Gothenkönig die Aquäducte unbrauchbar machen; doch wird man hierbei nicht a
eine völlige Zerstörung derselben zu denken haben, da für die Zwecke


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 18, 1859, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341590_186950/226>, abgerufen am 24.07.2024.