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Die Grenzboten. Jg. 18, 1859, I. Semester. I. Band.

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um vor Mailand Widerstand leisten zu können; in wenigen Tagen können
Regimenter aus Kärnthen, Krain, Steiermark u. s. f. nachrücken, die Ergän¬
zungen da sein und die Armee die Offensive ergreifen. Von einer Erhebung
des Landes oder vielmehr der Städte im Rücken der Oestreicher ist unterdessen
wenig zu befürchten; so lange die sardinische Armee keinen Erfolg errungen
hat und Mailand noch in den Händen der Oestreicher sich befindet, würden
Versuche kaum gemacht und, würden sie gemacht, durch die Besatzungen der
Citadellen, so wie die fortwährend nachrückenden Verstärkungen leicht nieder¬
geschlagen werden.

Die Stellung am Ticino, welche wir hier hervorheben, und die für
Oestreich bis zum Moment, wo es selbst die Offensive ergreifen kann, von
höchster Wichtigkeit ist, erstreckt sich von dem langgestreckten, in das schweizerGcbiet
reichenden Lago maggiore bis an den Po, in einer Ausdehnung von etwa
zwölf Meilen. Als Hauptübergangspunkte, über welche eine sardinische Ar¬
mee in das östreichische Gebiet dcbouchiren muß, können bezeichnet werden:
Sesto Calende, am See selbst, die Brücke bei Buffalora, auf welcher die
Hauptstraße nach Mailand in die Lombardei tritt und die auch von der nahezu
vollendeten Eisenbahn benutzt werden wird, dann Vigevano und Pavia; üb¬
rigens bietet der Ticino für den Uebergang nirgend unüberwindliche Schwie¬
rigkeiten. Das Dcbouchiren auf der kürzesten nach Mailand führenden Linie
wird durch eine, auf dem mit dem Flusse parallellaufenden Niveau, zu bei¬
den Seiten der Eisenbahn vorbereitete Stellung vor Magcnta verhindert;
die in derselben concentrirte östreichische Armee kann von hier aus dem an
einer andern Stelle über den Fluß gegangenen Feinde entgegengehen und muß
überhaupt durch Beweglichkeit in der Vertheidigung die anfängliche Ungleichheit
der .Kräfte zu ersetzen und jede Blöße, die sich der Feind bei seinem Haupt¬
übergang, eine im Angesicht des Feindes immer etwas gefährliche Operation,
geben sollte, mit Blitzesschnelle zu benutzen suchen. -- Pavia, in dem Winkel
gelegen, den Po und Ticino bei ihrer Vereinigung bilden, ist für die östreichische
Armee wichtig und muß wegen der Deckung Mailands gehalten werden, was,
obschon es nur eine offne Stadt ist bei der festen Bauart italienischer Städte
für einige Tage nicht unmöglich sein wird. Den weiteren Lauf des Po deckt
Piacenza, wo Oestreich bekanntlich das Besatzungsrecht besitzt und wo durch
einige, einem unvollendet gebliebenen Befestigungssystem angehörende Forts
eine Art Brückenkopf am rechten Pouser gebildet wird, der den Uebergang
an diesem Punkt zu sichern geeignet sein dürfte. Am rechten Flügel der öst¬
reichischen Stellung könnten Diversionen, welche die piemontestsche Armee
das Gebirge zwischen den Seen versuchen würde, in kurzer Zeit kaum vo"
entscheidenden Folgen begleitet sein. Die Besatzung des Castells in Mailand,
so wie eine daselbst zurückgelassene Reserve würden Mailand bis zur Ankunft


um vor Mailand Widerstand leisten zu können; in wenigen Tagen können
Regimenter aus Kärnthen, Krain, Steiermark u. s. f. nachrücken, die Ergän¬
zungen da sein und die Armee die Offensive ergreifen. Von einer Erhebung
des Landes oder vielmehr der Städte im Rücken der Oestreicher ist unterdessen
wenig zu befürchten; so lange die sardinische Armee keinen Erfolg errungen
hat und Mailand noch in den Händen der Oestreicher sich befindet, würden
Versuche kaum gemacht und, würden sie gemacht, durch die Besatzungen der
Citadellen, so wie die fortwährend nachrückenden Verstärkungen leicht nieder¬
geschlagen werden.

Die Stellung am Ticino, welche wir hier hervorheben, und die für
Oestreich bis zum Moment, wo es selbst die Offensive ergreifen kann, von
höchster Wichtigkeit ist, erstreckt sich von dem langgestreckten, in das schweizerGcbiet
reichenden Lago maggiore bis an den Po, in einer Ausdehnung von etwa
zwölf Meilen. Als Hauptübergangspunkte, über welche eine sardinische Ar¬
mee in das östreichische Gebiet dcbouchiren muß, können bezeichnet werden:
Sesto Calende, am See selbst, die Brücke bei Buffalora, auf welcher die
Hauptstraße nach Mailand in die Lombardei tritt und die auch von der nahezu
vollendeten Eisenbahn benutzt werden wird, dann Vigevano und Pavia; üb¬
rigens bietet der Ticino für den Uebergang nirgend unüberwindliche Schwie¬
rigkeiten. Das Dcbouchiren auf der kürzesten nach Mailand führenden Linie
wird durch eine, auf dem mit dem Flusse parallellaufenden Niveau, zu bei¬
den Seiten der Eisenbahn vorbereitete Stellung vor Magcnta verhindert;
die in derselben concentrirte östreichische Armee kann von hier aus dem an
einer andern Stelle über den Fluß gegangenen Feinde entgegengehen und muß
überhaupt durch Beweglichkeit in der Vertheidigung die anfängliche Ungleichheit
der .Kräfte zu ersetzen und jede Blöße, die sich der Feind bei seinem Haupt¬
übergang, eine im Angesicht des Feindes immer etwas gefährliche Operation,
geben sollte, mit Blitzesschnelle zu benutzen suchen. — Pavia, in dem Winkel
gelegen, den Po und Ticino bei ihrer Vereinigung bilden, ist für die östreichische
Armee wichtig und muß wegen der Deckung Mailands gehalten werden, was,
obschon es nur eine offne Stadt ist bei der festen Bauart italienischer Städte
für einige Tage nicht unmöglich sein wird. Den weiteren Lauf des Po deckt
Piacenza, wo Oestreich bekanntlich das Besatzungsrecht besitzt und wo durch
einige, einem unvollendet gebliebenen Befestigungssystem angehörende Forts
eine Art Brückenkopf am rechten Pouser gebildet wird, der den Uebergang
an diesem Punkt zu sichern geeignet sein dürfte. Am rechten Flügel der öst¬
reichischen Stellung könnten Diversionen, welche die piemontestsche Armee
das Gebirge zwischen den Seen versuchen würde, in kurzer Zeit kaum vo»
entscheidenden Folgen begleitet sein. Die Besatzung des Castells in Mailand,
so wie eine daselbst zurückgelassene Reserve würden Mailand bis zur Ankunft


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 18, 1859, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341590_186950/152>, abgerufen am 24.07.2024.