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Die Grenzboten. Jg. 18, 1859, II. Semester. IV. Band.

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Bei vorkommenden Meinungsverschiedenheiten im Ausschüsse ist die strei¬
tige Frage auf verlangen des dissentirenden Theils der B.-V. zur Entschei¬
dung vorzulegen.

Endlich wird der Ausschuß beauftragt

et, zu geeigneter Zeit der B.-V. darüber Vortrag zu erstatten, wie sich
dieser Beschluß in der Erfahrung erprobt habe und welchen Modificationen
derselbe hiernach etwa zu unterwerfen sein dürfte."

In der Sitzung vom 7. November 1851 wurde darüber abgestimmt,
Preußen erklärte sich gegen regelmäßig fortlaufende Veröffentlichungen. Alle
übrigen Regierungen nahmen die Anträge des Ausschusses an. Oldenburg und
Schwarzburg, weil sie das Minimum seien, was wirksam den beabsichtigten
Zweck annähernd erreichen konnte, und, mit Hannover, eine Abkürzung der
Frist für die Publication der Protokolle wünschend, Dänemark und die Nieder¬
lande hingegen, ohne mit ihrer Zustimmung eine förmliche Verpflichtung zur
Veröffentlichung der Protokolle anzuerkennen. In den darnach zu bestellenden
Ausschuß wurden alsbald die Gesandten von Oestreich (Graf Thun-Hohenstein),
Sachsen spor Nostiz und Jänckendorf), Würtemberg (v. Reinhard), Baden
(Frhr. Marschall v. Viebcrstein) und den großhrzgl. und hrzgl. sächsischen Häu¬
sern (Frhr. v. Fritsch) gewählt.

Preußen hatte freilich damals volle Ursache, seinem eigenen früheren An¬
trage entgegen, die Bundcstagsverhandlungcn in Stillschweigen versenkt zu
wünschen. Die in der Union treu an Preußen gehalten hatten, waren im
Stich gelassen, beleidigt und ohne Vertrauen, Oestreich und die kleinen König¬
reiche hatten ihm die Union nicht vergessen und nutzten ihren Triumph aus;
es stand also vollkommen isolirt und mußte scheinbar freiwillig mit andern
gehen, "in nur unabhängig zu scheinen, und die Publication der Verhand¬
lungen konnte nur seine unselige und haltlose Stellung aller Welt offenbaren.
Die Art aber, wie sie jetzt publicirt wurden, war und wurde noch bedenklicher-
Um den schlimmeren Folgen der theilweisen Bekanntmachung zu entgehen,
sah Preußen sich genöthigt, schon am 21. Febr. 1852 zu beantragen, daß w
Gemäßheit des Bundesbeschlusses vom 14. Novbr. 181(! die Protokolle der
B.-V. künftig sofort nach dem Druck, und zwar durch eine besondere Samm¬
lung, veröffentlicht würden. Es hob zur Begründung hervor: das Princip
der Oeffentlichkeit sei auch in dem Beschlusse vom 7. Novbr. 1851 anerkannt;
durch die bisherigen Publicationen aber sei dem Zwecke der Aufklärung der
öffentlichen Meinung nicht vollständig entsprochen worden; jede Regierung hab°
den Anspruch, die Veröffentlichungen so eingerichtet zu sehen, daß die Art itM
Mitwirkung, besonders da, wo abweichende Auffassungen stattfinden, erkennbar
bleibe, und daß namentlich auch diejenigen Ansichten, welche bei den Absti"^
nungen in der Minderheit geblieben seien, in den Darstellungen berücksiclMt


Bei vorkommenden Meinungsverschiedenheiten im Ausschüsse ist die strei¬
tige Frage auf verlangen des dissentirenden Theils der B.-V. zur Entschei¬
dung vorzulegen.

Endlich wird der Ausschuß beauftragt

et, zu geeigneter Zeit der B.-V. darüber Vortrag zu erstatten, wie sich
dieser Beschluß in der Erfahrung erprobt habe und welchen Modificationen
derselbe hiernach etwa zu unterwerfen sein dürfte."

In der Sitzung vom 7. November 1851 wurde darüber abgestimmt,
Preußen erklärte sich gegen regelmäßig fortlaufende Veröffentlichungen. Alle
übrigen Regierungen nahmen die Anträge des Ausschusses an. Oldenburg und
Schwarzburg, weil sie das Minimum seien, was wirksam den beabsichtigten
Zweck annähernd erreichen konnte, und, mit Hannover, eine Abkürzung der
Frist für die Publication der Protokolle wünschend, Dänemark und die Nieder¬
lande hingegen, ohne mit ihrer Zustimmung eine förmliche Verpflichtung zur
Veröffentlichung der Protokolle anzuerkennen. In den darnach zu bestellenden
Ausschuß wurden alsbald die Gesandten von Oestreich (Graf Thun-Hohenstein),
Sachsen spor Nostiz und Jänckendorf), Würtemberg (v. Reinhard), Baden
(Frhr. Marschall v. Viebcrstein) und den großhrzgl. und hrzgl. sächsischen Häu¬
sern (Frhr. v. Fritsch) gewählt.

Preußen hatte freilich damals volle Ursache, seinem eigenen früheren An¬
trage entgegen, die Bundcstagsverhandlungcn in Stillschweigen versenkt zu
wünschen. Die in der Union treu an Preußen gehalten hatten, waren im
Stich gelassen, beleidigt und ohne Vertrauen, Oestreich und die kleinen König¬
reiche hatten ihm die Union nicht vergessen und nutzten ihren Triumph aus;
es stand also vollkommen isolirt und mußte scheinbar freiwillig mit andern
gehen, »in nur unabhängig zu scheinen, und die Publication der Verhand¬
lungen konnte nur seine unselige und haltlose Stellung aller Welt offenbaren.
Die Art aber, wie sie jetzt publicirt wurden, war und wurde noch bedenklicher-
Um den schlimmeren Folgen der theilweisen Bekanntmachung zu entgehen,
sah Preußen sich genöthigt, schon am 21. Febr. 1852 zu beantragen, daß w
Gemäßheit des Bundesbeschlusses vom 14. Novbr. 181(! die Protokolle der
B.-V. künftig sofort nach dem Druck, und zwar durch eine besondere Samm¬
lung, veröffentlicht würden. Es hob zur Begründung hervor: das Princip
der Oeffentlichkeit sei auch in dem Beschlusse vom 7. Novbr. 1851 anerkannt;
durch die bisherigen Publicationen aber sei dem Zwecke der Aufklärung der
öffentlichen Meinung nicht vollständig entsprochen worden; jede Regierung hab°
den Anspruch, die Veröffentlichungen so eingerichtet zu sehen, daß die Art itM
Mitwirkung, besonders da, wo abweichende Auffassungen stattfinden, erkennbar
bleibe, und daß namentlich auch diejenigen Ansichten, welche bei den Absti"^
nungen in der Minderheit geblieben seien, in den Darstellungen berücksiclMt


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[0378] Bei vorkommenden Meinungsverschiedenheiten im Ausschüsse ist die strei¬ tige Frage auf verlangen des dissentirenden Theils der B.-V. zur Entschei¬ dung vorzulegen. Endlich wird der Ausschuß beauftragt et, zu geeigneter Zeit der B.-V. darüber Vortrag zu erstatten, wie sich dieser Beschluß in der Erfahrung erprobt habe und welchen Modificationen derselbe hiernach etwa zu unterwerfen sein dürfte." In der Sitzung vom 7. November 1851 wurde darüber abgestimmt, Preußen erklärte sich gegen regelmäßig fortlaufende Veröffentlichungen. Alle übrigen Regierungen nahmen die Anträge des Ausschusses an. Oldenburg und Schwarzburg, weil sie das Minimum seien, was wirksam den beabsichtigten Zweck annähernd erreichen konnte, und, mit Hannover, eine Abkürzung der Frist für die Publication der Protokolle wünschend, Dänemark und die Nieder¬ lande hingegen, ohne mit ihrer Zustimmung eine förmliche Verpflichtung zur Veröffentlichung der Protokolle anzuerkennen. In den darnach zu bestellenden Ausschuß wurden alsbald die Gesandten von Oestreich (Graf Thun-Hohenstein), Sachsen spor Nostiz und Jänckendorf), Würtemberg (v. Reinhard), Baden (Frhr. Marschall v. Viebcrstein) und den großhrzgl. und hrzgl. sächsischen Häu¬ sern (Frhr. v. Fritsch) gewählt. Preußen hatte freilich damals volle Ursache, seinem eigenen früheren An¬ trage entgegen, die Bundcstagsverhandlungcn in Stillschweigen versenkt zu wünschen. Die in der Union treu an Preußen gehalten hatten, waren im Stich gelassen, beleidigt und ohne Vertrauen, Oestreich und die kleinen König¬ reiche hatten ihm die Union nicht vergessen und nutzten ihren Triumph aus; es stand also vollkommen isolirt und mußte scheinbar freiwillig mit andern gehen, »in nur unabhängig zu scheinen, und die Publication der Verhand¬ lungen konnte nur seine unselige und haltlose Stellung aller Welt offenbaren. Die Art aber, wie sie jetzt publicirt wurden, war und wurde noch bedenklicher- Um den schlimmeren Folgen der theilweisen Bekanntmachung zu entgehen, sah Preußen sich genöthigt, schon am 21. Febr. 1852 zu beantragen, daß w Gemäßheit des Bundesbeschlusses vom 14. Novbr. 181(! die Protokolle der B.-V. künftig sofort nach dem Druck, und zwar durch eine besondere Samm¬ lung, veröffentlicht würden. Es hob zur Begründung hervor: das Princip der Oeffentlichkeit sei auch in dem Beschlusse vom 7. Novbr. 1851 anerkannt; durch die bisherigen Publicationen aber sei dem Zwecke der Aufklärung der öffentlichen Meinung nicht vollständig entsprochen worden; jede Regierung hab° den Anspruch, die Veröffentlichungen so eingerichtet zu sehen, daß die Art itM Mitwirkung, besonders da, wo abweichende Auffassungen stattfinden, erkennbar bleibe, und daß namentlich auch diejenigen Ansichten, welche bei den Absti"^ nungen in der Minderheit geblieben seien, in den Darstellungen berücksiclMt

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 18, 1859, II. Semester. IV. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341590_108129/378>, abgerufen am 24.08.2024.