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Die Grenzboten. Jg. 18, 1859, II. Semester. IV. Band.

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von Namur auf Maubeuge. Die Verbündeten behalten dabei den freien Rück¬
zug an den Rhein, und insoweit es nothwendig erscheint, bei diesem Rückzug
die Besatzungen von Antwerpen noch angemessen zu verstärken, kann auch dieses
unter Benutzung der Eisenbahn über Löwen ohne Schwierigkeiten bewerk¬
stelligt werden. Im Falle sie siegen, drängen die Verbündeten ihren Gegner
von der graben Straße von Paris ab und können ihn bei einer kräftige"
Verfolgung gegen den Pas de Calais hinzwüngen. Gute Nachrichten vom
Feinde zu haben, ist auf alle Fälle im Kriege gut, vielleicht am nothwendig¬
sten, wenn man einen erfolgreichen Angriff ausführen will. Gut sind nur
solche Nachrichten, die man schnell oder doch rechtzeitig erhält. Bei den deut¬
schen Armeen wird auf die Einziehung guter Nachrichten immer noch viel zu
wenig gegeben. Sie kosten natürlich auch gutes Geld, und die meisten Mächte
scheinen es hier vorzuziehen, dieses zu sparen, um es dann zehnfach und
zwanzigfach in der Gestalt von Kriegskosten d,em siegreichen Feinde zu bezahle".
Er.se wo die sichere Kunde aufhört, soll der Wahrscheinlichkeitscalcul eintreten.
Je mehr man auf ihn allein als Grundlage für die Handlung angewiejen
ist, desto mehr muß man die letztere vereinfachen, dies heißt in der Regel-
man muß sich so einrichten, daß man die höchste Wahrscheinlichkeit des Sieges
auf dem Schlachtfelde erhalte, ohne auf die Ausbeutung des gewonnenen Sieges
allzuviel Werth zu legen, man muß also in concentrirten Massen marschire"
und für eine tüchtige Reserve sorgen.

Wir gelangen nun zu der dritten möglichen Angriffsrichtung der Fra"'
zosen. derjenigen von Lille aus Courtray, oder gegen die rechte Fi ante der
Verbündeten. Sie empfiehlt sich wenig. Die Franzosen stellen sich bade>
zwischen die verbündete Armee und das Meer, durch jeden Fortschritt in der
Richtung nach Osten zwingen sie die Verbündeten, sich mehr zu concentrire"
und zwar gerade auf und an ihrer natürlichen Rückzugslinie an den Rhe"'.
Siegen beim Zusammenstoß in der Schlacht die Franzosen, so haben sie d"'
mit für die Ausbeutung des Sieges wenig oder nichts gewonnen; werden sie
aber geschlagen, so sind sie in Gefahr, von dem verfolgenden Sieger von ihren
Hilfsquellen ab und dem Meere zugetrieben zu werden. Selbst dazu wäre hier
wenig Aussicht, den rechten Flügel der Verbündeten von Antwerpen a
zudrängen, ihm den Rückzug zu verlegen. Dies könnte möglicher Weise "
der Absicht der Franzosen liegen, obwol ein großer Nutzen davon nicht abjU
sehen ist. wenn Antwerpen überhaupt eine ausreichende Besatzung hat. ^ .
daß selbst diese Absicht nur erreicht würde, ist sehr zweifelhaft, da zu lang
Zeit darüber vergehen muß, ehe sie als erreicht betrachtet werden kann, >
lich die Wahrscheinlichkeit vorhanden ist, daß die Verbündeten sie zur ^
Stunde durchschauen und sie dann durchkreuzen. Das Resultat unserer Un^
suchungen weiset uns unter den vorausgesetzten Umständen durchweg aus


von Namur auf Maubeuge. Die Verbündeten behalten dabei den freien Rück¬
zug an den Rhein, und insoweit es nothwendig erscheint, bei diesem Rückzug
die Besatzungen von Antwerpen noch angemessen zu verstärken, kann auch dieses
unter Benutzung der Eisenbahn über Löwen ohne Schwierigkeiten bewerk¬
stelligt werden. Im Falle sie siegen, drängen die Verbündeten ihren Gegner
von der graben Straße von Paris ab und können ihn bei einer kräftige»
Verfolgung gegen den Pas de Calais hinzwüngen. Gute Nachrichten vom
Feinde zu haben, ist auf alle Fälle im Kriege gut, vielleicht am nothwendig¬
sten, wenn man einen erfolgreichen Angriff ausführen will. Gut sind nur
solche Nachrichten, die man schnell oder doch rechtzeitig erhält. Bei den deut¬
schen Armeen wird auf die Einziehung guter Nachrichten immer noch viel zu
wenig gegeben. Sie kosten natürlich auch gutes Geld, und die meisten Mächte
scheinen es hier vorzuziehen, dieses zu sparen, um es dann zehnfach und
zwanzigfach in der Gestalt von Kriegskosten d,em siegreichen Feinde zu bezahle».
Er.se wo die sichere Kunde aufhört, soll der Wahrscheinlichkeitscalcul eintreten.
Je mehr man auf ihn allein als Grundlage für die Handlung angewiejen
ist, desto mehr muß man die letztere vereinfachen, dies heißt in der Regel-
man muß sich so einrichten, daß man die höchste Wahrscheinlichkeit des Sieges
auf dem Schlachtfelde erhalte, ohne auf die Ausbeutung des gewonnenen Sieges
allzuviel Werth zu legen, man muß also in concentrirten Massen marschire»
und für eine tüchtige Reserve sorgen.

Wir gelangen nun zu der dritten möglichen Angriffsrichtung der Fra»'
zosen. derjenigen von Lille aus Courtray, oder gegen die rechte Fi ante der
Verbündeten. Sie empfiehlt sich wenig. Die Franzosen stellen sich bade>
zwischen die verbündete Armee und das Meer, durch jeden Fortschritt in der
Richtung nach Osten zwingen sie die Verbündeten, sich mehr zu concentrire»
und zwar gerade auf und an ihrer natürlichen Rückzugslinie an den Rhe»'.
Siegen beim Zusammenstoß in der Schlacht die Franzosen, so haben sie d»'
mit für die Ausbeutung des Sieges wenig oder nichts gewonnen; werden sie
aber geschlagen, so sind sie in Gefahr, von dem verfolgenden Sieger von ihren
Hilfsquellen ab und dem Meere zugetrieben zu werden. Selbst dazu wäre hier
wenig Aussicht, den rechten Flügel der Verbündeten von Antwerpen a
zudrängen, ihm den Rückzug zu verlegen. Dies könnte möglicher Weise »
der Absicht der Franzosen liegen, obwol ein großer Nutzen davon nicht abjU
sehen ist. wenn Antwerpen überhaupt eine ausreichende Besatzung hat. ^ .
daß selbst diese Absicht nur erreicht würde, ist sehr zweifelhaft, da zu lang
Zeit darüber vergehen muß, ehe sie als erreicht betrachtet werden kann, >
lich die Wahrscheinlichkeit vorhanden ist, daß die Verbündeten sie zur ^
Stunde durchschauen und sie dann durchkreuzen. Das Resultat unserer Un^
suchungen weiset uns unter den vorausgesetzten Umständen durchweg aus


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[0358] von Namur auf Maubeuge. Die Verbündeten behalten dabei den freien Rück¬ zug an den Rhein, und insoweit es nothwendig erscheint, bei diesem Rückzug die Besatzungen von Antwerpen noch angemessen zu verstärken, kann auch dieses unter Benutzung der Eisenbahn über Löwen ohne Schwierigkeiten bewerk¬ stelligt werden. Im Falle sie siegen, drängen die Verbündeten ihren Gegner von der graben Straße von Paris ab und können ihn bei einer kräftige» Verfolgung gegen den Pas de Calais hinzwüngen. Gute Nachrichten vom Feinde zu haben, ist auf alle Fälle im Kriege gut, vielleicht am nothwendig¬ sten, wenn man einen erfolgreichen Angriff ausführen will. Gut sind nur solche Nachrichten, die man schnell oder doch rechtzeitig erhält. Bei den deut¬ schen Armeen wird auf die Einziehung guter Nachrichten immer noch viel zu wenig gegeben. Sie kosten natürlich auch gutes Geld, und die meisten Mächte scheinen es hier vorzuziehen, dieses zu sparen, um es dann zehnfach und zwanzigfach in der Gestalt von Kriegskosten d,em siegreichen Feinde zu bezahle». Er.se wo die sichere Kunde aufhört, soll der Wahrscheinlichkeitscalcul eintreten. Je mehr man auf ihn allein als Grundlage für die Handlung angewiejen ist, desto mehr muß man die letztere vereinfachen, dies heißt in der Regel- man muß sich so einrichten, daß man die höchste Wahrscheinlichkeit des Sieges auf dem Schlachtfelde erhalte, ohne auf die Ausbeutung des gewonnenen Sieges allzuviel Werth zu legen, man muß also in concentrirten Massen marschire» und für eine tüchtige Reserve sorgen. Wir gelangen nun zu der dritten möglichen Angriffsrichtung der Fra»' zosen. derjenigen von Lille aus Courtray, oder gegen die rechte Fi ante der Verbündeten. Sie empfiehlt sich wenig. Die Franzosen stellen sich bade> zwischen die verbündete Armee und das Meer, durch jeden Fortschritt in der Richtung nach Osten zwingen sie die Verbündeten, sich mehr zu concentrire» und zwar gerade auf und an ihrer natürlichen Rückzugslinie an den Rhe»'. Siegen beim Zusammenstoß in der Schlacht die Franzosen, so haben sie d»' mit für die Ausbeutung des Sieges wenig oder nichts gewonnen; werden sie aber geschlagen, so sind sie in Gefahr, von dem verfolgenden Sieger von ihren Hilfsquellen ab und dem Meere zugetrieben zu werden. Selbst dazu wäre hier wenig Aussicht, den rechten Flügel der Verbündeten von Antwerpen a zudrängen, ihm den Rückzug zu verlegen. Dies könnte möglicher Weise » der Absicht der Franzosen liegen, obwol ein großer Nutzen davon nicht abjU sehen ist. wenn Antwerpen überhaupt eine ausreichende Besatzung hat. ^ . daß selbst diese Absicht nur erreicht würde, ist sehr zweifelhaft, da zu lang Zeit darüber vergehen muß, ehe sie als erreicht betrachtet werden kann, > lich die Wahrscheinlichkeit vorhanden ist, daß die Verbündeten sie zur ^ Stunde durchschauen und sie dann durchkreuzen. Das Resultat unserer Un^ suchungen weiset uns unter den vorausgesetzten Umständen durchweg aus

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 18, 1859, II. Semester. IV. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341590_108129/358>, abgerufen am 24.08.2024.