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Die Grenzboten. Jg. 18, 1859, II. Semester. IV. Band.

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wehr suchen, der keinen Ausweg als die Unterwerfung übrig läßt. Der zweite
Weg wäre der Angriff auf den linken Flügel (Namur). Wie sinnreich immer
der erste Calcul sein möge, es will uns fast scheinen, als habe der zweite
wehr Chancen des Erfolgs. Die Aufstellung eines verbündeten Heeres zwi¬
schen Mons und Namur, eines Heeres, welches etwa 300,000 Mann zählt,
'se eine sehr concentrirte; eine Vereinigung des Angegriffenen nach der Mitte
hin macht hier um so weniger Schwierigkeiten, als man heute bei vernünf¬
tiger Anordnung durch die Eisenbahnen derselben sehr leicht zu Hülfe kommen
kann. Eine Vereinigung nach einer Flanke hin ist schwieriger, weil doppelte
Wege zurückzulegen sind. Die Chance eines ersten Siegs in der Schlacht ist
daher größer bei einem Angriff gegen den linken Flügel der Verbündeten als
gegen das Centrum; indem die Franzosen möglicherweise zugleich die Aus¬
sicht hätten, mit einem geringen Aufwand an Kraft durch eine schwache
Nebencolonne die Vereinigung noch aufzuhalten, nämlich den rechten Flügel
der Verbündeten so lange zu beschäftigen und seine Aufmerksamkeit zu fesseln,
bis der linke geschlagen ist. Insoweit aus eine Ausnutzung des Sieges dnrch
°me Verfolgung in der entscheidenden Richtung gerechnet werden darf und
soll. ist gleichfalls die Richtung auf die linke Flanke der Verbündeten, gegen
das Meer hin. die bessere, und eine Gefährdung des eigenen Rückzugs im
Fall einer Niederlage ist nicht zu besorgen, da der Rückzug im Nothfall auf
Sedan und Meziers offen steht. Endlich darf nicht als ganz unmöglich an¬
genommen werden, daß bei dieser Wahl des Angriffes gegen die linke Flanke
auf dem Schlachtfelde, ganz so wie bei dem (strategischen) Angriffe gegen die
linke Flanke auf dem Kriegstheater, der linke Flügel der Verbündeten, Preußen,
durch Linksschiebcn bei den Manövern, welche die Schlacht einleiten, und noch
wahrend der Schlacht selbst, seine Rückzugslinie nach dem Rhein hin wieder¬
zugewinnen und zu sichern trachtete und hierdurch selbst an seiner Tren¬
nung vom rechten Flügel (niederländisch-englische Armee) mitarbeitete. Die Ver¬
bündeten können nun dem centralen Angriffe der Franzosen gegenüber entweder ein
gleiches Verfahren beobachten, wie Blücher und Wellington 1815. Die fünf
Junitage vom 15. bis zum 19. des genannten Jahres geben in der That
s°viel Muster und Lehre als mancher mehrjährige Krieg, und einigermaßen
genau angesehen, nicht blos für die damals herrschenden Umstände, sondern
""es für geänderte. Oder die Verbündeten können, falls sie schlagfertig sind.
der französische Angriff erfolgt, selbst zum Angriffe auf die zwischen Mau-
^"ge und Valenciennes vertheilten oder doch erst in der Concentrirung zum
^Marsche begriffenen Franzosen vorgehen, um deren Colonnen mit zusammen¬
gehaltener Kraft einzeln zu schlagen. Die vortheilhafteste Richtung für diesen
"griff, der sich in vielen Beziehungen empfiehlt, wäre, wenn man alle Fac-
"^u zusammenzieht, auf die französische rechte Flanke also in der Richtung


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wehr suchen, der keinen Ausweg als die Unterwerfung übrig läßt. Der zweite
Weg wäre der Angriff auf den linken Flügel (Namur). Wie sinnreich immer
der erste Calcul sein möge, es will uns fast scheinen, als habe der zweite
wehr Chancen des Erfolgs. Die Aufstellung eines verbündeten Heeres zwi¬
schen Mons und Namur, eines Heeres, welches etwa 300,000 Mann zählt,
'se eine sehr concentrirte; eine Vereinigung des Angegriffenen nach der Mitte
hin macht hier um so weniger Schwierigkeiten, als man heute bei vernünf¬
tiger Anordnung durch die Eisenbahnen derselben sehr leicht zu Hülfe kommen
kann. Eine Vereinigung nach einer Flanke hin ist schwieriger, weil doppelte
Wege zurückzulegen sind. Die Chance eines ersten Siegs in der Schlacht ist
daher größer bei einem Angriff gegen den linken Flügel der Verbündeten als
gegen das Centrum; indem die Franzosen möglicherweise zugleich die Aus¬
sicht hätten, mit einem geringen Aufwand an Kraft durch eine schwache
Nebencolonne die Vereinigung noch aufzuhalten, nämlich den rechten Flügel
der Verbündeten so lange zu beschäftigen und seine Aufmerksamkeit zu fesseln,
bis der linke geschlagen ist. Insoweit aus eine Ausnutzung des Sieges dnrch
°me Verfolgung in der entscheidenden Richtung gerechnet werden darf und
soll. ist gleichfalls die Richtung auf die linke Flanke der Verbündeten, gegen
das Meer hin. die bessere, und eine Gefährdung des eigenen Rückzugs im
Fall einer Niederlage ist nicht zu besorgen, da der Rückzug im Nothfall auf
Sedan und Meziers offen steht. Endlich darf nicht als ganz unmöglich an¬
genommen werden, daß bei dieser Wahl des Angriffes gegen die linke Flanke
auf dem Schlachtfelde, ganz so wie bei dem (strategischen) Angriffe gegen die
linke Flanke auf dem Kriegstheater, der linke Flügel der Verbündeten, Preußen,
durch Linksschiebcn bei den Manövern, welche die Schlacht einleiten, und noch
wahrend der Schlacht selbst, seine Rückzugslinie nach dem Rhein hin wieder¬
zugewinnen und zu sichern trachtete und hierdurch selbst an seiner Tren¬
nung vom rechten Flügel (niederländisch-englische Armee) mitarbeitete. Die Ver¬
bündeten können nun dem centralen Angriffe der Franzosen gegenüber entweder ein
gleiches Verfahren beobachten, wie Blücher und Wellington 1815. Die fünf
Junitage vom 15. bis zum 19. des genannten Jahres geben in der That
s°viel Muster und Lehre als mancher mehrjährige Krieg, und einigermaßen
genau angesehen, nicht blos für die damals herrschenden Umstände, sondern
""es für geänderte. Oder die Verbündeten können, falls sie schlagfertig sind.
der französische Angriff erfolgt, selbst zum Angriffe auf die zwischen Mau-
^"ge und Valenciennes vertheilten oder doch erst in der Concentrirung zum
^Marsche begriffenen Franzosen vorgehen, um deren Colonnen mit zusammen¬
gehaltener Kraft einzeln zu schlagen. Die vortheilhafteste Richtung für diesen
"griff, der sich in vielen Beziehungen empfiehlt, wäre, wenn man alle Fac-
"^u zusammenzieht, auf die französische rechte Flanke also in der Richtung


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[0357] wehr suchen, der keinen Ausweg als die Unterwerfung übrig läßt. Der zweite Weg wäre der Angriff auf den linken Flügel (Namur). Wie sinnreich immer der erste Calcul sein möge, es will uns fast scheinen, als habe der zweite wehr Chancen des Erfolgs. Die Aufstellung eines verbündeten Heeres zwi¬ schen Mons und Namur, eines Heeres, welches etwa 300,000 Mann zählt, 'se eine sehr concentrirte; eine Vereinigung des Angegriffenen nach der Mitte hin macht hier um so weniger Schwierigkeiten, als man heute bei vernünf¬ tiger Anordnung durch die Eisenbahnen derselben sehr leicht zu Hülfe kommen kann. Eine Vereinigung nach einer Flanke hin ist schwieriger, weil doppelte Wege zurückzulegen sind. Die Chance eines ersten Siegs in der Schlacht ist daher größer bei einem Angriff gegen den linken Flügel der Verbündeten als gegen das Centrum; indem die Franzosen möglicherweise zugleich die Aus¬ sicht hätten, mit einem geringen Aufwand an Kraft durch eine schwache Nebencolonne die Vereinigung noch aufzuhalten, nämlich den rechten Flügel der Verbündeten so lange zu beschäftigen und seine Aufmerksamkeit zu fesseln, bis der linke geschlagen ist. Insoweit aus eine Ausnutzung des Sieges dnrch °me Verfolgung in der entscheidenden Richtung gerechnet werden darf und soll. ist gleichfalls die Richtung auf die linke Flanke der Verbündeten, gegen das Meer hin. die bessere, und eine Gefährdung des eigenen Rückzugs im Fall einer Niederlage ist nicht zu besorgen, da der Rückzug im Nothfall auf Sedan und Meziers offen steht. Endlich darf nicht als ganz unmöglich an¬ genommen werden, daß bei dieser Wahl des Angriffes gegen die linke Flanke auf dem Schlachtfelde, ganz so wie bei dem (strategischen) Angriffe gegen die linke Flanke auf dem Kriegstheater, der linke Flügel der Verbündeten, Preußen, durch Linksschiebcn bei den Manövern, welche die Schlacht einleiten, und noch wahrend der Schlacht selbst, seine Rückzugslinie nach dem Rhein hin wieder¬ zugewinnen und zu sichern trachtete und hierdurch selbst an seiner Tren¬ nung vom rechten Flügel (niederländisch-englische Armee) mitarbeitete. Die Ver¬ bündeten können nun dem centralen Angriffe der Franzosen gegenüber entweder ein gleiches Verfahren beobachten, wie Blücher und Wellington 1815. Die fünf Junitage vom 15. bis zum 19. des genannten Jahres geben in der That s°viel Muster und Lehre als mancher mehrjährige Krieg, und einigermaßen genau angesehen, nicht blos für die damals herrschenden Umstände, sondern ""es für geänderte. Oder die Verbündeten können, falls sie schlagfertig sind. der französische Angriff erfolgt, selbst zum Angriffe auf die zwischen Mau- ^"ge und Valenciennes vertheilten oder doch erst in der Concentrirung zum ^Marsche begriffenen Franzosen vorgehen, um deren Colonnen mit zusammen¬ gehaltener Kraft einzeln zu schlagen. Die vortheilhafteste Richtung für diesen "griff, der sich in vielen Beziehungen empfiehlt, wäre, wenn man alle Fac- "^u zusammenzieht, auf die französische rechte Flanke also in der Richtung enzboten IV. 18b9. 44

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 18, 1859, II. Semester. IV. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341590_108129/357>, abgerufen am 24.08.2024.