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Die Grenzboten. Jg. 18, 1859, II. Semester. IV. Band.

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Lüttich und Namur. nehmen wir an zwischen Huy und Cluny; die Verbün¬
deten haben dabei die Front nach dem Rhein, den Rücken nach dem Meere
hin, die Franzosen haben die Front nach dem Meere und den Rücken gegen
^blenz nach dem Rhein. Jede der beiden Parteien dreht also ihren Rücken
einer Richtung zu, in weicher sie ihren Rückzug im Falle der Niederlage nicht
nehmen will. Das heißt, wir haben eine Schlacht mit verwandter Front.

Es kommt nun darauf an. welche der beiden Parteien den Sieg davon
trägt. Siegen die Franzosen, so können sie die Verbündeten gegen das Meer
hin treiben und nun durch wiederholte Niederlagen sie. nach dem gebräuchlichen
Ausdruck, vernichten. Siegen die Verbündeten, so würden die Franzosen ge¬
gen den Rhein und auf die von Preußen besetzten Festungen losgetrieben. fo¬
rmt nun ihrerseits der Vernichtung preisgegeben.

Wir müssen hier aber sofort noch einiges bemerken. Wir sagen aus¬
drücklich die Vernichtung kann die Folge einer Niederlage sein, die eine Ar¬
mee mit verwandter Front kämpfend erleidet. Aber dies setzt die Erfüllung
gewisser Bedingungen voraus; nämlich eine rasche Entscheidung in der Schlacht
selbst, so daß der Sieger noch am Schlachttage selbst Zeit gewinnt, den ge¬
schlagenen Feind zu verfolgen und zweitens eine kräftige, unbarmherzige Bel¬
egung in den nächsten Tagen nach der Schlacht und in der dem Feinde schäd¬
lichsten Richtung. Hat sich die Schlacht bis in die Nacht hineingezogen, so
gewinnt der Besiegte durch einen Nachtmarsch wohl immer die Zeit sich
vorläufig vom Sieger loszumachen und eine ändere Richtung zu gewin¬
nen als diejenige, in welcher der Sieger ihn behalten möchte, und gewinnt
der Besiegte gar zwei Tage, ehe der Sieger an die unbarmherzige Verfolgung
ter Gneisenau nach der Schlacht von Bellealliance geht, so ist von einem
Pflücken aller, auch der letzten Früchte des Sieges für den Sieger gar keine
^ete mehr. Nun sind die neuesten Schlachten ganz dazu angethan, daß die
^egegnungsrichtungen -- wenn nicht ein Feldherr da ist, der Alles mit Rück¬
et aus sie anordnet und aufrecht erhält. -- gleichgültiger werden. Die
schlachten des italienischen Feldzugs von diesem Jahre haben fast alles sehr
deutlich bestätigt, was wir von Anbeginn im Widerspruch mit der öffentli-
chen Meinung behaupteten. Als die sogenannte Vervollkommnung der Heer-
Waffen, kleiner wie großer, die Gehirne des meisten Militärs so einnahm.
sie glaubten die ganze Kriegskunst in die Resultate eines Schießplatzes
"uf grüner Weide einschließen zu können; da hieß es unter Anderm: die
flachem werden jetzt mörderischer und viel schneller als sonst entschieden


^" sagen, die Franzosen marschiren von Metz auf Lüttich und von dort auf Namur so
"'°i"°n wir damit nicht, daß sie wirklich buchstäblich sich erst auf den Punkt Luke.es begeben
diesen vesctzeu und von da aus auf Namur gehen. Sie können unsertwegen auch uun
aus Namur marschiren. Es kommt uns aber darauf an. die Richtungen, in denen
^ die Heere etwa zur Schlacht begegnen können, möglichst deutlich darzustellen.

Lüttich und Namur. nehmen wir an zwischen Huy und Cluny; die Verbün¬
deten haben dabei die Front nach dem Rhein, den Rücken nach dem Meere
hin, die Franzosen haben die Front nach dem Meere und den Rücken gegen
^blenz nach dem Rhein. Jede der beiden Parteien dreht also ihren Rücken
einer Richtung zu, in weicher sie ihren Rückzug im Falle der Niederlage nicht
nehmen will. Das heißt, wir haben eine Schlacht mit verwandter Front.

Es kommt nun darauf an. welche der beiden Parteien den Sieg davon
trägt. Siegen die Franzosen, so können sie die Verbündeten gegen das Meer
hin treiben und nun durch wiederholte Niederlagen sie. nach dem gebräuchlichen
Ausdruck, vernichten. Siegen die Verbündeten, so würden die Franzosen ge¬
gen den Rhein und auf die von Preußen besetzten Festungen losgetrieben. fo¬
rmt nun ihrerseits der Vernichtung preisgegeben.

Wir müssen hier aber sofort noch einiges bemerken. Wir sagen aus¬
drücklich die Vernichtung kann die Folge einer Niederlage sein, die eine Ar¬
mee mit verwandter Front kämpfend erleidet. Aber dies setzt die Erfüllung
gewisser Bedingungen voraus; nämlich eine rasche Entscheidung in der Schlacht
selbst, so daß der Sieger noch am Schlachttage selbst Zeit gewinnt, den ge¬
schlagenen Feind zu verfolgen und zweitens eine kräftige, unbarmherzige Bel¬
egung in den nächsten Tagen nach der Schlacht und in der dem Feinde schäd¬
lichsten Richtung. Hat sich die Schlacht bis in die Nacht hineingezogen, so
gewinnt der Besiegte durch einen Nachtmarsch wohl immer die Zeit sich
vorläufig vom Sieger loszumachen und eine ändere Richtung zu gewin¬
nen als diejenige, in welcher der Sieger ihn behalten möchte, und gewinnt
der Besiegte gar zwei Tage, ehe der Sieger an die unbarmherzige Verfolgung
ter Gneisenau nach der Schlacht von Bellealliance geht, so ist von einem
Pflücken aller, auch der letzten Früchte des Sieges für den Sieger gar keine
^ete mehr. Nun sind die neuesten Schlachten ganz dazu angethan, daß die
^egegnungsrichtungen — wenn nicht ein Feldherr da ist, der Alles mit Rück¬
et aus sie anordnet und aufrecht erhält. — gleichgültiger werden. Die
schlachten des italienischen Feldzugs von diesem Jahre haben fast alles sehr
deutlich bestätigt, was wir von Anbeginn im Widerspruch mit der öffentli-
chen Meinung behaupteten. Als die sogenannte Vervollkommnung der Heer-
Waffen, kleiner wie großer, die Gehirne des meisten Militärs so einnahm.
sie glaubten die ganze Kriegskunst in die Resultate eines Schießplatzes
"uf grüner Weide einschließen zu können; da hieß es unter Anderm: die
flachem werden jetzt mörderischer und viel schneller als sonst entschieden


^" sagen, die Franzosen marschiren von Metz auf Lüttich und von dort auf Namur so
"'°i"°n wir damit nicht, daß sie wirklich buchstäblich sich erst auf den Punkt Luke.es begeben
diesen vesctzeu und von da aus auf Namur gehen. Sie können unsertwegen auch uun
aus Namur marschiren. Es kommt uns aber darauf an. die Richtungen, in denen
^ die Heere etwa zur Schlacht begegnen können, möglichst deutlich darzustellen.
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[0353] Lüttich und Namur. nehmen wir an zwischen Huy und Cluny; die Verbün¬ deten haben dabei die Front nach dem Rhein, den Rücken nach dem Meere hin, die Franzosen haben die Front nach dem Meere und den Rücken gegen ^blenz nach dem Rhein. Jede der beiden Parteien dreht also ihren Rücken einer Richtung zu, in weicher sie ihren Rückzug im Falle der Niederlage nicht nehmen will. Das heißt, wir haben eine Schlacht mit verwandter Front. Es kommt nun darauf an. welche der beiden Parteien den Sieg davon trägt. Siegen die Franzosen, so können sie die Verbündeten gegen das Meer hin treiben und nun durch wiederholte Niederlagen sie. nach dem gebräuchlichen Ausdruck, vernichten. Siegen die Verbündeten, so würden die Franzosen ge¬ gen den Rhein und auf die von Preußen besetzten Festungen losgetrieben. fo¬ rmt nun ihrerseits der Vernichtung preisgegeben. Wir müssen hier aber sofort noch einiges bemerken. Wir sagen aus¬ drücklich die Vernichtung kann die Folge einer Niederlage sein, die eine Ar¬ mee mit verwandter Front kämpfend erleidet. Aber dies setzt die Erfüllung gewisser Bedingungen voraus; nämlich eine rasche Entscheidung in der Schlacht selbst, so daß der Sieger noch am Schlachttage selbst Zeit gewinnt, den ge¬ schlagenen Feind zu verfolgen und zweitens eine kräftige, unbarmherzige Bel¬ egung in den nächsten Tagen nach der Schlacht und in der dem Feinde schäd¬ lichsten Richtung. Hat sich die Schlacht bis in die Nacht hineingezogen, so gewinnt der Besiegte durch einen Nachtmarsch wohl immer die Zeit sich vorläufig vom Sieger loszumachen und eine ändere Richtung zu gewin¬ nen als diejenige, in welcher der Sieger ihn behalten möchte, und gewinnt der Besiegte gar zwei Tage, ehe der Sieger an die unbarmherzige Verfolgung ter Gneisenau nach der Schlacht von Bellealliance geht, so ist von einem Pflücken aller, auch der letzten Früchte des Sieges für den Sieger gar keine ^ete mehr. Nun sind die neuesten Schlachten ganz dazu angethan, daß die ^egegnungsrichtungen — wenn nicht ein Feldherr da ist, der Alles mit Rück¬ et aus sie anordnet und aufrecht erhält. — gleichgültiger werden. Die schlachten des italienischen Feldzugs von diesem Jahre haben fast alles sehr deutlich bestätigt, was wir von Anbeginn im Widerspruch mit der öffentli- chen Meinung behaupteten. Als die sogenannte Vervollkommnung der Heer- Waffen, kleiner wie großer, die Gehirne des meisten Militärs so einnahm. sie glaubten die ganze Kriegskunst in die Resultate eines Schießplatzes "uf grüner Weide einschließen zu können; da hieß es unter Anderm: die flachem werden jetzt mörderischer und viel schneller als sonst entschieden ^" sagen, die Franzosen marschiren von Metz auf Lüttich und von dort auf Namur so "'°i"°n wir damit nicht, daß sie wirklich buchstäblich sich erst auf den Punkt Luke.es begeben diesen vesctzeu und von da aus auf Namur gehen. Sie können unsertwegen auch uun aus Namur marschiren. Es kommt uns aber darauf an. die Richtungen, in denen ^ die Heere etwa zur Schlacht begegnen können, möglichst deutlich darzustellen.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 18, 1859, II. Semester. IV. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341590_108129/353>, abgerufen am 22.07.2024.