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Die Grenzboten. Jg. 18, 1859, II. Semester. IV. Band.

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Alliirten an der Grenze gab, durch welche die Franzosen, die auch nicht im¬
mer am ausgezeichnetsten geführt wurden, Gelegenheit erhielten, einen
Theil der Verbündeten nach dem Andern zu schlagen. Als 1794 die Alliir¬
ten den Rückzug antraten und Jourdan ihnen an die Maas folgte, bewegten
sich die Hauptoperationcn wieder an derselben Linie; wieder an ihr überschütt
sowohl 1795 als 1796 Jourdan zuerst den Rhein. Im Jahre, 1814 ward
die Bewegung der schlesischen Armee aus der Linie Coblenz-Nancy lediglich
durch die Rücksicht auf die zu suchende Verbindung mit der böhmischen Ar¬
mee bedingt; aber es ist doch eine Erscheinung, welche gewiß die größte Auf¬
merksamkeit verdient, daß. so oft die böhmische und schlesische Armee sich
trennen, die letztere immer unwillkürlich auf die Linie Paris-Cöln gezagen
wird, wie dies am deutlichsten in der Periode der Schlachten von Craonne
und Laon hervortritt. Im Jahre 1815 endlich, in welchem die preußische
Armee sich ursprünglich zwischen Maas und Mosel sammeln sollte, zeigte sich
die Gewalt der allgemeinen Verhältnisse wieder so deutlich, daß Blücher als¬
bald an die Linie Cöln-Paris oder die mit ihr zusammenfaltende Maas¬
strecke zwischen Lüttich und Namur gezogen ward. Diese centrale Linie er¬
scheint somit sehr deutlich als die Operationslinie für beide Theile, wenn
das niederrheinische Kriegstheater allein in Betracht kommt, und für d>e
auf diesem Kriegstheater kämpfenden Truppen selbst dann noch, wenn zugleich
das oberrheinische Kriegstheater in Mitleidenschaft gezogen wird. Zeigte sich
aber jene Linie schon früher als die bedeutendste auf dem ganzen nicdenhein^
sehen Kriegstheater, so erhält sie eine noch höhere Wichtigkeit in unseren Ta¬
gen, als diejenige, welche zugleich die Hauptciscnbahnverbindung zwisch^
Frankreich und Norddeutschland enthält, die ihrerseits in dem nunmehr Sta^
befestigten Cöln einen Stützpunkt für die Preußen bekommen hat.ol

Die Gegend zwischen Aachen, Cöln und Düsseldorf wird daher wh
als das Gebiet zu betrachten sein, auf welchem eine preußische Armee sich ^
den Feldzug zu concentriren hätte. Man kann diese Armee hier mit der
größten Leichtigkeit eng zusammenhalten, da durch den Eisenbahnverkehr alle
Verpflegungsschwierigkeiten leicht zu überwinden wären.''

Was die belgische Armee betrifft, so haben wir schon früher darauf h"
gewiesen, daß diese anfänglich sicher eine Stellung an der Grenze nehme
müßte, um die Franzosen zu beobachten und ihnen bei etwaigem Vordringe"
auf Antwerpen und bei der Absicht gegen Lüttich vorzudringen, Schwierig
' leiten zu bereiten. Der Rückzugspunkt für die belgische Armee ist im wesen'
lichen, so lange nicht die Rücksicht auf ein directes und zeitweises Zusam"^
wirken mit der preußischen Armee alles andere überwiegt, Antwerpen. ^
Hauptvcrbindungen zwischen Antwerpen und Paris (große Eisenbahnllw
gehen über Courtrat) und Lille einerseits und über Mons-Maubeuge andrers"


Alliirten an der Grenze gab, durch welche die Franzosen, die auch nicht im¬
mer am ausgezeichnetsten geführt wurden, Gelegenheit erhielten, einen
Theil der Verbündeten nach dem Andern zu schlagen. Als 1794 die Alliir¬
ten den Rückzug antraten und Jourdan ihnen an die Maas folgte, bewegten
sich die Hauptoperationcn wieder an derselben Linie; wieder an ihr überschütt
sowohl 1795 als 1796 Jourdan zuerst den Rhein. Im Jahre, 1814 ward
die Bewegung der schlesischen Armee aus der Linie Coblenz-Nancy lediglich
durch die Rücksicht auf die zu suchende Verbindung mit der böhmischen Ar¬
mee bedingt; aber es ist doch eine Erscheinung, welche gewiß die größte Auf¬
merksamkeit verdient, daß. so oft die böhmische und schlesische Armee sich
trennen, die letztere immer unwillkürlich auf die Linie Paris-Cöln gezagen
wird, wie dies am deutlichsten in der Periode der Schlachten von Craonne
und Laon hervortritt. Im Jahre 1815 endlich, in welchem die preußische
Armee sich ursprünglich zwischen Maas und Mosel sammeln sollte, zeigte sich
die Gewalt der allgemeinen Verhältnisse wieder so deutlich, daß Blücher als¬
bald an die Linie Cöln-Paris oder die mit ihr zusammenfaltende Maas¬
strecke zwischen Lüttich und Namur gezogen ward. Diese centrale Linie er¬
scheint somit sehr deutlich als die Operationslinie für beide Theile, wenn
das niederrheinische Kriegstheater allein in Betracht kommt, und für d>e
auf diesem Kriegstheater kämpfenden Truppen selbst dann noch, wenn zugleich
das oberrheinische Kriegstheater in Mitleidenschaft gezogen wird. Zeigte sich
aber jene Linie schon früher als die bedeutendste auf dem ganzen nicdenhein^
sehen Kriegstheater, so erhält sie eine noch höhere Wichtigkeit in unseren Ta¬
gen, als diejenige, welche zugleich die Hauptciscnbahnverbindung zwisch^
Frankreich und Norddeutschland enthält, die ihrerseits in dem nunmehr Sta^
befestigten Cöln einen Stützpunkt für die Preußen bekommen hat.ol

Die Gegend zwischen Aachen, Cöln und Düsseldorf wird daher wh
als das Gebiet zu betrachten sein, auf welchem eine preußische Armee sich ^
den Feldzug zu concentriren hätte. Man kann diese Armee hier mit der
größten Leichtigkeit eng zusammenhalten, da durch den Eisenbahnverkehr alle
Verpflegungsschwierigkeiten leicht zu überwinden wären.''

Was die belgische Armee betrifft, so haben wir schon früher darauf h»
gewiesen, daß diese anfänglich sicher eine Stellung an der Grenze nehme
müßte, um die Franzosen zu beobachten und ihnen bei etwaigem Vordringe"
auf Antwerpen und bei der Absicht gegen Lüttich vorzudringen, Schwierig
' leiten zu bereiten. Der Rückzugspunkt für die belgische Armee ist im wesen'
lichen, so lange nicht die Rücksicht auf ein directes und zeitweises Zusam"^
wirken mit der preußischen Armee alles andere überwiegt, Antwerpen. ^
Hauptvcrbindungen zwischen Antwerpen und Paris (große Eisenbahnllw
gehen über Courtrat) und Lille einerseits und über Mons-Maubeuge andrers"


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[0348] Alliirten an der Grenze gab, durch welche die Franzosen, die auch nicht im¬ mer am ausgezeichnetsten geführt wurden, Gelegenheit erhielten, einen Theil der Verbündeten nach dem Andern zu schlagen. Als 1794 die Alliir¬ ten den Rückzug antraten und Jourdan ihnen an die Maas folgte, bewegten sich die Hauptoperationcn wieder an derselben Linie; wieder an ihr überschütt sowohl 1795 als 1796 Jourdan zuerst den Rhein. Im Jahre, 1814 ward die Bewegung der schlesischen Armee aus der Linie Coblenz-Nancy lediglich durch die Rücksicht auf die zu suchende Verbindung mit der böhmischen Ar¬ mee bedingt; aber es ist doch eine Erscheinung, welche gewiß die größte Auf¬ merksamkeit verdient, daß. so oft die böhmische und schlesische Armee sich trennen, die letztere immer unwillkürlich auf die Linie Paris-Cöln gezagen wird, wie dies am deutlichsten in der Periode der Schlachten von Craonne und Laon hervortritt. Im Jahre 1815 endlich, in welchem die preußische Armee sich ursprünglich zwischen Maas und Mosel sammeln sollte, zeigte sich die Gewalt der allgemeinen Verhältnisse wieder so deutlich, daß Blücher als¬ bald an die Linie Cöln-Paris oder die mit ihr zusammenfaltende Maas¬ strecke zwischen Lüttich und Namur gezogen ward. Diese centrale Linie er¬ scheint somit sehr deutlich als die Operationslinie für beide Theile, wenn das niederrheinische Kriegstheater allein in Betracht kommt, und für d>e auf diesem Kriegstheater kämpfenden Truppen selbst dann noch, wenn zugleich das oberrheinische Kriegstheater in Mitleidenschaft gezogen wird. Zeigte sich aber jene Linie schon früher als die bedeutendste auf dem ganzen nicdenhein^ sehen Kriegstheater, so erhält sie eine noch höhere Wichtigkeit in unseren Ta¬ gen, als diejenige, welche zugleich die Hauptciscnbahnverbindung zwisch^ Frankreich und Norddeutschland enthält, die ihrerseits in dem nunmehr Sta^ befestigten Cöln einen Stützpunkt für die Preußen bekommen hat.ol Die Gegend zwischen Aachen, Cöln und Düsseldorf wird daher wh als das Gebiet zu betrachten sein, auf welchem eine preußische Armee sich ^ den Feldzug zu concentriren hätte. Man kann diese Armee hier mit der größten Leichtigkeit eng zusammenhalten, da durch den Eisenbahnverkehr alle Verpflegungsschwierigkeiten leicht zu überwinden wären.'' Was die belgische Armee betrifft, so haben wir schon früher darauf h» gewiesen, daß diese anfänglich sicher eine Stellung an der Grenze nehme müßte, um die Franzosen zu beobachten und ihnen bei etwaigem Vordringe" auf Antwerpen und bei der Absicht gegen Lüttich vorzudringen, Schwierig ' leiten zu bereiten. Der Rückzugspunkt für die belgische Armee ist im wesen' lichen, so lange nicht die Rücksicht auf ein directes und zeitweises Zusam"^ wirken mit der preußischen Armee alles andere überwiegt, Antwerpen. ^ Hauptvcrbindungen zwischen Antwerpen und Paris (große Eisenbahnllw gehen über Courtrat) und Lille einerseits und über Mons-Maubeuge andrers"

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 18, 1859, II. Semester. IV. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341590_108129/348>, abgerufen am 29.06.2024.