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Die Grenzboten. Jg. 18, 1859, II. Semester. IV. Band.

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Preußen verlassen kann. England allein kann für Preußen die Flotte stellen,
welche nicht blos einem so großartigen französischen Plane, wie es der wäre, von
der Eider aus die Nheingrenzc zu erobern, ein Paroli zu biegen vermag,
sondern auch im Stande ist. beunruhigende Landungsvcrsuchc an den nord¬
deutschen Küsten in der Ausführung zu beeinträchtigen und zu schwächen. Da¬
durch würde Preußen immer noch nicht davon dispensirt sein, Truppen zur
Vertheidigung an der Ostseeküste aufzustellen. Wenn sonst für Preußen gar keine
Hoffnung wäre, sich Rußlands in einer zweckmäßigen und günstigen Weise zu
bedienen, so könnte doch vielleicht eine Versicherung Preußens um Rußland,
daß es während des Krieges mit Frankreich nicht angriffs weise gegen
Dänemark auftreten werde, selbst dann nicht, wenn dieses den Franzosen
Flottcnstationen an seinen Küsten einräumte -- was fast nicht ausbleiben
kann --. insofern nützlich wirken, als der Einfluß des verbündeten Rußlands
Frankreich bestimmte, von allen Seeoperationen zu abstrahiren, welche über
das gewöhnliche Blokadeverhältniß und die Beunruhigung der Küsten durch
einzelne schwache Laudungsvcrsuche hinausgehen.

Wenn man sehr mäßig rechnet, indem man auf das Eisenbahnnetz des
östlichey Preußen und eine vernünftige Benutzung desselben Rücksicht nimmt,
so würde in diesem Landestheil über die Festungsbcsatzungen hinaus, also
von den 350.000 Mann verfügbaren Feldtruppen aufzustellen sein: 1) n"
Observationscorps gegen Rußland 30.000 bis 40.000 Mann; 2) ein Obser-
vationscorps gegen Oestreich 30,000 bis 40,000 Mann; 3) zur Bewachung
der Ostseeküste und Beobachtung Dänemarks 50,000 bis 70,000 Mann; d. h.
zusammen mindestens 110.000. höchstens 150,000 Mann. Auf diese höchste
Zahl würde man wol für den Anfang Bedacht nehmen müssen, während
späterhin bei mehrerer Klärung der Verhältnisse vielleicht von ihr noch ein
Nachschub in die westlichen Provinzen angeordnet werden könnte.

Wir kommen also zu dem Resultat, daß vier preußische Armeecorps an¬
fangs in dem östlichen Landcstheil zurückzubehalten wären und 5 für den
westlichen oder das niederrheinische Kriegstheater verfügbar gemacht werden
könnten. Dazu träten dann noch die Landwehren des 2. Aufgebots aus Rhcin-
preußen und Westphalen als Festungsbcsatzungen. Es wird angemessen sein,
hier über die Zusammensetzung eines preußischen Armeecorps das nothwendigste
einzuschalten. Ein preußisches Armeecorps, so weit es im freien Felde activ
auftreten kann, zählt in der Regel 4 Regimenter Linieninfanterie zu 3 Bataillonen,
4 Regimenter Landwehrinfantcrie I. Aufgebots zu 3 Bat., 4 Regimenter
Linicncavallerie 5 4 Escadr., 4 Regimenter Landwehrcavallerie 1. Aufgebots
g. 4 Escadr.. 1 Jägcrbataillon. 12 Batterien zu 8 Geschützen, endlich 1 Pionnir-
abtheilung von zwei Compagnien. Also: 25 Bataillone Infanterie, 32 Es¬
cadrons Cavallerie. 06 Geschütze und 2 Compagnien Pionnire. oder etwa


Preußen verlassen kann. England allein kann für Preußen die Flotte stellen,
welche nicht blos einem so großartigen französischen Plane, wie es der wäre, von
der Eider aus die Nheingrenzc zu erobern, ein Paroli zu biegen vermag,
sondern auch im Stande ist. beunruhigende Landungsvcrsuchc an den nord¬
deutschen Küsten in der Ausführung zu beeinträchtigen und zu schwächen. Da¬
durch würde Preußen immer noch nicht davon dispensirt sein, Truppen zur
Vertheidigung an der Ostseeküste aufzustellen. Wenn sonst für Preußen gar keine
Hoffnung wäre, sich Rußlands in einer zweckmäßigen und günstigen Weise zu
bedienen, so könnte doch vielleicht eine Versicherung Preußens um Rußland,
daß es während des Krieges mit Frankreich nicht angriffs weise gegen
Dänemark auftreten werde, selbst dann nicht, wenn dieses den Franzosen
Flottcnstationen an seinen Küsten einräumte — was fast nicht ausbleiben
kann —. insofern nützlich wirken, als der Einfluß des verbündeten Rußlands
Frankreich bestimmte, von allen Seeoperationen zu abstrahiren, welche über
das gewöhnliche Blokadeverhältniß und die Beunruhigung der Küsten durch
einzelne schwache Laudungsvcrsuche hinausgehen.

Wenn man sehr mäßig rechnet, indem man auf das Eisenbahnnetz des
östlichey Preußen und eine vernünftige Benutzung desselben Rücksicht nimmt,
so würde in diesem Landestheil über die Festungsbcsatzungen hinaus, also
von den 350.000 Mann verfügbaren Feldtruppen aufzustellen sein: 1) n»
Observationscorps gegen Rußland 30.000 bis 40.000 Mann; 2) ein Obser-
vationscorps gegen Oestreich 30,000 bis 40,000 Mann; 3) zur Bewachung
der Ostseeküste und Beobachtung Dänemarks 50,000 bis 70,000 Mann; d. h.
zusammen mindestens 110.000. höchstens 150,000 Mann. Auf diese höchste
Zahl würde man wol für den Anfang Bedacht nehmen müssen, während
späterhin bei mehrerer Klärung der Verhältnisse vielleicht von ihr noch ein
Nachschub in die westlichen Provinzen angeordnet werden könnte.

Wir kommen also zu dem Resultat, daß vier preußische Armeecorps an¬
fangs in dem östlichen Landcstheil zurückzubehalten wären und 5 für den
westlichen oder das niederrheinische Kriegstheater verfügbar gemacht werden
könnten. Dazu träten dann noch die Landwehren des 2. Aufgebots aus Rhcin-
preußen und Westphalen als Festungsbcsatzungen. Es wird angemessen sein,
hier über die Zusammensetzung eines preußischen Armeecorps das nothwendigste
einzuschalten. Ein preußisches Armeecorps, so weit es im freien Felde activ
auftreten kann, zählt in der Regel 4 Regimenter Linieninfanterie zu 3 Bataillonen,
4 Regimenter Landwehrinfantcrie I. Aufgebots zu 3 Bat., 4 Regimenter
Linicncavallerie 5 4 Escadr., 4 Regimenter Landwehrcavallerie 1. Aufgebots
g. 4 Escadr.. 1 Jägcrbataillon. 12 Batterien zu 8 Geschützen, endlich 1 Pionnir-
abtheilung von zwei Compagnien. Also: 25 Bataillone Infanterie, 32 Es¬
cadrons Cavallerie. 06 Geschütze und 2 Compagnien Pionnire. oder etwa


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[0320] Preußen verlassen kann. England allein kann für Preußen die Flotte stellen, welche nicht blos einem so großartigen französischen Plane, wie es der wäre, von der Eider aus die Nheingrenzc zu erobern, ein Paroli zu biegen vermag, sondern auch im Stande ist. beunruhigende Landungsvcrsuchc an den nord¬ deutschen Küsten in der Ausführung zu beeinträchtigen und zu schwächen. Da¬ durch würde Preußen immer noch nicht davon dispensirt sein, Truppen zur Vertheidigung an der Ostseeküste aufzustellen. Wenn sonst für Preußen gar keine Hoffnung wäre, sich Rußlands in einer zweckmäßigen und günstigen Weise zu bedienen, so könnte doch vielleicht eine Versicherung Preußens um Rußland, daß es während des Krieges mit Frankreich nicht angriffs weise gegen Dänemark auftreten werde, selbst dann nicht, wenn dieses den Franzosen Flottcnstationen an seinen Küsten einräumte — was fast nicht ausbleiben kann —. insofern nützlich wirken, als der Einfluß des verbündeten Rußlands Frankreich bestimmte, von allen Seeoperationen zu abstrahiren, welche über das gewöhnliche Blokadeverhältniß und die Beunruhigung der Küsten durch einzelne schwache Laudungsvcrsuche hinausgehen. Wenn man sehr mäßig rechnet, indem man auf das Eisenbahnnetz des östlichey Preußen und eine vernünftige Benutzung desselben Rücksicht nimmt, so würde in diesem Landestheil über die Festungsbcsatzungen hinaus, also von den 350.000 Mann verfügbaren Feldtruppen aufzustellen sein: 1) n» Observationscorps gegen Rußland 30.000 bis 40.000 Mann; 2) ein Obser- vationscorps gegen Oestreich 30,000 bis 40,000 Mann; 3) zur Bewachung der Ostseeküste und Beobachtung Dänemarks 50,000 bis 70,000 Mann; d. h. zusammen mindestens 110.000. höchstens 150,000 Mann. Auf diese höchste Zahl würde man wol für den Anfang Bedacht nehmen müssen, während späterhin bei mehrerer Klärung der Verhältnisse vielleicht von ihr noch ein Nachschub in die westlichen Provinzen angeordnet werden könnte. Wir kommen also zu dem Resultat, daß vier preußische Armeecorps an¬ fangs in dem östlichen Landcstheil zurückzubehalten wären und 5 für den westlichen oder das niederrheinische Kriegstheater verfügbar gemacht werden könnten. Dazu träten dann noch die Landwehren des 2. Aufgebots aus Rhcin- preußen und Westphalen als Festungsbcsatzungen. Es wird angemessen sein, hier über die Zusammensetzung eines preußischen Armeecorps das nothwendigste einzuschalten. Ein preußisches Armeecorps, so weit es im freien Felde activ auftreten kann, zählt in der Regel 4 Regimenter Linieninfanterie zu 3 Bataillonen, 4 Regimenter Landwehrinfantcrie I. Aufgebots zu 3 Bat., 4 Regimenter Linicncavallerie 5 4 Escadr., 4 Regimenter Landwehrcavallerie 1. Aufgebots g. 4 Escadr.. 1 Jägcrbataillon. 12 Batterien zu 8 Geschützen, endlich 1 Pionnir- abtheilung von zwei Compagnien. Also: 25 Bataillone Infanterie, 32 Es¬ cadrons Cavallerie. 06 Geschütze und 2 Compagnien Pionnire. oder etwa

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 18, 1859, II. Semester. IV. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341590_108129/320>, abgerufen am 29.06.2024.