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Die Grenzboten. Jg. 18, 1859, II. Semester. IV. Band.

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lenburger Strelitz, von welcher Bevölkerung etwa 600.000 Konsumenten für
jenen Import zu rechnen sind, auf den Kopf etwa 4'/- Pfd. beträgt. Nun
verbraucht aber die Bevölkerung Hannovers pro Kopf über 7, diejenige von
Schleswig-Holstein etwa 6-/° Pfd. auf den Kopf, woraus Jeder, der die nahe¬
zu gleichen Verhältnisse dieser Länder mit Mecklenburg kennt, für dieses einen
Verbrauch von 6 Psd. pro Kopf wenigstens veranschlagen müßte. Es hätte
demnach die wirkliche Einfuhr beiläufig 3,600.000 Pfd. betragen oder es wären
ca. 930,000 Pfd. der Einfuhr nicht versteuert. Diese können aber nicht
der gesetzlich steuerfreien Einfuhr der Privaten zugeschrieben werden, weil diese
Befreiung in solchem Grade nicht benutzt wird und höchstens 250.000 Pfd. be¬
trägt. Eine ansehnliche Menge wird demnach der Desraude zur Last fallen.
Wer hieran zweifelt, der bedenke, daß Rostock bei einem natürlichen städtischen
und ländlichen Handelsrayon von ca. 40.000 Menschen nur 221,840 Pfd. als
eingeführt declarirt hat. also nur 5'/- Pfd. für den Kopf. Wismar hat bei
einem gleichen Rayon von etwa 29,000 Menschen gar nur 0.56 Pfd. pro Kopf
versteuert. Daß nun hierbei der Verbrauch des Landes nicht zu hoch berechnet wurde,
dafür kann derjenige des Zuckers und Syrups ein Beweis sein, welcher nach
einer statistischen Erhebung von 1845 sich auf 10'/- Pfd. pro Kopf, nach den
Einfuhr-Registern von 1856 (also mit Ausschluß der jedenfalls sehr geringen
Privateinfuhr) gar auf 13,6 Pfd. pro Kopf belief, während Hannover nach
den sorgfältigsten Ermittelungen nur 8.29 Pfd. pro Kopf consumirt. Diese
Zahlen geben keine statistisch durchaus sichere, aber eine moralische Ueber¬
zeugung.

Betrachten wir nun die Nachtheile des bestehenden Abgabenwesens, nament¬
lich der durch dasselbe bewirkten Abschließung des Landes, welche die hiesig
Industrie treffen. Am klarsten treten jene hervor, wenn wir die vom stati¬
stischen Bureau veröffentlichten Ausfuhrregister durchsehen. Hier erkennen
wir sofort, daß die Ausfuhr von allen solchen Fabrikaten, welche aus den
natürlichen Producten des Landes ohne große Mühe bereitet werden können,
Holz-, Sattler-, Bürsten-, Korbwaaren, dann Wagen, landwirthschaftliche Ge¬
rüche und Maschinen u. tgi. eine sehr geringe ist. Es wird Niemand be¬
haupten, daß dem Lande zu dieser Fabrikation die Vorbedingungen fehlen!
es besitzt dieselben reichlich und ermöglicht nach seinen eigensten Verhältnisse"-
Wie der oberflächlichste Blick lehren muß. eine nicht theure Fabrikation. Und
wie viele andere Quellen zu Nutzen dringender Industrie besitzt das Land
noch in seinen ausgezeichneten Thonlagern, Torfmooren. Braunkohlenlagern
u. s. w. Der Betrieb letzterer kann weder leben noch sterben, die Bereitung
des Torfes geschieht fast ausschließlich nach urväterlicher Methode, während
z. B. durch Pressung bereiteter (comprimirter) Torf gewiß ein sicherer Ausfuhr'
Artikel werden könnte. Jetzt genügt die Bereitung nicht dem eigenen


lenburger Strelitz, von welcher Bevölkerung etwa 600.000 Konsumenten für
jenen Import zu rechnen sind, auf den Kopf etwa 4'/- Pfd. beträgt. Nun
verbraucht aber die Bevölkerung Hannovers pro Kopf über 7, diejenige von
Schleswig-Holstein etwa 6-/° Pfd. auf den Kopf, woraus Jeder, der die nahe¬
zu gleichen Verhältnisse dieser Länder mit Mecklenburg kennt, für dieses einen
Verbrauch von 6 Psd. pro Kopf wenigstens veranschlagen müßte. Es hätte
demnach die wirkliche Einfuhr beiläufig 3,600.000 Pfd. betragen oder es wären
ca. 930,000 Pfd. der Einfuhr nicht versteuert. Diese können aber nicht
der gesetzlich steuerfreien Einfuhr der Privaten zugeschrieben werden, weil diese
Befreiung in solchem Grade nicht benutzt wird und höchstens 250.000 Pfd. be¬
trägt. Eine ansehnliche Menge wird demnach der Desraude zur Last fallen.
Wer hieran zweifelt, der bedenke, daß Rostock bei einem natürlichen städtischen
und ländlichen Handelsrayon von ca. 40.000 Menschen nur 221,840 Pfd. als
eingeführt declarirt hat. also nur 5'/- Pfd. für den Kopf. Wismar hat bei
einem gleichen Rayon von etwa 29,000 Menschen gar nur 0.56 Pfd. pro Kopf
versteuert. Daß nun hierbei der Verbrauch des Landes nicht zu hoch berechnet wurde,
dafür kann derjenige des Zuckers und Syrups ein Beweis sein, welcher nach
einer statistischen Erhebung von 1845 sich auf 10'/- Pfd. pro Kopf, nach den
Einfuhr-Registern von 1856 (also mit Ausschluß der jedenfalls sehr geringen
Privateinfuhr) gar auf 13,6 Pfd. pro Kopf belief, während Hannover nach
den sorgfältigsten Ermittelungen nur 8.29 Pfd. pro Kopf consumirt. Diese
Zahlen geben keine statistisch durchaus sichere, aber eine moralische Ueber¬
zeugung.

Betrachten wir nun die Nachtheile des bestehenden Abgabenwesens, nament¬
lich der durch dasselbe bewirkten Abschließung des Landes, welche die hiesig
Industrie treffen. Am klarsten treten jene hervor, wenn wir die vom stati¬
stischen Bureau veröffentlichten Ausfuhrregister durchsehen. Hier erkennen
wir sofort, daß die Ausfuhr von allen solchen Fabrikaten, welche aus den
natürlichen Producten des Landes ohne große Mühe bereitet werden können,
Holz-, Sattler-, Bürsten-, Korbwaaren, dann Wagen, landwirthschaftliche Ge¬
rüche und Maschinen u. tgi. eine sehr geringe ist. Es wird Niemand be¬
haupten, daß dem Lande zu dieser Fabrikation die Vorbedingungen fehlen!
es besitzt dieselben reichlich und ermöglicht nach seinen eigensten Verhältnisse"-
Wie der oberflächlichste Blick lehren muß. eine nicht theure Fabrikation. Und
wie viele andere Quellen zu Nutzen dringender Industrie besitzt das Land
noch in seinen ausgezeichneten Thonlagern, Torfmooren. Braunkohlenlagern
u. s. w. Der Betrieb letzterer kann weder leben noch sterben, die Bereitung
des Torfes geschieht fast ausschließlich nach urväterlicher Methode, während
z. B. durch Pressung bereiteter (comprimirter) Torf gewiß ein sicherer Ausfuhr'
Artikel werden könnte. Jetzt genügt die Bereitung nicht dem eigenen


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 18, 1859, II. Semester. IV. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341590_108129/222>, abgerufen am 29.06.2024.