Die Grenzboten. Jg. 18, 1859, II. Semester. III. Band.Frascati zum Besten zu geben, wo sie seitdem in der nämlichen Franciscaner- Es kann hiernach nicht befremden, wenn man bei Jubelfesten, wie sie z. B. Die ernste Orgel wird bei diesem Opernwesen zur förmlichen Caricatur. Grenzboten III. 1859. 10
Frascati zum Besten zu geben, wo sie seitdem in der nämlichen Franciscaner- Es kann hiernach nicht befremden, wenn man bei Jubelfesten, wie sie z. B. Die ernste Orgel wird bei diesem Opernwesen zur förmlichen Caricatur. Grenzboten III. 1859. 10
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Frascati zum Besten zu geben, wo sie seitdem in der nämlichen Franciscaner-
kirche mit zweckmäßigen Textveränderungen eine der beliebtesten Arien der
Uessg. etmtÄta, geblieben ist.
Es kann hiernach nicht befremden, wenn man bei Jubelfesten, wie sie z. B.
zur Feier der unbefleckten Empfängnis; in der römischen Chiesa nuova unter Ca-
Poccis Leitung ausgeführt wurden, bald Oratorium, bald Oper durcheinander
hörte. Man hatte in jenem Jubeljahr Gelegenheit, die Anstrengungen zu be¬
obachten, welche, neben der Kunst der Tapezierer und Lichtgießer, durch die
Tonkunst im Dienste der Kirche gemacht wurden. Wenn sämmtliche Kirchen¬
räume zu Baldachinen von rothem Sammet umgeschaffen und mit vierzig bis
fünfzig lichtverstreuenden Glaskronen erleuchtet waren, da füllten sich in der
mächtigen Chiesa nuova hoch oben im Querschiff die zwei steinernen Chor-
balkone, deren jeder eine Orgel, Jnstrumentisten und Sänger enthielt, an einem
andern Ende der Kirche aber, dem Auge verdeckt, zischelte ein als Echo und
zu unverhofften Antworten bereit gehaltenes Häuflein himmelhoch untergebrach¬
ter Sänger. Rechnet man die am Altar entfaltete Transparentpracht hinzu,
die unübersehbare Menschenmenge, die späte Stunde, so wird man begreifen,
welche Vorbedingungen zu einer wirklich großen Wirkung erfüllt erschienen. Den¬
noch gehörte schon lange Gewöhnung an italienischen Musikverfall dazu, um einer
selbst mit solchen Mitteln ausgestatteten Aufführung bis ans Ende beizuwoh¬
nen. Man denke sich, daß Gabrieli, Nanini, Tartini, Bellini und Capocci
selbst in fröhlichster Brüderlichkeit wie in einem musikalischen Kaleidoskop durch-
einandergeschütteli werden, daß aus eine Halbsuge Pergoleses eine Verdische
Opernarie folgt, und man wird eine ungefähre Vorstellung von dem Kunst¬
genuß haben, welcher die faule Frucht dieser ungewöhnlichen Anstrengungen
ist. Man denke sich hinzu, daß, was man vor ein paar Wochen im Theater
Apollo beklatschte — beklatschte, weil die Prima Donna einmal vorzüglich bei
Stimme war — daß dies selbe Musikstück hier von dem sistulirenoen Verschnitte¬
nen der päpstlichen Kapelle im traurigsten Männersopran heruntergesungen
wird — Mustapha heißt er. vielleicht um an seine türkischen Schicksalsgenossen,
die Wächter des Serails, zu erinnern — und man wird sich sagen müssen,
daß die italienische Kirche, zwischen Ueberlieferungen und Neuerungen einge¬
klemmt, in der Musik dem Lahmen gleicht, der mit Hilfe seiner Krücken ein
Tänzchen versucht, um seine Lahmheit zu verstecken.
Die ernste Orgel wird bei diesem Opernwesen zur förmlichen Caricatur.
Die vollen, langathmigen Töne, welche so ehrwürdig an die farbenreiche
Symphonie eines Natursturmes gemahnen, werden zum meckernden Staccato
Zerhackt und trippeln kindisch daher wie ein Nestor, welcher wieder ins Kindes-
alter zurückfiel. Nichts Unschöneres als das Prcstissimogeplauder eines Doni-
zettischen Doctor Bartolo auf die schwerfälligen Lungen eines Orgelblasebalgs
Grenzboten III. 1859. 10
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