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Die Grenzboten. Jg. 18, 1859, II. Semester. III. Band.

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räische Quadrat" (1798) zu Gesicht; er fügte schnell in einer Note die Bemer¬
kung hinzu, daß gar wol die ursprüngliche Duplicität (Polaritä'-t) in Triplici-
tät ze. sich erheben könne u. s. w. -- Dieser Schrift fügte er gleich darauf
eine Einleitung hinzu: "über den Begriff der speculativen Physik", hauptsäch¬
lich um das Verhältniß der Naturphilosophie zur Wissenschaftslehre auseinander-
zusetzen. -- "Die Aufgabe der Philosophie überhaupt ist Nachweis von der
Einheit des Reellen und Ideellen. Geht nun die Tendenz der Philosophie
ursprünglich darauf, das Reelle überall auf das Ideelle zurückzuführen, so ent¬
steht Transcendentalphilosophie, durch die alle Bewegungen der Natur in An¬
schauungen verwandelt werden, die nur in uns selbst vorgehn und denen nichts
außer uns entspricht. Nach dieser Ansicht wird alles daraus erklärt, daß es
eine bewußtlose, aber der bewußten ursprünglich verwandte Productivität ist,
deren bloßen Reflex wir in der Natur sehen, so daß diese nur der sichtbare
Organismus unsres Verstandes ist und nichts Anderes, als nur das Regel- und
Zweckmäßige produciren kann. -- Kann aber die Natur nothwendig nichts
Anderes produciren, so folgt, daß sich such in der als selbstständig und reell
gedachten Natur und dem Verhältniß ihrer Kräfte wiederum der Ursprung sol¬
cher reget- und zweckmäßigen Producte muß nachweisen lassen, daß also das
Ideelle auch wiederum aus dem Reellen entspringen und aus ihm erklärt
werden muß. Ist es nun Aufgabe der Transcendentalphiwsophie, das Reelle
dem Ideellen unterzuordnen, so ist es Aufgabe der Naturphilosophie, das Ideelle
aus dem Reellen zu erklären. Beide Wissenschaften sind also "me Wissen¬
schaft, die sich nur durch die entgegengesetzten Richtungen ihrer Aufgaben unter¬
scheidet; beiden kommt im System des Wissens gleiche Betrachtung und -gleiche
Nothwendigkeit zu, und beide sind voneinander ganz verschiedene und unab¬
hängige Wissenschaften. -- So hat also die absolute Philosophie je-tzt zwei
Capitel. -- Außerdem wird die speculative Physik von der empirischen
gesondert, deren Anhänger hauptsächlich in Gilberts Annalen seit 1798
die neuen Propheten bekämpften. "Die Physik, sagt Herbart mit Recht,
ist taub gegen alles, was nicht aus ihr selbst kommt; sie will nichts hören
vom Absoluten, Unendlichen, Idealen, sie redet von Stoffen, Kräften,
Verwandtschaften. Die Zweideutigkeit jener Neflexionsbegviffe -verträgt sich
nicht mit der Bestimmtheit der Objecte, die sich dem Naturforscher auf¬
drängen."

Das Zusammenleben Fichtes und Schellings in Jena währte Nicht lange.
Den 29. März 1799 wurde Fichte abgesetzt; bie weimarische Regierung glaubte
in Schelling einen reichlichen Ersatz zu haben. Den 7. August 1799 sagte
sich Kant in harten Worten von der Wissenschaftslehre lM. Wie er darüber
dachte, wußten die Eingeweihten schon lange. Dem einen -derselben schrieb -er
1798, Fichtes Ich sche ihm wie ein Gespenst aus; wenn man es gefaßt zu


räische Quadrat" (1798) zu Gesicht; er fügte schnell in einer Note die Bemer¬
kung hinzu, daß gar wol die ursprüngliche Duplicität (Polaritä'-t) in Triplici-
tät ze. sich erheben könne u. s. w. — Dieser Schrift fügte er gleich darauf
eine Einleitung hinzu: „über den Begriff der speculativen Physik", hauptsäch¬
lich um das Verhältniß der Naturphilosophie zur Wissenschaftslehre auseinander-
zusetzen. — „Die Aufgabe der Philosophie überhaupt ist Nachweis von der
Einheit des Reellen und Ideellen. Geht nun die Tendenz der Philosophie
ursprünglich darauf, das Reelle überall auf das Ideelle zurückzuführen, so ent¬
steht Transcendentalphilosophie, durch die alle Bewegungen der Natur in An¬
schauungen verwandelt werden, die nur in uns selbst vorgehn und denen nichts
außer uns entspricht. Nach dieser Ansicht wird alles daraus erklärt, daß es
eine bewußtlose, aber der bewußten ursprünglich verwandte Productivität ist,
deren bloßen Reflex wir in der Natur sehen, so daß diese nur der sichtbare
Organismus unsres Verstandes ist und nichts Anderes, als nur das Regel- und
Zweckmäßige produciren kann. — Kann aber die Natur nothwendig nichts
Anderes produciren, so folgt, daß sich such in der als selbstständig und reell
gedachten Natur und dem Verhältniß ihrer Kräfte wiederum der Ursprung sol¬
cher reget- und zweckmäßigen Producte muß nachweisen lassen, daß also das
Ideelle auch wiederum aus dem Reellen entspringen und aus ihm erklärt
werden muß. Ist es nun Aufgabe der Transcendentalphiwsophie, das Reelle
dem Ideellen unterzuordnen, so ist es Aufgabe der Naturphilosophie, das Ideelle
aus dem Reellen zu erklären. Beide Wissenschaften sind also «me Wissen¬
schaft, die sich nur durch die entgegengesetzten Richtungen ihrer Aufgaben unter¬
scheidet; beiden kommt im System des Wissens gleiche Betrachtung und -gleiche
Nothwendigkeit zu, und beide sind voneinander ganz verschiedene und unab¬
hängige Wissenschaften. — So hat also die absolute Philosophie je-tzt zwei
Capitel. — Außerdem wird die speculative Physik von der empirischen
gesondert, deren Anhänger hauptsächlich in Gilberts Annalen seit 1798
die neuen Propheten bekämpften. „Die Physik, sagt Herbart mit Recht,
ist taub gegen alles, was nicht aus ihr selbst kommt; sie will nichts hören
vom Absoluten, Unendlichen, Idealen, sie redet von Stoffen, Kräften,
Verwandtschaften. Die Zweideutigkeit jener Neflexionsbegviffe -verträgt sich
nicht mit der Bestimmtheit der Objecte, die sich dem Naturforscher auf¬
drängen."

Das Zusammenleben Fichtes und Schellings in Jena währte Nicht lange.
Den 29. März 1799 wurde Fichte abgesetzt; bie weimarische Regierung glaubte
in Schelling einen reichlichen Ersatz zu haben. Den 7. August 1799 sagte
sich Kant in harten Worten von der Wissenschaftslehre lM. Wie er darüber
dachte, wußten die Eingeweihten schon lange. Dem einen -derselben schrieb -er
1798, Fichtes Ich sche ihm wie ein Gespenst aus; wenn man es gefaßt zu


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 18, 1859, II. Semester. III. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341590_107585/70>, abgerufen am 28.12.2024.