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Die Grenzboten. Jg. 18, 1859, II. Semester. III. Band.

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ders zu erwehren, als daß es mit dem Kolben zuschlug. Mehre Griechen
stürzten an der Schwelle blutend nieder, und ein englischer Lord, der sich in
Aoxerstellung zur Wehr stellte, wurde von einem Soldaten ohne weiteres beim
Kragen gefaßt und wie ein Straßenbube zur Seite geschleudert. Ich war etwa
eine Viertelstunde im Innern, dann verließ ich die Moschee durch die südliche
Pforte.

Die Moschee heißt nach dem heiligen Felsblock, den sie einschließt, die
Sakhra, nach der Sage, die sie vom dritten Chalifen erbaut sein läßt, auch
die Omarmoschee. Nach der Geschichte hat Omar nur den heiligen Stein
Mtdeckt und den Düngerhaufen entfernt, mit dem ihn die Christen, um die
Juden zu kränken, überschüttet hatten. Der Erbauer der Moschee war der
Chalif Abd El Melek. der ein halbes Jahrhundert später lebte, und als Jahr
der Vollendung wird 686 n. Chr. angegeben. Es ist ein achteckiger Bau,
aus dessen Dach in der Mitte ein latcrnenartiger Rundbau mit einer Kuppel
emporstrebe. Die Seiten des Achtecks, jede ungefähr sechzig Fuß breit, sind
unten mit Marmor, weiter oben mit roth, grün, schwarz und weißen glacirten
Ziegeln belegt und in der obern Hälfte von sechsundfunfzig Spitzbogenfenstern
mit vielfarbigen Glasscheiben durchbrochen. Die Kuppel ist mit Bieiplatien
gedeckt. Ueber ihr funkelt ein vergoldeter Halbmond, dessen Hörner sich als
dünner Draht fortsetzen, bis sie sich berühren. An den Wänden des Ober¬
bauch laufen bunte Koransprüche hin.

Im Innern wird die Decke des achteckigen Unterbaues von vierundzwan-
Z>g korinthischen Säulen getragen, während in der Mitte zwölf solche Säulen
und vier dicke Pfeiler nach der mit Goidarabesken geschmückten Kuppel aus¬
strebend eine Art Kapelle für sich bilden, in welcher, von einem schöngemuster-
ten vergoldeten Gitter umgeben und mit einer Decke von schwerem roth und
grünem Seidendamast behängen, der etwa fünfzehn Fuß über den Fußboden
emporragende und dreißig Fuß lange heilige Felsen sich befindet. Die Decke
ivar, als wir eintraten, halb abgenommen, und ich sah bei dem Dämmer-
ucht, welches durch die Blumen- und Arabeskenmalerei der Fenster in den sonst
ganz dunkeln Mittelraum siel, daß es ein unregelmäßiger, natürlicher grauer
Kalkblock war.

Dieser Stein ist nächst dem Hadschar El Aswad, dem schwarzen Stein
in der Kaaba zu Mekka, und dem Grabe Mohammeds in Medina*) das größte
Heiligthum des Islam. Die Sagen, die sich an ihn knüpfen, sind zum Theil
^br wunderlich. Er soll der Felsen sein, auf dem Abraham seinen Sohn
>>!aak schlachten wollte, und man zeigt an ihm noch die Spuren der Finger
des Patriarchen. Nach einer andern mohammedanischen Legende siel der Stein
vom Hammel, als zu Jerusalem die Prophezeihung begann, und auf ihm ha-



') Ein Versehen verlegt dieses in No. 3. dieser Aufsätze nach Mekka.

ders zu erwehren, als daß es mit dem Kolben zuschlug. Mehre Griechen
stürzten an der Schwelle blutend nieder, und ein englischer Lord, der sich in
Aoxerstellung zur Wehr stellte, wurde von einem Soldaten ohne weiteres beim
Kragen gefaßt und wie ein Straßenbube zur Seite geschleudert. Ich war etwa
eine Viertelstunde im Innern, dann verließ ich die Moschee durch die südliche
Pforte.

Die Moschee heißt nach dem heiligen Felsblock, den sie einschließt, die
Sakhra, nach der Sage, die sie vom dritten Chalifen erbaut sein läßt, auch
die Omarmoschee. Nach der Geschichte hat Omar nur den heiligen Stein
Mtdeckt und den Düngerhaufen entfernt, mit dem ihn die Christen, um die
Juden zu kränken, überschüttet hatten. Der Erbauer der Moschee war der
Chalif Abd El Melek. der ein halbes Jahrhundert später lebte, und als Jahr
der Vollendung wird 686 n. Chr. angegeben. Es ist ein achteckiger Bau,
aus dessen Dach in der Mitte ein latcrnenartiger Rundbau mit einer Kuppel
emporstrebe. Die Seiten des Achtecks, jede ungefähr sechzig Fuß breit, sind
unten mit Marmor, weiter oben mit roth, grün, schwarz und weißen glacirten
Ziegeln belegt und in der obern Hälfte von sechsundfunfzig Spitzbogenfenstern
mit vielfarbigen Glasscheiben durchbrochen. Die Kuppel ist mit Bieiplatien
gedeckt. Ueber ihr funkelt ein vergoldeter Halbmond, dessen Hörner sich als
dünner Draht fortsetzen, bis sie sich berühren. An den Wänden des Ober¬
bauch laufen bunte Koransprüche hin.

Im Innern wird die Decke des achteckigen Unterbaues von vierundzwan-
Z>g korinthischen Säulen getragen, während in der Mitte zwölf solche Säulen
und vier dicke Pfeiler nach der mit Goidarabesken geschmückten Kuppel aus¬
strebend eine Art Kapelle für sich bilden, in welcher, von einem schöngemuster-
ten vergoldeten Gitter umgeben und mit einer Decke von schwerem roth und
grünem Seidendamast behängen, der etwa fünfzehn Fuß über den Fußboden
emporragende und dreißig Fuß lange heilige Felsen sich befindet. Die Decke
ivar, als wir eintraten, halb abgenommen, und ich sah bei dem Dämmer-
ucht, welches durch die Blumen- und Arabeskenmalerei der Fenster in den sonst
ganz dunkeln Mittelraum siel, daß es ein unregelmäßiger, natürlicher grauer
Kalkblock war.

Dieser Stein ist nächst dem Hadschar El Aswad, dem schwarzen Stein
in der Kaaba zu Mekka, und dem Grabe Mohammeds in Medina*) das größte
Heiligthum des Islam. Die Sagen, die sich an ihn knüpfen, sind zum Theil
^br wunderlich. Er soll der Felsen sein, auf dem Abraham seinen Sohn
>>!aak schlachten wollte, und man zeigt an ihm noch die Spuren der Finger
des Patriarchen. Nach einer andern mohammedanischen Legende siel der Stein
vom Hammel, als zu Jerusalem die Prophezeihung begann, und auf ihm ha-



') Ein Versehen verlegt dieses in No. 3. dieser Aufsätze nach Mekka.
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[0485] ders zu erwehren, als daß es mit dem Kolben zuschlug. Mehre Griechen stürzten an der Schwelle blutend nieder, und ein englischer Lord, der sich in Aoxerstellung zur Wehr stellte, wurde von einem Soldaten ohne weiteres beim Kragen gefaßt und wie ein Straßenbube zur Seite geschleudert. Ich war etwa eine Viertelstunde im Innern, dann verließ ich die Moschee durch die südliche Pforte. Die Moschee heißt nach dem heiligen Felsblock, den sie einschließt, die Sakhra, nach der Sage, die sie vom dritten Chalifen erbaut sein läßt, auch die Omarmoschee. Nach der Geschichte hat Omar nur den heiligen Stein Mtdeckt und den Düngerhaufen entfernt, mit dem ihn die Christen, um die Juden zu kränken, überschüttet hatten. Der Erbauer der Moschee war der Chalif Abd El Melek. der ein halbes Jahrhundert später lebte, und als Jahr der Vollendung wird 686 n. Chr. angegeben. Es ist ein achteckiger Bau, aus dessen Dach in der Mitte ein latcrnenartiger Rundbau mit einer Kuppel emporstrebe. Die Seiten des Achtecks, jede ungefähr sechzig Fuß breit, sind unten mit Marmor, weiter oben mit roth, grün, schwarz und weißen glacirten Ziegeln belegt und in der obern Hälfte von sechsundfunfzig Spitzbogenfenstern mit vielfarbigen Glasscheiben durchbrochen. Die Kuppel ist mit Bieiplatien gedeckt. Ueber ihr funkelt ein vergoldeter Halbmond, dessen Hörner sich als dünner Draht fortsetzen, bis sie sich berühren. An den Wänden des Ober¬ bauch laufen bunte Koransprüche hin. Im Innern wird die Decke des achteckigen Unterbaues von vierundzwan- Z>g korinthischen Säulen getragen, während in der Mitte zwölf solche Säulen und vier dicke Pfeiler nach der mit Goidarabesken geschmückten Kuppel aus¬ strebend eine Art Kapelle für sich bilden, in welcher, von einem schöngemuster- ten vergoldeten Gitter umgeben und mit einer Decke von schwerem roth und grünem Seidendamast behängen, der etwa fünfzehn Fuß über den Fußboden emporragende und dreißig Fuß lange heilige Felsen sich befindet. Die Decke ivar, als wir eintraten, halb abgenommen, und ich sah bei dem Dämmer- ucht, welches durch die Blumen- und Arabeskenmalerei der Fenster in den sonst ganz dunkeln Mittelraum siel, daß es ein unregelmäßiger, natürlicher grauer Kalkblock war. Dieser Stein ist nächst dem Hadschar El Aswad, dem schwarzen Stein in der Kaaba zu Mekka, und dem Grabe Mohammeds in Medina*) das größte Heiligthum des Islam. Die Sagen, die sich an ihn knüpfen, sind zum Theil ^br wunderlich. Er soll der Felsen sein, auf dem Abraham seinen Sohn >>!aak schlachten wollte, und man zeigt an ihm noch die Spuren der Finger des Patriarchen. Nach einer andern mohammedanischen Legende siel der Stein vom Hammel, als zu Jerusalem die Prophezeihung begann, und auf ihm ha- ') Ein Versehen verlegt dieses in No. 3. dieser Aufsätze nach Mekka.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 18, 1859, II. Semester. III. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341590_107585/485>, abgerufen am 29.12.2024.