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Die Grenzboten. Jg. 18, 1859, II. Semester. III. Band.

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ein wasserreicher Quell aus den Felsen hervorbricht, in welchem nach der Le¬
gende der Apostel Philippus den Kämmerer der Königin Candace von Mohren¬
land getauft hat. Die Lage des Klosters ist sehr anmuthig. Von den be¬
nachbarten Bergen blickt man in die Thalgründe hinab, in welchen Johannes
der Täufer gewohnt haben soll, während im Westen auf einer Höhe sich Trüm¬
mer zeigen, welche von Einigen für die Ruinen der Makkabäerburg Modin
gehalten werden.

Weiter nördlich winkte noch eine Anzahl anderer Erinnerungen an die
Zeit der Stiftung des Christenthums, das Grab Elisabeths, der Mutter des
Täufers, die Stelle, wo das Haus seines Vaters Zacharias stand, das Kio"
ster Ain Karien, dessen Kirche über der Stätte erbaut ist, wo Johannes ge¬
boren wurde, und das sogenannte Kreuzkloster, von Georgiern an der Stelle
errichtet, wo der Olivenbaum sich erhoben, aus dessen Holz das Kreuz Christi
gezimmert worden. Ich hatte indeß genug an den bisher gesehenen Reliquien
und beeilte mich, vom Philippsbrunnen auf dem nächsten Wege nach Jeru¬
salem zu kommen.

Am folgenden Tage machte ich mich in aller Frühe nach dem zwei kleine
Stunden nordwestlich gelegnen Dorfe Nebbi Samwil auf, welches auf dem
höchsten unter den Hügeln in der Nachbarschaft der heiligen Stadt liegt, und
Wurde durch eine schöne Aussicht belohnt, die bis an das Meer reichte. Ro¬
binson neigt sich zu der Meinung hin, daß hier das alte Mispath zu suchen
sei, wo Judas Makkabäus die Heldenschaar sammelte, mit der er den Gorgias
schlug. Andere sehen in der Stelle mit der Legende, die hier das Grab Samuels
verehrt, die Trümmer von namah, der Prophetenstadt. Auch der Islam ist
dieser Ansicht und zeigt in einer verfallnen Moschee westlich vom Dorfe eine
Gruft, in welcher ein weißübertünchter Sarkophag steht, über den eine wollne
Decke gebreitet ist und an dessen vier Ecken kupferne Verzierungen, Blumen
darstellend, angebracht sind. Als Laie auf dem Gebiet der Archäologie durste
^es wählen zwischen den beiden Erinnerungen, und die Leser werden errathen,
daß ich mich von dem Berge lieber an den heroischen Rebellen, als an den
^errschsüchtigen Priester, den Mörder des gefangnen Agag, den ränkesüchtigen
Verschwörer gegen Saul, Israels besten König, erinnern ließ.----

Schon in Jaffa hatte ich gehört, daß der heiligen Stadt für die nächsten
Tage ein Besuch des Großfürsten Konstantin von Rußland zugedacht sei.
Jerusalem wiederholte stich das Gerücht, ohne daß es bei den Consuln
^tschieden Glauben gefunden Hütte. Am 8. Mai hieß es, der Prinz sei wirk-
uch in Jaffa gelandet. Es war nur ein Adjutant desselben; indeß traf mit
ihm die Nachricht ein, daß sein Gebieter bereits auf dem Wege von Athen
Palästina sei, und Mittwoch den 11. Mai erfuhr man, der Großfürst
werde am nächsten Vormittag vor Jerusalem ankommen. Es war von nichts


ein wasserreicher Quell aus den Felsen hervorbricht, in welchem nach der Le¬
gende der Apostel Philippus den Kämmerer der Königin Candace von Mohren¬
land getauft hat. Die Lage des Klosters ist sehr anmuthig. Von den be¬
nachbarten Bergen blickt man in die Thalgründe hinab, in welchen Johannes
der Täufer gewohnt haben soll, während im Westen auf einer Höhe sich Trüm¬
mer zeigen, welche von Einigen für die Ruinen der Makkabäerburg Modin
gehalten werden.

Weiter nördlich winkte noch eine Anzahl anderer Erinnerungen an die
Zeit der Stiftung des Christenthums, das Grab Elisabeths, der Mutter des
Täufers, die Stelle, wo das Haus seines Vaters Zacharias stand, das Kio»
ster Ain Karien, dessen Kirche über der Stätte erbaut ist, wo Johannes ge¬
boren wurde, und das sogenannte Kreuzkloster, von Georgiern an der Stelle
errichtet, wo der Olivenbaum sich erhoben, aus dessen Holz das Kreuz Christi
gezimmert worden. Ich hatte indeß genug an den bisher gesehenen Reliquien
und beeilte mich, vom Philippsbrunnen auf dem nächsten Wege nach Jeru¬
salem zu kommen.

Am folgenden Tage machte ich mich in aller Frühe nach dem zwei kleine
Stunden nordwestlich gelegnen Dorfe Nebbi Samwil auf, welches auf dem
höchsten unter den Hügeln in der Nachbarschaft der heiligen Stadt liegt, und
Wurde durch eine schöne Aussicht belohnt, die bis an das Meer reichte. Ro¬
binson neigt sich zu der Meinung hin, daß hier das alte Mispath zu suchen
sei, wo Judas Makkabäus die Heldenschaar sammelte, mit der er den Gorgias
schlug. Andere sehen in der Stelle mit der Legende, die hier das Grab Samuels
verehrt, die Trümmer von namah, der Prophetenstadt. Auch der Islam ist
dieser Ansicht und zeigt in einer verfallnen Moschee westlich vom Dorfe eine
Gruft, in welcher ein weißübertünchter Sarkophag steht, über den eine wollne
Decke gebreitet ist und an dessen vier Ecken kupferne Verzierungen, Blumen
darstellend, angebracht sind. Als Laie auf dem Gebiet der Archäologie durste
^es wählen zwischen den beiden Erinnerungen, und die Leser werden errathen,
daß ich mich von dem Berge lieber an den heroischen Rebellen, als an den
^errschsüchtigen Priester, den Mörder des gefangnen Agag, den ränkesüchtigen
Verschwörer gegen Saul, Israels besten König, erinnern ließ.----

Schon in Jaffa hatte ich gehört, daß der heiligen Stadt für die nächsten
Tage ein Besuch des Großfürsten Konstantin von Rußland zugedacht sei.
Jerusalem wiederholte stich das Gerücht, ohne daß es bei den Consuln
^tschieden Glauben gefunden Hütte. Am 8. Mai hieß es, der Prinz sei wirk-
uch in Jaffa gelandet. Es war nur ein Adjutant desselben; indeß traf mit
ihm die Nachricht ein, daß sein Gebieter bereits auf dem Wege von Athen
Palästina sei, und Mittwoch den 11. Mai erfuhr man, der Großfürst
werde am nächsten Vormittag vor Jerusalem ankommen. Es war von nichts


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[0477] ein wasserreicher Quell aus den Felsen hervorbricht, in welchem nach der Le¬ gende der Apostel Philippus den Kämmerer der Königin Candace von Mohren¬ land getauft hat. Die Lage des Klosters ist sehr anmuthig. Von den be¬ nachbarten Bergen blickt man in die Thalgründe hinab, in welchen Johannes der Täufer gewohnt haben soll, während im Westen auf einer Höhe sich Trüm¬ mer zeigen, welche von Einigen für die Ruinen der Makkabäerburg Modin gehalten werden. Weiter nördlich winkte noch eine Anzahl anderer Erinnerungen an die Zeit der Stiftung des Christenthums, das Grab Elisabeths, der Mutter des Täufers, die Stelle, wo das Haus seines Vaters Zacharias stand, das Kio» ster Ain Karien, dessen Kirche über der Stätte erbaut ist, wo Johannes ge¬ boren wurde, und das sogenannte Kreuzkloster, von Georgiern an der Stelle errichtet, wo der Olivenbaum sich erhoben, aus dessen Holz das Kreuz Christi gezimmert worden. Ich hatte indeß genug an den bisher gesehenen Reliquien und beeilte mich, vom Philippsbrunnen auf dem nächsten Wege nach Jeru¬ salem zu kommen. Am folgenden Tage machte ich mich in aller Frühe nach dem zwei kleine Stunden nordwestlich gelegnen Dorfe Nebbi Samwil auf, welches auf dem höchsten unter den Hügeln in der Nachbarschaft der heiligen Stadt liegt, und Wurde durch eine schöne Aussicht belohnt, die bis an das Meer reichte. Ro¬ binson neigt sich zu der Meinung hin, daß hier das alte Mispath zu suchen sei, wo Judas Makkabäus die Heldenschaar sammelte, mit der er den Gorgias schlug. Andere sehen in der Stelle mit der Legende, die hier das Grab Samuels verehrt, die Trümmer von namah, der Prophetenstadt. Auch der Islam ist dieser Ansicht und zeigt in einer verfallnen Moschee westlich vom Dorfe eine Gruft, in welcher ein weißübertünchter Sarkophag steht, über den eine wollne Decke gebreitet ist und an dessen vier Ecken kupferne Verzierungen, Blumen darstellend, angebracht sind. Als Laie auf dem Gebiet der Archäologie durste ^es wählen zwischen den beiden Erinnerungen, und die Leser werden errathen, daß ich mich von dem Berge lieber an den heroischen Rebellen, als an den ^errschsüchtigen Priester, den Mörder des gefangnen Agag, den ränkesüchtigen Verschwörer gegen Saul, Israels besten König, erinnern ließ.---- Schon in Jaffa hatte ich gehört, daß der heiligen Stadt für die nächsten Tage ein Besuch des Großfürsten Konstantin von Rußland zugedacht sei. Jerusalem wiederholte stich das Gerücht, ohne daß es bei den Consuln ^tschieden Glauben gefunden Hütte. Am 8. Mai hieß es, der Prinz sei wirk- uch in Jaffa gelandet. Es war nur ein Adjutant desselben; indeß traf mit ihm die Nachricht ein, daß sein Gebieter bereits auf dem Wege von Athen Palästina sei, und Mittwoch den 11. Mai erfuhr man, der Großfürst werde am nächsten Vormittag vor Jerusalem ankommen. Es war von nichts

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 18, 1859, II. Semester. III. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341590_107585/477>, abgerufen am 29.12.2024.