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Die Grenzboten. Jg. 18, 1859, II. Semester. III. Band.

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Schalls von Castries veröffentlicht, sprach man sich über die französische See-
"ttillerie schon im Jahr 178" folgendermaßen aus:

"Diesen Matro senkanonierschulen verdankt mau zum großen Theil die
glänzenden Erfolge, welche wir während des letzten Krieges in allen Gefechten
Zungen haben, denn die Kanone ist die hauptsächliche und so zu sagen die
einzige Waffe, die man auf dem Meere anwendet und unsere Artillerie hat
in allen Kämpfen stets eine offenkundige Überlegenheit über die des Feindes
bewiesen."

Angesichts einer so deutlichen Erklärung der Ursache jener französischen
Erfolge -- und folglich auch der französischen Niederlagen als die Engländer
diesen Vortheil zu ihrem Nutzen gewendet hatten -- war es klar, daß Frank¬
reich die lange Friedenscarriere, welche sich im Jahre 1815 ihm eröffnete,
benutzen würde, um allmälig seine Marine zu restauriren. Jeder scharfblickende
Beobachter, mochte er Franzose oder Ausländer sein, konnte diese unvermeid¬
liche Reaction voraussehen. Deshalb machte General Douglas schon im
Jahre 1817 bei Besprechung der letzten Niederlagen der britischen Marine
während ihres Kampfes mit den Amerikanern die Bemerkung, daß es unklug
wäre, uoch langer auf die Unerfahrenheit ihrer Gegner zu rechnen, und knüpfte
hieran Vorschläge zu einer gründlichen Umgestaltung der britischen Seeartillerie.

Wie jede neue Schöpfung gab sein Constitutionsentwurf für diese Ar¬
tillerie Anlaß zu mehrern Vorfragen. Die erste davon ist in der Regel die
Geldfrage, welche jede Regierung, für so aufgeklärt man sie auch halten mag.
stets bereit ist. jeder Fortschrittsforderung als verkapptes Veto entgegenzustel¬
len. Da der Autor des ebengenannten Werkes recht wohl wußte, wie wichtig
es sei. die Admiralität nicht zu erschrecken, so beschränkte er sich darauf, die
Genehmigung seines Plans im Princip zu verlangen. Der Weisheit der Re¬
gierung kam es zu. die Zeit zu bestimmen, wo die Hilfsquellen des Marine¬
budgets erlauben würden, ein Institut wie das beantragte zu gründen.

Es blieb nun noch übrig, zu bestimmen, aus welcher Waffengattung man
die Jnstructoren des neuen Instituts wählen sollte. War es gerathen, dem
früheren Beispiel einiger Mächte des Continents zu folgen und diese Func-
tionen der Marineartillerie einem auserwählten militärischen Corps anzuver¬
trauen, welches aber von der Marine nichts hatte, als den Namen? Diese
Artilleristen waren nämlich zu allerhand Arbeiten bei Herstellung des Materials
und für den Artillericdienst in den Häfen bestimmt und konnten im Nothfall
selbst zum Dienst aus den Schiffen verwendet werden. Ein solches Corps bot
ohne Zweifel wichtige Garantien, aber dennoch konnte man in England, dre-
senr Seestaat Mr exeoUeuce. nicht den Fehler begehen. Seekanoniere durch
Lnndartilleristcn instruiren zu lassen. Man wußte, daß das Schießen auf dem
Meere, welches bei dem fortwährenden Schwanken des Schiffes sich von dem


Schalls von Castries veröffentlicht, sprach man sich über die französische See-
"ttillerie schon im Jahr 178» folgendermaßen aus:

„Diesen Matro senkanonierschulen verdankt mau zum großen Theil die
glänzenden Erfolge, welche wir während des letzten Krieges in allen Gefechten
Zungen haben, denn die Kanone ist die hauptsächliche und so zu sagen die
einzige Waffe, die man auf dem Meere anwendet und unsere Artillerie hat
in allen Kämpfen stets eine offenkundige Überlegenheit über die des Feindes
bewiesen."

Angesichts einer so deutlichen Erklärung der Ursache jener französischen
Erfolge — und folglich auch der französischen Niederlagen als die Engländer
diesen Vortheil zu ihrem Nutzen gewendet hatten — war es klar, daß Frank¬
reich die lange Friedenscarriere, welche sich im Jahre 1815 ihm eröffnete,
benutzen würde, um allmälig seine Marine zu restauriren. Jeder scharfblickende
Beobachter, mochte er Franzose oder Ausländer sein, konnte diese unvermeid¬
liche Reaction voraussehen. Deshalb machte General Douglas schon im
Jahre 1817 bei Besprechung der letzten Niederlagen der britischen Marine
während ihres Kampfes mit den Amerikanern die Bemerkung, daß es unklug
wäre, uoch langer auf die Unerfahrenheit ihrer Gegner zu rechnen, und knüpfte
hieran Vorschläge zu einer gründlichen Umgestaltung der britischen Seeartillerie.

Wie jede neue Schöpfung gab sein Constitutionsentwurf für diese Ar¬
tillerie Anlaß zu mehrern Vorfragen. Die erste davon ist in der Regel die
Geldfrage, welche jede Regierung, für so aufgeklärt man sie auch halten mag.
stets bereit ist. jeder Fortschrittsforderung als verkapptes Veto entgegenzustel¬
len. Da der Autor des ebengenannten Werkes recht wohl wußte, wie wichtig
es sei. die Admiralität nicht zu erschrecken, so beschränkte er sich darauf, die
Genehmigung seines Plans im Princip zu verlangen. Der Weisheit der Re¬
gierung kam es zu. die Zeit zu bestimmen, wo die Hilfsquellen des Marine¬
budgets erlauben würden, ein Institut wie das beantragte zu gründen.

Es blieb nun noch übrig, zu bestimmen, aus welcher Waffengattung man
die Jnstructoren des neuen Instituts wählen sollte. War es gerathen, dem
früheren Beispiel einiger Mächte des Continents zu folgen und diese Func-
tionen der Marineartillerie einem auserwählten militärischen Corps anzuver¬
trauen, welches aber von der Marine nichts hatte, als den Namen? Diese
Artilleristen waren nämlich zu allerhand Arbeiten bei Herstellung des Materials
und für den Artillericdienst in den Häfen bestimmt und konnten im Nothfall
selbst zum Dienst aus den Schiffen verwendet werden. Ein solches Corps bot
ohne Zweifel wichtige Garantien, aber dennoch konnte man in England, dre-
senr Seestaat Mr exeoUeuce. nicht den Fehler begehen. Seekanoniere durch
Lnndartilleristcn instruiren zu lassen. Man wußte, daß das Schießen auf dem
Meere, welches bei dem fortwährenden Schwanken des Schiffes sich von dem


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[0459] Schalls von Castries veröffentlicht, sprach man sich über die französische See- "ttillerie schon im Jahr 178» folgendermaßen aus: „Diesen Matro senkanonierschulen verdankt mau zum großen Theil die glänzenden Erfolge, welche wir während des letzten Krieges in allen Gefechten Zungen haben, denn die Kanone ist die hauptsächliche und so zu sagen die einzige Waffe, die man auf dem Meere anwendet und unsere Artillerie hat in allen Kämpfen stets eine offenkundige Überlegenheit über die des Feindes bewiesen." Angesichts einer so deutlichen Erklärung der Ursache jener französischen Erfolge — und folglich auch der französischen Niederlagen als die Engländer diesen Vortheil zu ihrem Nutzen gewendet hatten — war es klar, daß Frank¬ reich die lange Friedenscarriere, welche sich im Jahre 1815 ihm eröffnete, benutzen würde, um allmälig seine Marine zu restauriren. Jeder scharfblickende Beobachter, mochte er Franzose oder Ausländer sein, konnte diese unvermeid¬ liche Reaction voraussehen. Deshalb machte General Douglas schon im Jahre 1817 bei Besprechung der letzten Niederlagen der britischen Marine während ihres Kampfes mit den Amerikanern die Bemerkung, daß es unklug wäre, uoch langer auf die Unerfahrenheit ihrer Gegner zu rechnen, und knüpfte hieran Vorschläge zu einer gründlichen Umgestaltung der britischen Seeartillerie. Wie jede neue Schöpfung gab sein Constitutionsentwurf für diese Ar¬ tillerie Anlaß zu mehrern Vorfragen. Die erste davon ist in der Regel die Geldfrage, welche jede Regierung, für so aufgeklärt man sie auch halten mag. stets bereit ist. jeder Fortschrittsforderung als verkapptes Veto entgegenzustel¬ len. Da der Autor des ebengenannten Werkes recht wohl wußte, wie wichtig es sei. die Admiralität nicht zu erschrecken, so beschränkte er sich darauf, die Genehmigung seines Plans im Princip zu verlangen. Der Weisheit der Re¬ gierung kam es zu. die Zeit zu bestimmen, wo die Hilfsquellen des Marine¬ budgets erlauben würden, ein Institut wie das beantragte zu gründen. Es blieb nun noch übrig, zu bestimmen, aus welcher Waffengattung man die Jnstructoren des neuen Instituts wählen sollte. War es gerathen, dem früheren Beispiel einiger Mächte des Continents zu folgen und diese Func- tionen der Marineartillerie einem auserwählten militärischen Corps anzuver¬ trauen, welches aber von der Marine nichts hatte, als den Namen? Diese Artilleristen waren nämlich zu allerhand Arbeiten bei Herstellung des Materials und für den Artillericdienst in den Häfen bestimmt und konnten im Nothfall selbst zum Dienst aus den Schiffen verwendet werden. Ein solches Corps bot ohne Zweifel wichtige Garantien, aber dennoch konnte man in England, dre- senr Seestaat Mr exeoUeuce. nicht den Fehler begehen. Seekanoniere durch Lnndartilleristcn instruiren zu lassen. Man wußte, daß das Schießen auf dem Meere, welches bei dem fortwährenden Schwanken des Schiffes sich von dem

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 18, 1859, II. Semester. III. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341590_107585/459>, abgerufen am 26.06.2024.