Die Grenzboten. Jg. 18, 1859, II. Semester. III. Band.Nicht weit vom Palast des armenischen Patriarchen wohnt seit Jahren ^ Daß der Streitteufel, der in der Luft Jerusalems schwebt, auch unter den Es war indeß immerhin schlimmer, als es hätte sein sollen. Lange Zeit Nicht weit vom Palast des armenischen Patriarchen wohnt seit Jahren ^ Daß der Streitteufel, der in der Luft Jerusalems schwebt, auch unter den Es war indeß immerhin schlimmer, als es hätte sein sollen. Lange Zeit <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0379" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/107965"/> <p xml:id="ID_1241"> Nicht weit vom Palast des armenischen Patriarchen wohnt seit Jahren<lb/> ^n unter einem Feigenbaum ein englischer Sonderling Namens Jones (nach<lb/> Indern Dickson), der sich, in allen übrigen Dingen ziemlich vernünftig, für<lb/> Johannes Baptista des wiederkehrenden Christus hält. Er stößt jeden<lb/> ^gen und jeden Abend in die Posaune, um die Nähe des tausendjährigen<lb/> k'ass. dessen Engeln er gelegentlich in Visionen Zwiesprache hält, der<lb/> ^uigerl Stadt zu melden. Früher sah man ihn mit einem Lamme, das er<lb/> ^ einem Bande führte, spazieren gehen, und da er sich auf die Malerei ver-<lb/> so porträtirte er das Thier, und zwar der Abwechslung halber bald<lb/> bald blau, bald in andern Farben. Zwei der hiesigen Geistlichen be¬<lb/> achten ihn einmal, um ihn von seiner Monomanie zu heilen. Als sie aber<lb/> ^ggingen, fanden sie, daß ihre Vorstellungen ihn nur in der Ueberzeugung<lb/> seiner Mission bestärkt hatten. Der Besuch der „Schriftgelehrten" war<lb/> ^ ein Zeichen gewesen, daß er der rechte Johannes sei. Was ich mit dem<lb/> ^Um der Geistlichen sprach, wird dieselbe Wirkung gehabt haben. Aber viel-<lb/> M werden dem Beklagenswerthen einmal die Augen aufgethan werden und<lb/> ^wird die betrübende Wahrheit erkennen, daß Mr. Dickson mir die Caricatur<lb/> ^ übrigen Chiliasten ist, denen blos der Feigenbaum, die Posaune und das<lb/> "ne Lamm mangeln. Bis dahin mag er mir, der ihn in andern Beziehungen<lb/> schätzt, ein geneigtes Andenken bewahren.</p><lb/> <p xml:id="ID_1242"> ^ Daß der Streitteufel, der in der Luft Jerusalems schwebt, auch unter den<lb/> ,^°testanten Unheil anstiften würde, war schon deshalb zu erwarten, weil er<lb/> der Verschiedenheit der Nationen, welche die Gemeinde vereinigt, und in<lb/> ^ starren, stolzen Exklusivität der englischen Hochkirche ein passendes Feld für<lb/> Saat fand. Ebenso verstand sich von selbst, daß es dabei zu keinen<lb/> , )en UnWürdigkeiten und Roheiten kommen könnte, wie sie die streitig¬<lb/> en der Lateiner und der Griechen bezeichnen.</p><lb/> <p xml:id="ID_1243" next="#ID_1244"> Es war indeß immerhin schlimmer, als es hätte sein sollen. Lange Zeit<lb/> ^Mühle sich der König von Preußen vergeblich, der preußischen Kirche in<lb/> ^'usakm eine ebenbürtige Stellung mit der englischen zu erwirken. Die<lb/> tuschen Bischöfe schlugen das Verlangen, dem hier wie in England den<lb/> °nesdienst regelnden Commonprayerbook die Fürbitte für den deutschen Für-<lb/> . " einzuverleiben, rund ab. Sie wollten dem deutschen Geistlichen die Er-<lb/> ^riß, i„ ^ gemeinschaftlichen Kirche zu functioniren. nicht eher ertheilen.<lb/> ^ ^ er sich der englischen Ordination unterworfen habe, die nach dem<lb/> '"üben der Hochkirche allein den rechten heiligen Geist fortpflanzt. Sie ge-<lb/> ^"°ten zwar, daß die deutsche Sprache in der Kirche gebraucht werde, aber<lb/> e Deutschen sollten nur Nachmittags eine Predigt in ihrer Zunge hören und<lb/> ) nur der englischen Liturgie bedienen dürfen. Das gab natürlich böses<lb/> und rief wiederholten Einspruch gegen diesen Hochmuth hervor, der um</p><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0379]
Nicht weit vom Palast des armenischen Patriarchen wohnt seit Jahren
^n unter einem Feigenbaum ein englischer Sonderling Namens Jones (nach
Indern Dickson), der sich, in allen übrigen Dingen ziemlich vernünftig, für
Johannes Baptista des wiederkehrenden Christus hält. Er stößt jeden
^gen und jeden Abend in die Posaune, um die Nähe des tausendjährigen
k'ass. dessen Engeln er gelegentlich in Visionen Zwiesprache hält, der
^uigerl Stadt zu melden. Früher sah man ihn mit einem Lamme, das er
^ einem Bande führte, spazieren gehen, und da er sich auf die Malerei ver-
so porträtirte er das Thier, und zwar der Abwechslung halber bald
bald blau, bald in andern Farben. Zwei der hiesigen Geistlichen be¬
achten ihn einmal, um ihn von seiner Monomanie zu heilen. Als sie aber
^ggingen, fanden sie, daß ihre Vorstellungen ihn nur in der Ueberzeugung
seiner Mission bestärkt hatten. Der Besuch der „Schriftgelehrten" war
^ ein Zeichen gewesen, daß er der rechte Johannes sei. Was ich mit dem
^Um der Geistlichen sprach, wird dieselbe Wirkung gehabt haben. Aber viel-
M werden dem Beklagenswerthen einmal die Augen aufgethan werden und
^wird die betrübende Wahrheit erkennen, daß Mr. Dickson mir die Caricatur
^ übrigen Chiliasten ist, denen blos der Feigenbaum, die Posaune und das
"ne Lamm mangeln. Bis dahin mag er mir, der ihn in andern Beziehungen
schätzt, ein geneigtes Andenken bewahren.
^ Daß der Streitteufel, der in der Luft Jerusalems schwebt, auch unter den
,^°testanten Unheil anstiften würde, war schon deshalb zu erwarten, weil er
der Verschiedenheit der Nationen, welche die Gemeinde vereinigt, und in
^ starren, stolzen Exklusivität der englischen Hochkirche ein passendes Feld für
Saat fand. Ebenso verstand sich von selbst, daß es dabei zu keinen
, )en UnWürdigkeiten und Roheiten kommen könnte, wie sie die streitig¬
en der Lateiner und der Griechen bezeichnen.
Es war indeß immerhin schlimmer, als es hätte sein sollen. Lange Zeit
^Mühle sich der König von Preußen vergeblich, der preußischen Kirche in
^'usakm eine ebenbürtige Stellung mit der englischen zu erwirken. Die
tuschen Bischöfe schlugen das Verlangen, dem hier wie in England den
°nesdienst regelnden Commonprayerbook die Fürbitte für den deutschen Für-
. " einzuverleiben, rund ab. Sie wollten dem deutschen Geistlichen die Er-
^riß, i„ ^ gemeinschaftlichen Kirche zu functioniren. nicht eher ertheilen.
^ ^ er sich der englischen Ordination unterworfen habe, die nach dem
'"üben der Hochkirche allein den rechten heiligen Geist fortpflanzt. Sie ge-
^"°ten zwar, daß die deutsche Sprache in der Kirche gebraucht werde, aber
e Deutschen sollten nur Nachmittags eine Predigt in ihrer Zunge hören und
) nur der englischen Liturgie bedienen dürfen. Das gab natürlich böses
und rief wiederholten Einspruch gegen diesen Hochmuth hervor, der um
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