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Die Grenzboten. Jg. 18, 1859, II. Semester. III. Band.

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guardians gegenübertrat, den Mönchen zu einem wahren Pfahl im Fleisch
wurde. Der Kampf, der sich hieraus entspann und der noch jetzt mit allerlei
Ranken. Skandalen und Kniffen fortgeführt wird, ist zu belehrend, als daß
ich über seine Taktik, seine Erfolge und Niederlagen nicht einiges Ausführ¬
lichere mittheilen sollte. Es wird nicht grade in innrem vel Aloriam sein,
über man wird daraus einige nützliche Schlüsse auf das Leben der katho¬
lischen Kirche im Orient ziehen können.

Die Beweggründe, welche den Patriarchen Valcrga bei seinen Angriffen
"uf die Franciscaner leiteten, scheinen zunächst in seiner Herrschsucht, und ho-
b"um in seiner Hinneigung zu Frankreich gelegen zu haben. Vielleicht kamen
^zu noch pecuniäre Rücksichten. Sein eigentlicher Wirkungskreis ist der Liba-
"on mit seinen seit einigen Jahrzehnten unter die geistliche Gewalt des Papstes'
getretenen Maroniten. Die Klöster der Terra Santa standen bisher unter der
unmittelbaren Oberaufsicht des römischen Stuhls. Valerga suchte dieses Ver¬
hältniß dahin zu ändern, daß ihm als Bischof die Entscheidung aller wichti¬
gen Fragen in Bezug auf die lateinischen Mönche Palästinas zugehören sollte,
und es gelang ihm. in Rom seinen Wunsch wenigstens theilweise durchzusetzen,
wie es'scheint, indem Frankreich ihm Unterstützung gewährte. Dafür aber
Wird er sich zu Gegendiensten verpflichtet haben, die ihm als Piemontesen um
s° leichter fallen mußten, als er damit dem östreichischen Interesse entgegen-
^"t. Die Franciscaner waren stets auf östreichischer Seite, einmal weil sie
U'Wien den sichersten Hort des Katholicismus erblickten, dann aber weil ihnen
dort her das meiste Geld zufloß. Als sie den Patriarchen mit Frankreich
verbündet sahen, wuchs diese Stimmung zu offner Parteinahme.

In der Frage der heiligen Stätten war Oestreich mit Frankreich gemein¬
en gegen Rußland vorgegangen. Als dieselbe nicht mehr auf der Tages¬
ordnung war. entzweiten sich die beiden katholischen Mächte; es begann wenig-
stens eine Art stiller Minenkrieg, mit dem man sich den Einfluß auf die
Glaubensgenossen im Orient streitig zu machen suchte. Derselbe datirt von
^' Errichtung des östreichischen Konsulats in Jerusalem. Der Zweck dieser
Schöpfung war zwar zunächst der. daß damit für die östreichischen Unterthans,
der heiligen Stadt und für die Pilger aus den kaiserlichen Landen eine
stelle des Rechtsschutzes geschaffen werden sollte, damit aber verband sich die
Absicht, den Bestrebungen Frankreichs, das hier wie überall am Ost- und Süd-
^nde des Mittelmeeres Fuß zu fassen, sein Protectorat über die katholischen
Fristen des Morgenlandes deutlicher hervortreten zu lassen, das Protectorat
"ber die Klöster wo möglich in Eigenthum zu verwandeln suchte. Widerstand
^gegeuzuseken. Jene Bestrebungen waren bis dahin mit Erfolg gekrönt
"'"idem, Obwol die katholischen Institute im heiligen Lande für d.e ganze
^holische Welt bestimmt sind, und obwol sie keineswegs blos aus franzö-


guardians gegenübertrat, den Mönchen zu einem wahren Pfahl im Fleisch
wurde. Der Kampf, der sich hieraus entspann und der noch jetzt mit allerlei
Ranken. Skandalen und Kniffen fortgeführt wird, ist zu belehrend, als daß
ich über seine Taktik, seine Erfolge und Niederlagen nicht einiges Ausführ¬
lichere mittheilen sollte. Es wird nicht grade in innrem vel Aloriam sein,
über man wird daraus einige nützliche Schlüsse auf das Leben der katho¬
lischen Kirche im Orient ziehen können.

Die Beweggründe, welche den Patriarchen Valcrga bei seinen Angriffen
"uf die Franciscaner leiteten, scheinen zunächst in seiner Herrschsucht, und ho-
b"um in seiner Hinneigung zu Frankreich gelegen zu haben. Vielleicht kamen
^zu noch pecuniäre Rücksichten. Sein eigentlicher Wirkungskreis ist der Liba-
"on mit seinen seit einigen Jahrzehnten unter die geistliche Gewalt des Papstes'
getretenen Maroniten. Die Klöster der Terra Santa standen bisher unter der
unmittelbaren Oberaufsicht des römischen Stuhls. Valerga suchte dieses Ver¬
hältniß dahin zu ändern, daß ihm als Bischof die Entscheidung aller wichti¬
gen Fragen in Bezug auf die lateinischen Mönche Palästinas zugehören sollte,
und es gelang ihm. in Rom seinen Wunsch wenigstens theilweise durchzusetzen,
wie es'scheint, indem Frankreich ihm Unterstützung gewährte. Dafür aber
Wird er sich zu Gegendiensten verpflichtet haben, die ihm als Piemontesen um
s° leichter fallen mußten, als er damit dem östreichischen Interesse entgegen-
^"t. Die Franciscaner waren stets auf östreichischer Seite, einmal weil sie
U'Wien den sichersten Hort des Katholicismus erblickten, dann aber weil ihnen
dort her das meiste Geld zufloß. Als sie den Patriarchen mit Frankreich
verbündet sahen, wuchs diese Stimmung zu offner Parteinahme.

In der Frage der heiligen Stätten war Oestreich mit Frankreich gemein¬
en gegen Rußland vorgegangen. Als dieselbe nicht mehr auf der Tages¬
ordnung war. entzweiten sich die beiden katholischen Mächte; es begann wenig-
stens eine Art stiller Minenkrieg, mit dem man sich den Einfluß auf die
Glaubensgenossen im Orient streitig zu machen suchte. Derselbe datirt von
^' Errichtung des östreichischen Konsulats in Jerusalem. Der Zweck dieser
Schöpfung war zwar zunächst der. daß damit für die östreichischen Unterthans,
der heiligen Stadt und für die Pilger aus den kaiserlichen Landen eine
stelle des Rechtsschutzes geschaffen werden sollte, damit aber verband sich die
Absicht, den Bestrebungen Frankreichs, das hier wie überall am Ost- und Süd-
^nde des Mittelmeeres Fuß zu fassen, sein Protectorat über die katholischen
Fristen des Morgenlandes deutlicher hervortreten zu lassen, das Protectorat
"ber die Klöster wo möglich in Eigenthum zu verwandeln suchte. Widerstand
^gegeuzuseken. Jene Bestrebungen waren bis dahin mit Erfolg gekrönt
"'"idem, Obwol die katholischen Institute im heiligen Lande für d.e ganze
^holische Welt bestimmt sind, und obwol sie keineswegs blos aus franzö-


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[0355] guardians gegenübertrat, den Mönchen zu einem wahren Pfahl im Fleisch wurde. Der Kampf, der sich hieraus entspann und der noch jetzt mit allerlei Ranken. Skandalen und Kniffen fortgeführt wird, ist zu belehrend, als daß ich über seine Taktik, seine Erfolge und Niederlagen nicht einiges Ausführ¬ lichere mittheilen sollte. Es wird nicht grade in innrem vel Aloriam sein, über man wird daraus einige nützliche Schlüsse auf das Leben der katho¬ lischen Kirche im Orient ziehen können. Die Beweggründe, welche den Patriarchen Valcrga bei seinen Angriffen "uf die Franciscaner leiteten, scheinen zunächst in seiner Herrschsucht, und ho- b"um in seiner Hinneigung zu Frankreich gelegen zu haben. Vielleicht kamen ^zu noch pecuniäre Rücksichten. Sein eigentlicher Wirkungskreis ist der Liba- "on mit seinen seit einigen Jahrzehnten unter die geistliche Gewalt des Papstes' getretenen Maroniten. Die Klöster der Terra Santa standen bisher unter der unmittelbaren Oberaufsicht des römischen Stuhls. Valerga suchte dieses Ver¬ hältniß dahin zu ändern, daß ihm als Bischof die Entscheidung aller wichti¬ gen Fragen in Bezug auf die lateinischen Mönche Palästinas zugehören sollte, und es gelang ihm. in Rom seinen Wunsch wenigstens theilweise durchzusetzen, wie es'scheint, indem Frankreich ihm Unterstützung gewährte. Dafür aber Wird er sich zu Gegendiensten verpflichtet haben, die ihm als Piemontesen um s° leichter fallen mußten, als er damit dem östreichischen Interesse entgegen- ^"t. Die Franciscaner waren stets auf östreichischer Seite, einmal weil sie U'Wien den sichersten Hort des Katholicismus erblickten, dann aber weil ihnen dort her das meiste Geld zufloß. Als sie den Patriarchen mit Frankreich verbündet sahen, wuchs diese Stimmung zu offner Parteinahme. In der Frage der heiligen Stätten war Oestreich mit Frankreich gemein¬ en gegen Rußland vorgegangen. Als dieselbe nicht mehr auf der Tages¬ ordnung war. entzweiten sich die beiden katholischen Mächte; es begann wenig- stens eine Art stiller Minenkrieg, mit dem man sich den Einfluß auf die Glaubensgenossen im Orient streitig zu machen suchte. Derselbe datirt von ^' Errichtung des östreichischen Konsulats in Jerusalem. Der Zweck dieser Schöpfung war zwar zunächst der. daß damit für die östreichischen Unterthans, der heiligen Stadt und für die Pilger aus den kaiserlichen Landen eine stelle des Rechtsschutzes geschaffen werden sollte, damit aber verband sich die Absicht, den Bestrebungen Frankreichs, das hier wie überall am Ost- und Süd- ^nde des Mittelmeeres Fuß zu fassen, sein Protectorat über die katholischen Fristen des Morgenlandes deutlicher hervortreten zu lassen, das Protectorat "ber die Klöster wo möglich in Eigenthum zu verwandeln suchte. Widerstand ^gegeuzuseken. Jene Bestrebungen waren bis dahin mit Erfolg gekrönt "'"idem, Obwol die katholischen Institute im heiligen Lande für d.e ganze ^holische Welt bestimmt sind, und obwol sie keineswegs blos aus franzö-

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 18, 1859, II. Semester. III. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341590_107585/355>, abgerufen am 23.07.2024.