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Die Grenzboten. Jg. 18, 1859, II. Semester. III. Band.

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"", Vcsserwerdcn der alljährlichen Pilgerzuwanderung, von der er großenteils
^de. Der preußische Consul hatte die Güte, mich zu einem Besuch bei dem
guten alten Herrn mitzunehmen, den ich als charakteristisch für die Art uno
^>Je dieser orientalischen Christen mittheilen will.

Den Kawaschen mit seinem Tambourmajorstab voran, wanderten wir,
Consul, sein Dragoman. Maler Haal und ich, hinauf durch die Gassen
der Ostseite des Zion nach dem Kloster, in welchem der Bischof wohnt.
Dasselbe ist wie die gewöhnlichen Häuser Jerusalems gebaut und mit einer
deinen Kirche verbunden. Eine Reise, die der Bischof vor einiger Zeit zu
d^>> Thomaschristen aus Malabar unternahm und bei welcher er mehre Jahre
wegblieb, hat ihm so viel eingebracht, daß er die Ertragsfähigkeit der mit
dem Kloster verbundenen Pilgerherberge durch verschiedene Neubauten zu er¬
höhen vermochte. Intriguen des Baschchatib. darauf berechnet, ihm das in
Indien gesammelte Geld zu verkümmern, wußte Consul Nosen zu durchkreuzen.
Daher die Bekanntschaft. Wir trafen den Bischof in einem kleinen, halb-
dunkeln Gemach, welches nur durch die Thür und ein winziges Fensterchen in
^' dicken Wand Licht erhielt. Ein anderes Fenster ließ in die Kirche hinab-
!chauen. Das ganze Hausgeräth im Zimmerchen bestand in einer Kiste, eini¬
gen Decken und Teppichen, einer kleinen Lampe, drei in der Ecke lehrenden
Tschibbuks und drei einfachen europäischen Strohstühlen. In einem Winkel
"gen etliche brauneingebundene, sehr abgerissene Folianten und Quartbände,
^on einem Vorhang, einem Diva" u. s. w. war nicht die Rede. Der Bi-
^of, ein schöner kräftiger Greis mit einem ungewöhnlich großen Gesicht,
Mächtige,, orientalischen Augen und einem langen grauen Bart, saß in der
^naht des Landes, einem braunen Pelz, Jacke und Pumphosen von gleicher
6arde, einer bunten Leibbinde und einem schwarzen Turban mit untergeschla¬
genen Beinen auf einem Haufen von Teppichen. Nachdem wir ihm in der
^bräuchlichen Weise die Hand geküßt, was er mit dem gewöhnlichen morgen-
^udischen Gruß, durch Berührung von Brust, Mund und Stirn erwiederte,
Linkte er uns niederzusitzen, und ein in einfache blaue Baumwolle gekleideter Dia-
°n brachte uns erst die Besuchspfeifen, dann auf einem schon sehr gebrauchten
^beehret einige Gläser Aquavit und einen Teller mit süßem Gek6, zuletzt
üffee. Der Diakon ging barfuß. Für den Dragoman war kein Stuhl und
ewe Pfeife vorhanden. Alles trug den Charakter anständiger Aermlichkeit.

Nachdem wir ein Weilchen still gesessen, begann der Bischof das Gespräch
^ türkischer Sprache, die er im weitern Verlauf mit der arabischen vertauschte.
^' Consul stellte uns vor und hatte die Güte, uns den Inhalt der Unter-
^Itung zu übersetzen. Der alte Herr im Turban hatte sehr intelligente Züge.
^ der That, ein Maler, der eines morgenländischen Weisen bedarf, hätte un¬
deutlich sein Gesicht abkonterfeien können. Die Gegenstände aber/ die er


»», Vcsserwerdcn der alljährlichen Pilgerzuwanderung, von der er großenteils
^de. Der preußische Consul hatte die Güte, mich zu einem Besuch bei dem
guten alten Herrn mitzunehmen, den ich als charakteristisch für die Art uno
^>Je dieser orientalischen Christen mittheilen will.

Den Kawaschen mit seinem Tambourmajorstab voran, wanderten wir,
Consul, sein Dragoman. Maler Haal und ich, hinauf durch die Gassen
der Ostseite des Zion nach dem Kloster, in welchem der Bischof wohnt.
Dasselbe ist wie die gewöhnlichen Häuser Jerusalems gebaut und mit einer
deinen Kirche verbunden. Eine Reise, die der Bischof vor einiger Zeit zu
d^>> Thomaschristen aus Malabar unternahm und bei welcher er mehre Jahre
wegblieb, hat ihm so viel eingebracht, daß er die Ertragsfähigkeit der mit
dem Kloster verbundenen Pilgerherberge durch verschiedene Neubauten zu er¬
höhen vermochte. Intriguen des Baschchatib. darauf berechnet, ihm das in
Indien gesammelte Geld zu verkümmern, wußte Consul Nosen zu durchkreuzen.
Daher die Bekanntschaft. Wir trafen den Bischof in einem kleinen, halb-
dunkeln Gemach, welches nur durch die Thür und ein winziges Fensterchen in
^' dicken Wand Licht erhielt. Ein anderes Fenster ließ in die Kirche hinab-
!chauen. Das ganze Hausgeräth im Zimmerchen bestand in einer Kiste, eini¬
gen Decken und Teppichen, einer kleinen Lampe, drei in der Ecke lehrenden
Tschibbuks und drei einfachen europäischen Strohstühlen. In einem Winkel
"gen etliche brauneingebundene, sehr abgerissene Folianten und Quartbände,
^on einem Vorhang, einem Diva» u. s. w. war nicht die Rede. Der Bi-
^of, ein schöner kräftiger Greis mit einem ungewöhnlich großen Gesicht,
Mächtige,, orientalischen Augen und einem langen grauen Bart, saß in der
^naht des Landes, einem braunen Pelz, Jacke und Pumphosen von gleicher
6arde, einer bunten Leibbinde und einem schwarzen Turban mit untergeschla¬
genen Beinen auf einem Haufen von Teppichen. Nachdem wir ihm in der
^bräuchlichen Weise die Hand geküßt, was er mit dem gewöhnlichen morgen-
^udischen Gruß, durch Berührung von Brust, Mund und Stirn erwiederte,
Linkte er uns niederzusitzen, und ein in einfache blaue Baumwolle gekleideter Dia-
°n brachte uns erst die Besuchspfeifen, dann auf einem schon sehr gebrauchten
^beehret einige Gläser Aquavit und einen Teller mit süßem Gek6, zuletzt
üffee. Der Diakon ging barfuß. Für den Dragoman war kein Stuhl und
ewe Pfeife vorhanden. Alles trug den Charakter anständiger Aermlichkeit.

Nachdem wir ein Weilchen still gesessen, begann der Bischof das Gespräch
^ türkischer Sprache, die er im weitern Verlauf mit der arabischen vertauschte.
^' Consul stellte uns vor und hatte die Güte, uns den Inhalt der Unter-
^Itung zu übersetzen. Der alte Herr im Turban hatte sehr intelligente Züge.
^ der That, ein Maler, der eines morgenländischen Weisen bedarf, hätte un¬
deutlich sein Gesicht abkonterfeien können. Die Gegenstände aber/ die er


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[0349] »», Vcsserwerdcn der alljährlichen Pilgerzuwanderung, von der er großenteils ^de. Der preußische Consul hatte die Güte, mich zu einem Besuch bei dem guten alten Herrn mitzunehmen, den ich als charakteristisch für die Art uno ^>Je dieser orientalischen Christen mittheilen will. Den Kawaschen mit seinem Tambourmajorstab voran, wanderten wir, Consul, sein Dragoman. Maler Haal und ich, hinauf durch die Gassen der Ostseite des Zion nach dem Kloster, in welchem der Bischof wohnt. Dasselbe ist wie die gewöhnlichen Häuser Jerusalems gebaut und mit einer deinen Kirche verbunden. Eine Reise, die der Bischof vor einiger Zeit zu d^>> Thomaschristen aus Malabar unternahm und bei welcher er mehre Jahre wegblieb, hat ihm so viel eingebracht, daß er die Ertragsfähigkeit der mit dem Kloster verbundenen Pilgerherberge durch verschiedene Neubauten zu er¬ höhen vermochte. Intriguen des Baschchatib. darauf berechnet, ihm das in Indien gesammelte Geld zu verkümmern, wußte Consul Nosen zu durchkreuzen. Daher die Bekanntschaft. Wir trafen den Bischof in einem kleinen, halb- dunkeln Gemach, welches nur durch die Thür und ein winziges Fensterchen in ^' dicken Wand Licht erhielt. Ein anderes Fenster ließ in die Kirche hinab- !chauen. Das ganze Hausgeräth im Zimmerchen bestand in einer Kiste, eini¬ gen Decken und Teppichen, einer kleinen Lampe, drei in der Ecke lehrenden Tschibbuks und drei einfachen europäischen Strohstühlen. In einem Winkel "gen etliche brauneingebundene, sehr abgerissene Folianten und Quartbände, ^on einem Vorhang, einem Diva» u. s. w. war nicht die Rede. Der Bi- ^of, ein schöner kräftiger Greis mit einem ungewöhnlich großen Gesicht, Mächtige,, orientalischen Augen und einem langen grauen Bart, saß in der ^naht des Landes, einem braunen Pelz, Jacke und Pumphosen von gleicher 6arde, einer bunten Leibbinde und einem schwarzen Turban mit untergeschla¬ genen Beinen auf einem Haufen von Teppichen. Nachdem wir ihm in der ^bräuchlichen Weise die Hand geküßt, was er mit dem gewöhnlichen morgen- ^udischen Gruß, durch Berührung von Brust, Mund und Stirn erwiederte, Linkte er uns niederzusitzen, und ein in einfache blaue Baumwolle gekleideter Dia- °n brachte uns erst die Besuchspfeifen, dann auf einem schon sehr gebrauchten ^beehret einige Gläser Aquavit und einen Teller mit süßem Gek6, zuletzt üffee. Der Diakon ging barfuß. Für den Dragoman war kein Stuhl und ewe Pfeife vorhanden. Alles trug den Charakter anständiger Aermlichkeit. Nachdem wir ein Weilchen still gesessen, begann der Bischof das Gespräch ^ türkischer Sprache, die er im weitern Verlauf mit der arabischen vertauschte. ^' Consul stellte uns vor und hatte die Güte, uns den Inhalt der Unter- ^Itung zu übersetzen. Der alte Herr im Turban hatte sehr intelligente Züge. ^ der That, ein Maler, der eines morgenländischen Weisen bedarf, hätte un¬ deutlich sein Gesicht abkonterfeien können. Die Gegenstände aber/ die er

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 18, 1859, II. Semester. III. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341590_107585/349>, abgerufen am 23.07.2024.