Die Grenzboten. Jg. 18, 1859, II. Semester. III. Band.sind für die Beamten nur eine Heerde, die man schiert und meill, wo sich Bei Civüsachcn ist es ebenso. Niemand, der plötzlich Besitz von Ver¬ Ebenso verfährt die Behörde in andern Beziehungen, und namentlich Doch greifen hier gelegentlich die Konsuln ein. Als Herr v. Pizzamano ^Grenzboten III. 18S9.
sind für die Beamten nur eine Heerde, die man schiert und meill, wo sich Bei Civüsachcn ist es ebenso. Niemand, der plötzlich Besitz von Ver¬ Ebenso verfährt die Behörde in andern Beziehungen, und namentlich Doch greifen hier gelegentlich die Konsuln ein. Als Herr v. Pizzamano ^Grenzboten III. 18S9.
<TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0343" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/107929"/> <p xml:id="ID_1125" prev="#ID_1124"> sind für die Beamten nur eine Heerde, die man schiert und meill, wo sich<lb/> Gelegenheit findet. Bei Criminaluntersuchungen stockt man möglichst viele<lb/> verdächtige ein, nicht sowol, um dem Verbrechen auf die Spur zu kommen,<lb/> "is um viel Geld für Loslassung einzutassiren. Der reiche Verbrecher hat stets<lb/> Straflosigkeit im Beutel.</p><lb/> <p xml:id="ID_1126"> Bei Civüsachcn ist es ebenso. Niemand, der plötzlich Besitz von Ver¬<lb/> mögen verräth, ist sicher, daß die Beamten ihm nicht eine Falle stellen, die<lb/> ihnen einen Antheil am Glückswechsel des Betreffenden verschafft. Wünscht<lb/> ö> B. jemand zu bauen, so hat er allerdings innerhalb seines Grundes und<lb/> Bodens das Recht dazu, nur muß er sich natürlich in Acht nehmen, nicht ein<lb/> ^echt des Nachbars damit zu verletzen. Aus dieser billigen Beschränkung gehen<lb/> "un die ärgsten Hudeleien der Baulustigen hervor. Sobald die ersten Steine herbei¬<lb/> schafft sind, melden sich die Blutsauger. Der Baschchatib (Schreiber des<lb/> ^ti. Stadtsecretär) hetzt einen Anwohner aus. gegen den Bau Einspruch<lb/> W thun, da er ihm den Luftzug verderbe, ihm ein Gewölbe beschwere oder<lb/> Wstwie seinen Besitz beeinträchtige. Kaum ist die Klage bei demselben Basch-<lb/> chcstib angebracht, so wird sofort, gleichviel ob sie begründet ist. der Ban ge¬<lb/> hindert, die Bauleute ins Gefängniß geschleppt, das Material mit Beschlag<lb/> ^legt. Vergebens rcmonstrirt der Bauherr, umsonst bittet er, die Sache<lb/> versuchen zu lassen. Man hat keine Zeit dazu, und so bleibt dem Armen<lb/> "indes übrig, als den Beamten bei Seite zu nehmen und sich mit ihm über<lb/> °'ne Summe abzufinden, für die der Weiterbau gestattet wird. Dann geht<lb/> ""es hof>-t an, und von dem Recht des Nachbars, den der Baschchatib mit<lb/> ^nein Theil seines Raubes belohnt, ist weiter keine Rede.</p><lb/> <p xml:id="ID_1127"> Ebenso verfährt die Behörde in andern Beziehungen, und namentlich<lb/> ^lieu die Steuereinnehmer außer der gesetzlichen Gebühr noch Geschenke ein¬<lb/> fordern. Auch die Accise an den Thoren wird zu Erpressungen benutzt.</p><lb/> <p xml:id="ID_1128" next="#ID_1129"> Doch greifen hier gelegentlich die Konsuln ein. Als Herr v. Pizzamano<lb/> ^ wrze Zeit hier war, verweigerte der Mauthbeamte am Jaffathor, ver¬<lb/> muthlich im Glauben, der Consul kenne die Verhältnisse noch nicht, mit Trau-<lb/> ^u für östreichische Unterthanen beladene Kameele einzulassen, bevor der gesetz-<lb/> ^e Zoll erlegt sei. Der Consul ließ ihm sagen, aus den Trauben solle Wein<lb/> ^den Hausbedarf gepreßt werden, und für solche sei freie Einfuhr ausbedungen.<lb/> ^ Zöllner wollte davon nichts wissen, und v. Pizzamano wendete sich nun<lb/> die Behörde, indem er sich auf die Verträge berief. Man erwiderte sehr<lb/> ^"es, daß man davon keine Kenntniß besitze, indeß wolle man deshalb nach<lb/> ^rut an die Obcrbehörde schreiben. Der Consul entgegnete. daß dies<lb/> "Abts helfen werde, daß die Trauben inzwischen verderben müßten. Umsonst,<lb/> ^e Antwort blieb dieselbe: man könne nicht wider den Zollbeamten Da<lb/> ^ot der Consul seinem Kawaschen. sich an die Spitze der Kameelezu stellen.</p><lb/> <fw type="sig" place="bottom"> ^Grenzboten III. 18S9.</fw><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0343]
sind für die Beamten nur eine Heerde, die man schiert und meill, wo sich
Gelegenheit findet. Bei Criminaluntersuchungen stockt man möglichst viele
verdächtige ein, nicht sowol, um dem Verbrechen auf die Spur zu kommen,
"is um viel Geld für Loslassung einzutassiren. Der reiche Verbrecher hat stets
Straflosigkeit im Beutel.
Bei Civüsachcn ist es ebenso. Niemand, der plötzlich Besitz von Ver¬
mögen verräth, ist sicher, daß die Beamten ihm nicht eine Falle stellen, die
ihnen einen Antheil am Glückswechsel des Betreffenden verschafft. Wünscht
ö> B. jemand zu bauen, so hat er allerdings innerhalb seines Grundes und
Bodens das Recht dazu, nur muß er sich natürlich in Acht nehmen, nicht ein
^echt des Nachbars damit zu verletzen. Aus dieser billigen Beschränkung gehen
"un die ärgsten Hudeleien der Baulustigen hervor. Sobald die ersten Steine herbei¬
schafft sind, melden sich die Blutsauger. Der Baschchatib (Schreiber des
^ti. Stadtsecretär) hetzt einen Anwohner aus. gegen den Bau Einspruch
W thun, da er ihm den Luftzug verderbe, ihm ein Gewölbe beschwere oder
Wstwie seinen Besitz beeinträchtige. Kaum ist die Klage bei demselben Basch-
chcstib angebracht, so wird sofort, gleichviel ob sie begründet ist. der Ban ge¬
hindert, die Bauleute ins Gefängniß geschleppt, das Material mit Beschlag
^legt. Vergebens rcmonstrirt der Bauherr, umsonst bittet er, die Sache
versuchen zu lassen. Man hat keine Zeit dazu, und so bleibt dem Armen
"indes übrig, als den Beamten bei Seite zu nehmen und sich mit ihm über
°'ne Summe abzufinden, für die der Weiterbau gestattet wird. Dann geht
""es hof>-t an, und von dem Recht des Nachbars, den der Baschchatib mit
^nein Theil seines Raubes belohnt, ist weiter keine Rede.
Ebenso verfährt die Behörde in andern Beziehungen, und namentlich
^lieu die Steuereinnehmer außer der gesetzlichen Gebühr noch Geschenke ein¬
fordern. Auch die Accise an den Thoren wird zu Erpressungen benutzt.
Doch greifen hier gelegentlich die Konsuln ein. Als Herr v. Pizzamano
^ wrze Zeit hier war, verweigerte der Mauthbeamte am Jaffathor, ver¬
muthlich im Glauben, der Consul kenne die Verhältnisse noch nicht, mit Trau-
^u für östreichische Unterthanen beladene Kameele einzulassen, bevor der gesetz-
^e Zoll erlegt sei. Der Consul ließ ihm sagen, aus den Trauben solle Wein
^den Hausbedarf gepreßt werden, und für solche sei freie Einfuhr ausbedungen.
^ Zöllner wollte davon nichts wissen, und v. Pizzamano wendete sich nun
die Behörde, indem er sich auf die Verträge berief. Man erwiderte sehr
^"es, daß man davon keine Kenntniß besitze, indeß wolle man deshalb nach
^rut an die Obcrbehörde schreiben. Der Consul entgegnete. daß dies
"Abts helfen werde, daß die Trauben inzwischen verderben müßten. Umsonst,
^e Antwort blieb dieselbe: man könne nicht wider den Zollbeamten Da
^ot der Consul seinem Kawaschen. sich an die Spitze der Kameelezu stellen.
^Grenzboten III. 18S9.
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