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Die Grenzboten. Jg. 18, 1859, II. Semester. III. Band.

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Wesen des Prinzen beurtheilt hat. und dem Schreiber dieser Zeilen jenes
Urtheil in der Sache unrichtig, in der Form nicht wünschenswert!) erscheint,
so sei die Discretion noch einmal bei Seite gehest, und wenigstens Einiges
von dem Fürsten in Erinnerung gebracht, der jetzt die frohe Hoffnung PrcU'
ßens und Deutschlands ist. Das Mitzutheilende ist ohnedies kein Geheimniß.

Es war in den Märztagen 1848. Die Rathgeber des Königs hatten
das preußische Heer in eine schiefe Stellung zum Volke gebracht. Der Prinz
von Preußen hatte davor gewarnt, die Armee zum Polizeidienst gegen das Volk
zu verwenden, und hatte der verhängnißvollen Maßregel kräftig widersprochen.
Und doch wurde das Gerücht verbreitet, auf seinen Antrieb sei der Kampf
entbrannt. Ergebene Freunde des Prinzen eilten zum Minister des Hauses,
G. Stollberg. Da sprach der Nachfolger des Fürsten Wittgenstein: "Es ist
besser, der Prinz tragt den Haß." Dem Prinzen wurde der Befehl, sofort
nach Petersburg abzureisen. Er weigerte der Reise zum Kaiser Nikolaus
den Gehorsam, und ging nach England. Ruhig, pflichtgetreu brachte er sich
selbst zum Opfer, aber nicht die Würde des Königthums und nicht die Zukunft
Preußens. In England knüpfte er die Fäden zu dem herzlichen Bündnis',
welches jetzt die großen protestantischen Fürstenhäuser vereinigt, und machte
durch die Reise selbst eine Demonstration, wo die Bundesgenossensch"si
für das neue Preußen, das damals in Wehen lebendig wurde, zu suchen
sein solle.

Es war im Jahr 1850. Die Kriegsdrohung Rußlands und Oestreichs
drängte gegen die Unionspläne des Hrn. v. Radowitz. In dem besorgten
Cabinetsrath forderte der Prinz Festigkeit. Rüstung. Krieg. Heftig war der
Streit der Parteien. Einer der hohen Offiziere erklärte dem Prinzen: das
preußische Heer werde sich nicht gegen Nußland schlagen. Da warf ihm, s"
erzählt man. der Prinz in männlichem Zorn den Fluch entgegen, der zur Zeit
seines großen Ahnen Friedrich den Offizier traf, der säumig im Schlagen
war. und verließ, da alles vergeblich, in tiefster Empörung den Rath.

Der Tag von Olmütz kam. Wie der Prinz damals mit seinem Schmerz
gerungen, das flößte seiner Umgebung ernste Besorgnisse ein. Es ist bekannt,
daß er den Minister, der jene Politik vertrat, vier Jahre von seinem Ange¬
sicht entfernt hielt, bis zum Beginn der orientalischen Verwicklung. In
zurückgezogen, nur mit seiner Pflicht beschäftigt, in brüderlicher'Pietät uM
seinen Herrn und König besorgt, so lebte er in der schwierigsten Stellung
nach jeder Seite untadelig, fern vom Hofe, geschieden von einem Spöte'"'
das er verurtheilte. gegen das zu kämpfen selbst ihm nur in einzelnen Fäl-en
möglich war. Es ist bekannt, wie frech Einzelne der herrschenden Partei gegen
seine Person zu intriguiren wagten, es gab Zeiten, wo seine Verehrer Be¬
sorgnisse hegten, die jetzt auszusprechen unnütz ist.


Wesen des Prinzen beurtheilt hat. und dem Schreiber dieser Zeilen jenes
Urtheil in der Sache unrichtig, in der Form nicht wünschenswert!) erscheint,
so sei die Discretion noch einmal bei Seite gehest, und wenigstens Einiges
von dem Fürsten in Erinnerung gebracht, der jetzt die frohe Hoffnung PrcU'
ßens und Deutschlands ist. Das Mitzutheilende ist ohnedies kein Geheimniß.

Es war in den Märztagen 1848. Die Rathgeber des Königs hatten
das preußische Heer in eine schiefe Stellung zum Volke gebracht. Der Prinz
von Preußen hatte davor gewarnt, die Armee zum Polizeidienst gegen das Volk
zu verwenden, und hatte der verhängnißvollen Maßregel kräftig widersprochen.
Und doch wurde das Gerücht verbreitet, auf seinen Antrieb sei der Kampf
entbrannt. Ergebene Freunde des Prinzen eilten zum Minister des Hauses,
G. Stollberg. Da sprach der Nachfolger des Fürsten Wittgenstein: „Es ist
besser, der Prinz tragt den Haß." Dem Prinzen wurde der Befehl, sofort
nach Petersburg abzureisen. Er weigerte der Reise zum Kaiser Nikolaus
den Gehorsam, und ging nach England. Ruhig, pflichtgetreu brachte er sich
selbst zum Opfer, aber nicht die Würde des Königthums und nicht die Zukunft
Preußens. In England knüpfte er die Fäden zu dem herzlichen Bündnis',
welches jetzt die großen protestantischen Fürstenhäuser vereinigt, und machte
durch die Reise selbst eine Demonstration, wo die Bundesgenossensch"si
für das neue Preußen, das damals in Wehen lebendig wurde, zu suchen
sein solle.

Es war im Jahr 1850. Die Kriegsdrohung Rußlands und Oestreichs
drängte gegen die Unionspläne des Hrn. v. Radowitz. In dem besorgten
Cabinetsrath forderte der Prinz Festigkeit. Rüstung. Krieg. Heftig war der
Streit der Parteien. Einer der hohen Offiziere erklärte dem Prinzen: das
preußische Heer werde sich nicht gegen Nußland schlagen. Da warf ihm, s"
erzählt man. der Prinz in männlichem Zorn den Fluch entgegen, der zur Zeit
seines großen Ahnen Friedrich den Offizier traf, der säumig im Schlagen
war. und verließ, da alles vergeblich, in tiefster Empörung den Rath.

Der Tag von Olmütz kam. Wie der Prinz damals mit seinem Schmerz
gerungen, das flößte seiner Umgebung ernste Besorgnisse ein. Es ist bekannt,
daß er den Minister, der jene Politik vertrat, vier Jahre von seinem Ange¬
sicht entfernt hielt, bis zum Beginn der orientalischen Verwicklung. In
zurückgezogen, nur mit seiner Pflicht beschäftigt, in brüderlicher'Pietät uM
seinen Herrn und König besorgt, so lebte er in der schwierigsten Stellung
nach jeder Seite untadelig, fern vom Hofe, geschieden von einem Spöte'"'
das er verurtheilte. gegen das zu kämpfen selbst ihm nur in einzelnen Fäl-en
möglich war. Es ist bekannt, wie frech Einzelne der herrschenden Partei gegen
seine Person zu intriguiren wagten, es gab Zeiten, wo seine Verehrer Be¬
sorgnisse hegten, die jetzt auszusprechen unnütz ist.


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 18, 1859, II. Semester. III. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341590_107585/328>, abgerufen am 22.07.2024.