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Die Grenzboten. Jg. 18, 1859, II. Semester. III. Band.

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rend andere noch mit den weißen Blüten bedeckt waren. Der Duft, den die
Intern ausströmten, war an manchen Stellen förmlich betäubend.

Das Haus, dem unser Besuch bestimmt war. liegt links von der
Straße nach Jerusalem, am äußersten Ende der Gärten, die wir somit ihrer
Tanzen Breite nach durchschritten. Als wir nach ihm abbogen, kamen uns
die Kawaschen des Consuwagenten. zwei riesenhafte Mulatten in feuerfarbe-
"er. mit Tressen benähter Türkentracht mit ihren Silbcrstüben gravitätisch ent-
Segenmarschirt. um uns, nachdem wir abgestiegen, in den Hos zu geleiten.
Hier empfing uns der Hausherr und auf der Freitreppe zur Terrasse, an die
die Wohnzimmer schließen, die Hausfrau. Sie sprachen beide nur arabisch,
s° daß der Armenier das Gespräch vermitteln mußte. Ich figurirte bei der
Erstellung als einfacher "Chowadschi nemsaui". als deutscher Herr. Unser
Wirth war mit Ausnahme des Fez in europäischer Kleidung. Seine ^ran
^gegen trug den Anzug der hiesigen arabischen Damen: einen dunkelgrünen.
°n den Säumen und Aermelaufschlägen mit Goldfäden gestickten Seidenspencer,
d"' vorn offen war. so daß er die "Rehzwillinge, so unter den Rosen weiden",
vollständig sehn ließ, einen lichtgrünen buntblumigen Rock, ein blaues mit Kreuz¬
en und Blumen von Perlen und Edelsteinen besetztes Sammtmützchen. einen
Halsschmuck von mehren Reihen kleiner Perlen, an denen eine silberne Sonne
"ud an dieser wieder ein silbernes von Diamanten blitzendes Kreuz herabhing,
""d Armbänder von goldnen Ketten, die ein blaues Schloß zusammenhielt,
^hr schwarzes Haar, über den Rücken herabfallend, war mit mehr als hundert
""lmgroßen Goldmünzen durchflochten. An den Füßen trug sie Stelzenschuhe
der Form unsrer Fuhbänkchen, die sie nicht ungeschickt handhabte, welche
'dre Gestalt aber zu schlank erscheinen ließen. Sie war augenscheinlich sehr
schön gewesen und noch jetzt eine angenehme Frau, obwol sie durch ihren äl¬
testen Sohn, der uns sammt seiner Frau später vorgestellt wurde, bereits Gro߬
mutter war. Man führte uns nach- einem Staatszimmer mit halb fränkischer,
bald orientalischer Einrichtung. Die Decke endigte in eine Kuppel, in den ein-
^weiß getünchten Wänden öffneten sich Nischen, die als Wandschränke dien¬
en, die Fenster hatten Glasscheiben, neben dem Divan. der zwei Seiten des
Gemachs einnahm, standen europäische Strohsessel und zwei amerikanische
Schaukelstühle. Die Mitte nahm ein runder Tisch mit einer Marmorplatte
dem Divan gegenüber befand sich ein großer Wandspiegel, über dem in
schwarzen Rahmen zwei grüne Löwen hingen, deren Umrisse von arabischen
^chnftzügen in Goldfarbe gebildet wurden. Der Grund dieser seltsamen
Schriftbilder war rosa. Was sie bedeuteten, wußte man mir nicht genügend
erklären, doch vermuthe ich. daß sie ein christliches Seitenstück zu den mo¬
hammedanischen Maschallahs waren.

Bald nachdem wir Platz genommen, stellten sich andere Glieder der Fa-


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rend andere noch mit den weißen Blüten bedeckt waren. Der Duft, den die
Intern ausströmten, war an manchen Stellen förmlich betäubend.

Das Haus, dem unser Besuch bestimmt war. liegt links von der
Straße nach Jerusalem, am äußersten Ende der Gärten, die wir somit ihrer
Tanzen Breite nach durchschritten. Als wir nach ihm abbogen, kamen uns
die Kawaschen des Consuwagenten. zwei riesenhafte Mulatten in feuerfarbe-
"er. mit Tressen benähter Türkentracht mit ihren Silbcrstüben gravitätisch ent-
Segenmarschirt. um uns, nachdem wir abgestiegen, in den Hos zu geleiten.
Hier empfing uns der Hausherr und auf der Freitreppe zur Terrasse, an die
die Wohnzimmer schließen, die Hausfrau. Sie sprachen beide nur arabisch,
s° daß der Armenier das Gespräch vermitteln mußte. Ich figurirte bei der
Erstellung als einfacher „Chowadschi nemsaui". als deutscher Herr. Unser
Wirth war mit Ausnahme des Fez in europäischer Kleidung. Seine ^ran
^gegen trug den Anzug der hiesigen arabischen Damen: einen dunkelgrünen.
°n den Säumen und Aermelaufschlägen mit Goldfäden gestickten Seidenspencer,
d"' vorn offen war. so daß er die „Rehzwillinge, so unter den Rosen weiden",
vollständig sehn ließ, einen lichtgrünen buntblumigen Rock, ein blaues mit Kreuz¬
en und Blumen von Perlen und Edelsteinen besetztes Sammtmützchen. einen
Halsschmuck von mehren Reihen kleiner Perlen, an denen eine silberne Sonne
"ud an dieser wieder ein silbernes von Diamanten blitzendes Kreuz herabhing,
""d Armbänder von goldnen Ketten, die ein blaues Schloß zusammenhielt,
^hr schwarzes Haar, über den Rücken herabfallend, war mit mehr als hundert
""lmgroßen Goldmünzen durchflochten. An den Füßen trug sie Stelzenschuhe
der Form unsrer Fuhbänkchen, die sie nicht ungeschickt handhabte, welche
'dre Gestalt aber zu schlank erscheinen ließen. Sie war augenscheinlich sehr
schön gewesen und noch jetzt eine angenehme Frau, obwol sie durch ihren äl¬
testen Sohn, der uns sammt seiner Frau später vorgestellt wurde, bereits Gro߬
mutter war. Man führte uns nach- einem Staatszimmer mit halb fränkischer,
bald orientalischer Einrichtung. Die Decke endigte in eine Kuppel, in den ein-
^weiß getünchten Wänden öffneten sich Nischen, die als Wandschränke dien¬
en, die Fenster hatten Glasscheiben, neben dem Divan. der zwei Seiten des
Gemachs einnahm, standen europäische Strohsessel und zwei amerikanische
Schaukelstühle. Die Mitte nahm ein runder Tisch mit einer Marmorplatte
dem Divan gegenüber befand sich ein großer Wandspiegel, über dem in
schwarzen Rahmen zwei grüne Löwen hingen, deren Umrisse von arabischen
^chnftzügen in Goldfarbe gebildet wurden. Der Grund dieser seltsamen
Schriftbilder war rosa. Was sie bedeuteten, wußte man mir nicht genügend
erklären, doch vermuthe ich. daß sie ein christliches Seitenstück zu den mo¬
hammedanischen Maschallahs waren.

Bald nachdem wir Platz genommen, stellten sich andere Glieder der Fa-


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[0265] rend andere noch mit den weißen Blüten bedeckt waren. Der Duft, den die Intern ausströmten, war an manchen Stellen förmlich betäubend. Das Haus, dem unser Besuch bestimmt war. liegt links von der Straße nach Jerusalem, am äußersten Ende der Gärten, die wir somit ihrer Tanzen Breite nach durchschritten. Als wir nach ihm abbogen, kamen uns die Kawaschen des Consuwagenten. zwei riesenhafte Mulatten in feuerfarbe- "er. mit Tressen benähter Türkentracht mit ihren Silbcrstüben gravitätisch ent- Segenmarschirt. um uns, nachdem wir abgestiegen, in den Hos zu geleiten. Hier empfing uns der Hausherr und auf der Freitreppe zur Terrasse, an die die Wohnzimmer schließen, die Hausfrau. Sie sprachen beide nur arabisch, s° daß der Armenier das Gespräch vermitteln mußte. Ich figurirte bei der Erstellung als einfacher „Chowadschi nemsaui". als deutscher Herr. Unser Wirth war mit Ausnahme des Fez in europäischer Kleidung. Seine ^ran ^gegen trug den Anzug der hiesigen arabischen Damen: einen dunkelgrünen. °n den Säumen und Aermelaufschlägen mit Goldfäden gestickten Seidenspencer, d"' vorn offen war. so daß er die „Rehzwillinge, so unter den Rosen weiden", vollständig sehn ließ, einen lichtgrünen buntblumigen Rock, ein blaues mit Kreuz¬ en und Blumen von Perlen und Edelsteinen besetztes Sammtmützchen. einen Halsschmuck von mehren Reihen kleiner Perlen, an denen eine silberne Sonne "ud an dieser wieder ein silbernes von Diamanten blitzendes Kreuz herabhing, ""d Armbänder von goldnen Ketten, die ein blaues Schloß zusammenhielt, ^hr schwarzes Haar, über den Rücken herabfallend, war mit mehr als hundert ""lmgroßen Goldmünzen durchflochten. An den Füßen trug sie Stelzenschuhe der Form unsrer Fuhbänkchen, die sie nicht ungeschickt handhabte, welche 'dre Gestalt aber zu schlank erscheinen ließen. Sie war augenscheinlich sehr schön gewesen und noch jetzt eine angenehme Frau, obwol sie durch ihren äl¬ testen Sohn, der uns sammt seiner Frau später vorgestellt wurde, bereits Gro߬ mutter war. Man führte uns nach- einem Staatszimmer mit halb fränkischer, bald orientalischer Einrichtung. Die Decke endigte in eine Kuppel, in den ein- ^weiß getünchten Wänden öffneten sich Nischen, die als Wandschränke dien¬ en, die Fenster hatten Glasscheiben, neben dem Divan. der zwei Seiten des Gemachs einnahm, standen europäische Strohsessel und zwei amerikanische Schaukelstühle. Die Mitte nahm ein runder Tisch mit einer Marmorplatte dem Divan gegenüber befand sich ein großer Wandspiegel, über dem in schwarzen Rahmen zwei grüne Löwen hingen, deren Umrisse von arabischen ^chnftzügen in Goldfarbe gebildet wurden. Der Grund dieser seltsamen Schriftbilder war rosa. Was sie bedeuteten, wußte man mir nicht genügend erklären, doch vermuthe ich. daß sie ein christliches Seitenstück zu den mo¬ hammedanischen Maschallahs waren. Bald nachdem wir Platz genommen, stellten sich andere Glieder der Fa- 32*

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 18, 1859, II. Semester. III. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341590_107585/265>, abgerufen am 23.07.2024.